𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥

ondokuz | تسعة عشر

Elo raufte sich gestresst die bereits zerzausten Haare und lief auf und ab durch das Wohnzimmer der Familie, während sie panisch darüber nachdachte, wie die beiden von nun an voran gehen sollten, damit sie sich aus dieser verzwickten Situation retten konnten, ohne bleibende Schäden davon zu tragen.

Das Wohnzimmer, das bis vor wenigen Stunden noch bis zum Rand mit Menschen gefüllt wurde, war jetzt leer und die einzigen Rückstände, die noch auf ihre Feier hinwiesen, waren die ganzen leeren Flaschen, die kreuz und quer auf dem Boden und auf den Tischen lagen, und die Girlanden, die jetzt nach und nach von den Wänden abfielen.

Ihr Kleid vom Abend zuvor hatte sie mit einer Jogginghose und einem T-Shirt getauscht, und auch ihre Schminke hatte sie bereits abgemacht, in der Hoffnung, sie könnte sich dadurch ablenken, aber egal was sie versuchte, nichts brachte etwas.

Seit Ceylin von dem Krankenwagen abgeholt und somit auch die Feier aufgelöst wurde, verstrichen die Minuten wie Stunden und fühlten sich an wie die reinste Folter. Keiner von beiden wusste, was nun auf sie zukommen würde und wie lange es dauern würde, bis die Polizei vor ihrer Haustür steht und ihre Eltern davon erfahren, aber sie waren sich sicher, dass sie auf jeden Fall aufgeschmissen waren.

Yassin wippte wie wild mit einem Bein und rieb sich mit dem Finger über seine blutige Lippen, die er vor Aufregung nun schon seit Stunden aufriss, während er versuchte, einen Plan zu finden.

Seine Herangehensweise war nicht sonderlich schlau, aber er konnte soweit voraus denken, dass er wusste, dass in ihrem Blutbild Methylphenidat auftauchen würde, und ab da würde es nur noch wenige Stunden dauern, bis man ihn als Täter festnehmen würde.

Im Gegensatz zu Elo, die nämlich eine reine Krankenakte hatte und sich mit Leichtigkeit aus der Sache rausreden würde, stapelte sich Yassins' Akte bis zu der Decke seiner Kinderärztin.

Ein kurzer Blick herein würde gleich bestätigen, dass er derjenige war, der bereits mit vier Jahren mit ADHS diagnostiziert wurde und seit einem Jahrzehnt täglich Methylphenidat zu sich nehmen musste, damit er sich konzentrieren und in der Schule mitarbeiten konnte, ohne sein Umfeld zu stören.

Aber so hatte er sich das alles einfach nicht vorgestellt, und sein Misslingen löste in ihm pure Panik aus. Yassin fürchtete sich vor den Konsequenzen, die diese Idee mit sich bringen würde und wie sie sich auf seine akademische Laufbahn auswirken würde.

Er hatte noch vor einigen Wochen erst seinen Einstellungstest bei der Polizei bestanden, und wenn das heraus kommt, dann würde er sofort seinen Platz bei der Polizei verlieren, und somit auch seinen größten Traum.

"Es macht alles einfach keinen Sinn", schluchzte Elo und biss weiterhin auf ihre Fingernägeln herum, während ihr Tempo immer schneller wurde und sie beinahe über ihre eigenen Füße stolperte. Ihre Aufregung lähmte sie auf eine seltsame Weise, und sie spürte, wie die nackte Panik sich in jedem einzelnen Muskel ihres Körpers spürbar machte.

"Du hattest mir das alles ganz anders erzählt!", schrie sie und blieb zum ersten Mal seit Stunden endlich auf einem Punkt stehen und schaute direkt zu Yassin, der sich auf die Ecke der Couch verzogen hatte und überlegte.

"Du hast gesagt, dass sie einfach nur ein wenig schwächer sein wird als sonst, und dass nichts ernstes passieren wird!"

"Elo, es reicht!", brüllte er zurück und sprang von der Couch auf. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und sein T-Shirt war, im Gegensatz zum Abend zuvor, ganz zerknittert.

"Yassin, nein!"

"Elo, halt einfach deinen Mund!"

"Wegen dir bin ich jetzt Opfer von dieser Tat. Was ist, wenn die Polizei morgen an unserer Tür klopft und fragt, was passiert ist? Dann werde ich dich nicht schützen!", kreischte sie zurück und spürte, wie ihr vor Wut die Röte in ihr Gesicht schoss. In ihren Ohren konnte sie ihren eigenen Herzschlag hören und ihre Brust hob sich unregelmäßig vor Atemnot.