yirmiüç | ثلاثة وعشرين

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In seinem Leben gab es nur wenige Dinge, die Jamal wirklich aufrichtig bereute. Er hatte in seiner Jugend vieles falsch gemacht und mit seinen Taten auch sicherlich sehr vielen Menschen das Herz gebrochen, ohne es zu beabsichtigen, aber wirklich bereuen tat er im Endeffekt nur sehr wenig.

So wenig, dass er alle die Sachen, die er bereute, an einer einzigen Hand abzählen konnte.

Aber eines dieser Dinge, die er wirklich aufrichtig bereute, war, dass er Ceylin so lange so vieles über sich und sein Leben verschwiegen hatte und somit eine Version von sich kreiert hatte, die so gar nicht existierte.

Die Sonne ging langsam unter und die ersten Menschen zogen sich langsam langsam zurück in ihre wärmen Häuser, da das Wetter Abends nicht mehr so einladend war, wie die Wochen zuvor.

Der Herbst klopfte geradezu an der Tür, und Jamal schloss den Reisverschluss seiner Sportjacke, während er mit langsamen Schritten dem Tempo von Ceylin folgte.

Die beiden spazierten durch die Altstadt, ohne ein einziges Wort miteinander zu tauschen. Ceylin, weil sie beschäftigt damit war, die heiße Waffel zu essen, die sie gerade beim Bäcker gekauft hatte, und Jamal, weil er versuchte, die richtigen Worte zu finden, um ihr zu beichten, was schon seit Wochen auf seiner Brust lag.

Der Grundbaustein einer guten zwischenmenschlichen Beziehung war Vertrauen, und bis zu dem aktuellen Zeitpunkt war er ihr gegenüber zu unehrlich.

Yassin hatte Recht, er hatte es ihr verschwiegen, weil er Angst hatte, sie abzuschrecken.

Jamal atmetet gerade tief ein und wollte etwas sagen, als sie sich mit einem zufriedenen Lächeln zu ihm drehte und auf die Waffel zeigte.

"Die schmeckt so gut, bist du dir sicher, dass du nicht probieren willst?", fragte sie, und als er ihr in ihr Gesicht schaute, bemerkte er, dass sich das Licht der Straßenlampen in ihren Augen spiegelte und sie zum Funkeln brachte.

Der Gedanke daran, dass die beiden noch am Morgen total müde im Präsidium saßen und sich mit Yassins Problemen herumschlagen mussten, brachte ihn irgendwie zum lachen. Mittlerweile fühlte es sich so an, als wären mehrere Tage danach vergangen, dabei waren es nur wenige Stunden.

"Nein, danke", erwiderte er dankend und schüttelte den Kopf. "Ich bin gerade satt."

"Okay, wenn du meinst."

Die beiden liefen weiterhin schweigend die Einkaufsstraße runter und suchten sich ein stilles Örtchen, wo sie sich hinsetzten und endlich reden konnten. Beide hatten einiges auf der Brust, und wenn Jamal heute nicht alles loswerden würde, dann würde er womöglich platzen.

"Guck mal, da ist ein kleiner Spielplatz", sagte Ceylin und hielt ihn an seinem Arm, als die beiden in eine etwas ruhigere Gegend liefen und der Tumult ein wenig nachließ.

Eigentlich konnte man es nicht wirklich Spielplatz nennen, es war eine kleine Spielfläche mit einer einzigen Schaukel und einer Sitzbank, die ein kleines Stück neben der wenigen Sandfläche stand. Mehr war dort nicht, aber anscheinend reichte es den Kindern, die hier wohnten.

Jamal folgte ihr nickend und ließ sich mit einem Seufzen auf die Bank neben sie fallen und steckte seine Hände in die Taschen seiner Jacke, während er noch immer zusah, wie sie genüsslich ihre Waffel aß.

Sie schien so glücklich darüber, endlich ihr Bett verlassen zu können, und umso länger er ihr in ihr Gesicht schaute und ihr Lachen in seinen Ohren hallte, umso mehr zweifelte er, ob er gerade das richtige tat.

Er entschied sich, etwas zu sagen, bevor er seine Meinung ändern und weiterhin die falsche Version von sich aufrecht halten würde.

"Ceylin"

𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt