Ceylin hatte die erste Woche an ihrer neuen Schule erfolgreich überstanden und sehnte sich nur noch nach ihrem Bett. Das warme Wetter und die hektische Natur von den ersten paar Schultagen ermüdeten sie so sehr, dass sie die Busfahrt nach Hause schwer wach geblieben war.
Sobald sie Zuhause angekommen war, hatte sie ihre Tasche in irgendeine Ecke fallen lassen und ist direkt direkt in ihr Bett gesprungen, um den ganzen Tag nichts zu machen, außer ihre Lieblingsserie zu schauen und unmengen an Eis zu essen und kalten Eistee zu trinken.
Ihre Mutter hatte seit langer Zeit mal wieder einen freien Tag und war bereits den ganzen Tag Zuhause, und als sie Ceylin angeboten hatte, Deniz vom Kindergarten abzuholen, hatte das junge Mädchen das Angebot natürlich dankend angenommen.
Normalerweise holte sie ihren kleinen Bruder immer gleich nach der Schule ab, aber heute war sie einfach zu kraftlos und lustlos, um produktiv zu werden.
Mittlerweile dämmerte es draußen langsam, un die prahlende Sonne war nicht mehr so penetrant, wie sie es am Mittag noch war. Ceylin hatte es nach ein paar Stunden Schlaf tatsächlich geschafft, sich selber aufzurappeln und das Haus zu verlassen, damit sie ein wenig an die frische Luft konnte.
Mit einem kalten Eistee in der Hand und einer Einkaufstüte voller neuen Make-up Produkten an der anderen Hand schlendern das junge Mädchen durch Altendorf und hörte Musik.
Die Straßen waren voll, aber leise und ruhig. Es gab niemanden sehr sich beeilte, es war nicht mehr so hektisch wie in der Woche und es fuhren auch nicht mehr so viele Autos.
Vor einigen Restaurants saßen Freunde auf kleinen Stühlen und unterhielten sich lachend über etwas, andere spielten Tavla oder standen mit einer Tasse schwarzen Tee am Straßenrand und führten ernste Gespräche. Es war so, als würde die Stadt langsam die stressige Wochen Routine hinter sich lassen und endlich etwas herunter fahren.
Immer wieder liefen Jugendliche an ihr vorbei, die Einkaufstüten oder kalte Getränke in der Hand hatten und die Woche revue passieren ließen.
Auch Ceylin gehörte zu ihnen.
Sie hatte sich nach langer Zeit wieder einen Tag nur für sich selbst genommen und wollte heute nur das machen, was ihr persönlich gefiel. Heute kümmerte sie sich weder um ihren kleinen Bruder, noch musste sie für die Familie kochen, weil ihre Mutter wieder eine Schicht im Krankenhaus übernehmen musste.
Heute wollte sie bedingungslos glücklich sein, das hatte sie sich versprochen, als sie vor etwas weniger als zwei Stunden die Haustür hinter sich abgeschlossen hatte, aber egal in welchen Laden sie lief, egal was sie sich kaufte und egal, wie viel sie lief, ausgerechnet heute schien ihre Seele von einer schweren Last belastet zu sein, die sie einfach nicht abschütteln konnte.
Immer wieder drängen sich Erinnerungen an ihren Vater penetrant in ihr Bewusstsein, und sie fragte sich, ob das denn jemals aufhören würde.
Gab es denn überhaupt einen Zeitpunkt, ab dem Kinder sich nicht mehr verantwortlich für die gescheiterte Partnerschaft ihrer Eltern fühlen? Oder würde sie bis zum Ende ihrer Tage mit dem Gedanken leben müssen, dass ihre Eltern sich möglicherweise wegen ihr getrennt hatten?
Ceylin wusste es nicht.
Sie wusste vieles nicht, merkte sie.
Wenn es aber eine Sache gab, die sie mit Sicherheit wusste, dann war es die Tatsache, dass sie ihre Mutter nicht verstehen konnte. Manchmal, wenn Ceylin nach einem langen und anstrengend Tag in der Schule zum Bäcker ging und sich etwas kaufte, nur weil es mit pinker Sahne und Sternchen Streuseln verziert war, fragte sie sich, wie ihre Mutter ohne jegliche akademische und finanzielle Absicherung einfach ihr Zuhause verlassen konnte , als sie in ihrem Alter war.
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𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥
RomanceNach der Trennung ihrer Eltern findet die 17-jährige Ceylin Afet Zuflucht in einem Essener Plattenbauviertel. Um ihr altes Leben endgültig hinter sich zu lassen und neu zu starten, verfremdet sie ihre Identität an ihrer neuen Schule und verschleiert...