yirmiyedi | سبعه وعشرين

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Jamal und Ceylin sahen sich eine ganze Woche lang nicht mehr.

Ihre Mutter hatte sich freigenommen, um sich um ihre Tochter zu kümmern, und als Teil dieser Fürsorge, erlaubte sie Ceylin nicht mehr, anstrengende Sachen zu machen oder das Haus zu verlassen, da sie gezwungenermaßen in ihrem Bett bleiben musste.

Ceylin wünschte sich nichts sehnlicher, als das ihre Mutter das, was sie tat, mit aufrichtigen Absichten tat, und sich so sehr um ihre Tochter kümmerte, weil sie sich wirklich sorgte, aber tief im inneren wusste die Jugendliche ganz genau, dass dies ein indirekter Vorwand vor, um ihren Kontakt zu Jamal zu kontrollieren.

Zuvor hatte ihre Mutter sich nämlich nie sonderlich dafür interessiert, wann und mit wem ihre Tochter rausging, die meiste Zeit sah Ceylin auch keinen Sinn darin, ihre Mutter davon zu erzählen, weil es sowieso nur in einem Streit ausarten würde, aber ausgerechnet einen Tag nachdem sie ihre Tochter mit Jamal erwischt, möchte sie sich plötzlich um sie kümmern und nimmt sich frei von der Arbeit.

Das hielt die beiden aber nicht davon ab, abends zu telefonieren und sich über die wirrsten Sachen zu unterhalten, an die sie in dem Moment denken konnten. Die eigentliche Intention war ja auch, dass die beiden die Stimme des jeweils anderen hören wollten, aber Ceylin merkte, wie ihr das mittlerweile nicht mehr reichte. Sie wollte ihn abends sehen, wieder nach Anbruch der Dunkelheit mit ihm spazieren, dabei die letzten Cents zusammenkratzen und ihre Snacks mit ihm teilen und sich über alles mögliche unterhalten.

Hauptsache, sie konnte neben Jamal sein.

Und das würde auch ihre Mutter nicht mehr ändern können.

Der einzige Grund, wieso Ceylin sich ihrem kleinen Machtspielchen aussetzte und sich nicht wehrte, war ihr kleiner Bruder Deniz, der sich im Kindergarten erkältet hatte und deshalb auch Zuhause bleiben musste. Sie wollte umgehen, dass er schon wieder den lächerlichen Streitigkeiten zwischen ihr und ihrer Mutter ausgesetzt wurde, und hielt deshalb den Mund.

Erst als die nächste Woche begann, durfte Ceylin wieder zurück zur Schule gehen, und sie freute sich wirklich sehr, denn endlich hatte sie die Gelegenheit, ihre Mutter zu umgehen. Maria und Nilo hatten ihr über den Laufe der Woche die Hausaufgaben geschickt, die sie machen sollte, und Jamal hatte ihr direkt die Lösungen mitgeschickt, weil er nicht wollte, dass sie sich sehr anstrengte.

Sie war also vollkommen vorbereitet.

Mit schnellen Schritten eilte sich durch den Schulflur und versuchte parallel, den Apfel in ihrer Hand zu Ende zu essen. Sie hatte in der ersten Stunde wieder Geschichte mit Herr Leimann, und sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Als Ceylin durch die Tür lief und aus Reflex durch den Raum schaute, bemerkte sie gleich die neugierigen Augen, die zurück zu ihr starrten.

Natürlich hatte sie sich schon gedacht, dass sich die Ereignisse auf Elos Geburtstag bereits in der Klasse herumgesprochen hatten, aber trotzdem war es ein wenig seltsam, jetzt nochmal vor diesen Menschen zu stehen und ihnen in ihr Gesicht zu schauen.

Ihre Augen suchten aus Gewohnheit nach Elo und Yassin, aber keiner von beiden war an diesen Morgen anwesend. Jamal hatte ihr vor einigen Tagen bereits gesagt, dass Yassin sich seit dem Abend, an dem sie ins Krankenhaus gebracht wurde, nicht mehr blicken lassen hatte, aber sie konnte nicht nachvollziehen, wieso Elo sich auch verantwortlich für die Geschehnisse fühlte.

Vielleicht weil es in ihrem Haus passiert war und sie die Gastgeberin war, anders konnte sie sich das nicht erklären, aber selbst dann würde Ceylin sie niemals verantwortlich dafür machen, schließlich war die Situation bestimmt mindestens genau so verstörend für sie, wie für Ceylin.

Sie ließ sich davon aber nicht irritieren und lächelte zur Begrüßung, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Sitzplatz machte, wo Jamal bereits gespannt zu ihr schaute und lächelte, als sie sich auf erschöpft auf ihren Sitz fallen ließ und ihre Tasche auf den Schoß nahm, um ihre Mappe und ihr Schulbuch auszupacken.

𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt