Unter Deck ließen sie mich langsam los und musterten mich ausgiebig.
"Du hast dich am Arm leicht verletzt. Vermutlich als du zur Reling gerutscht bist." John deutete auf meinen linken Arm.
Ich sah auf meinem Arm herab. Das Blut hatte sich durch den Regen auf meinem Arm und meinem Kleid verteilt.
Mein Kleid wog durch die Nässe, mindestens zwei Pfund mehr.
Es hing schwer auf meinen Schultern.
Die Kälte kroch immer mehr durch meinen Körper. Mir war kalt, ich war erschöpft, hatte Hunger und Durst.
Der Schock saß mir ebenfalls tief in den Knochen."Komm. Ich bring dich in meine Kajüte." Henry legte seine Hand an meinen Rücken und wollte mich schon den Gang entlang schieben.
"S-sind da noch andere P-piraten?" Fragte ich ängstlich.
"Will und ich haben jeweils eine eigene Kajüte." Erklärte mein Bruder.
Ich nickte erleichtert und drehte mich nochmals zu John.
"Danke für deine Hilfe." Sagte ich aufrichtig. John nickte lächelnd.
Meine Beine zitterten immer mehr und meine Sicht verschwamm.
In meinem Kopf drehte sich alles.
Mir wurde schlecht.
Ich versuchte mich an der Wand ab zu stützen.
Doch da wurde alles um mich herum schwarz. Die Schwärze zog mich tief mit sich.
Ich fiel, wurde aber noch rechtzeitig aufgefangen. Von da an, konnte ich mich an nichts erinnern.William
"Geh und hol den Arzt Captain. Ich räume das hier weg." Meinte Samuel und verstaute das Seil.
Ich nickte ihm dankend zu und ging unter Deck.
Nach kurzer Suche fand ich unseren Arzt Jenkins.
Ich unterrichtete ihn von den Ereignissen.
Sofort schnappte er sich sein kleines Täschchen in dem sich das wichtigste befand. Ich führte ihn durch die Gänge.
An Henrys Kajüte angekommen klopfte ich."Kommt rein." Seine Stimme war besorgt.
Verwirrt betraten wir den Raum.
Ich sah mich um. Myra lag bewusstlos auf Henrys Bett.
Was war passiert? Es ging ihr doch relativ gut als sie unter Deck gegangen waren?
Jenkins fackelte nicht lange und untersuchte unseren Gast direkt.
"Was ist passiert?" Wollte ich von Henry wissen.
"Ich weiß es nicht. Sie hatte sich bei John noch für seine Hilfe bedankt. Im nächsten Moment wurde sie bewusstlos."
Henry sah besorgt zu seiner Schwester.
"Wann hat sie zum letzten Mal getrunken und gegessen?" Unterbrach uns der Arzt.
"Gestern Abend." Antworteten Henry und ich gleichzeitig. Jenkins nickte nachdenklich."Weiß jemand wie es in ihrer Gefangenschaft war?"
Unwissend zuckte ich mit den Schultern.
"Sie hatte mir gestern erzählt das sie nur selten etwas bekamen. Wenn sie Glück hatten, gab es einmal am Tag etwas zu Trinken und Essen." Meinte Henry.
Der Arzt forderte ihn auf, sofort Wasser für Myra zu holen, genau wie leichte Kost und trockene Kleidung.
Jenkins drehte sich zu mir um, als wir alleine waren. Die bewusstlose Dame im Bett nicht mit eingerechnet.
"Du weißt, dass ich dich sehr als Captain schätze. Aber deine Gastfreundschaft ihr gegenüber lässt sehr zu wünschen übrig." Mahnte er.
Ich kratzte leicht an meinem Nacken. Seufzend nickte ich.
Ich wandte mich oft an Jenkins wenn ich einen Rat brauchte. In ihm sah ich einen Vater.
So einen Vater, wie ich ihn nie hatte.
Dementsprechend war er der Einzige, der so mit mir Sprechen durfte."Das weiß ich." Murmelte ich.
"Wie kamst du nur auf die Idee, sie bei einem drohenden Sturm auf dem Deck anzubinden?" Wollte Jenkins wissen.
"Ich bin mit ihrer Anwesenheit überfordert. Ich hatte nicht nachgedacht." Seufzte ich.
Ich ging langsam auf das Bett zu.
Meinen Blick ließ ich über Myra gleiten.
"Kein Wunder das du keine Frau hast." Murmelte er und stand vom Bett auf.
Entrüstet sah ich ihn an.
Gerade als ich etwas erwidern wollte, kam Henry wieder rein.
Gefolgt von Samuel.Henry stellte die zwei Krüge und den Becher auf seinen Nachttisch.
Samuel legte die neue Kleidung und das Essen auf Henrys Schreibtisch.
Sam nickte mir kurz zu und verschwand wieder.
"Henry, ihr Körper ist fast ausgetrocknet. Sie hat in letzter Zeit wenig getrunken. Und das Salzwasser hat ihrem Körper den Rest gegeben. Bitte verabreiche ihr die ganze Nacht über immer wieder Wasser.
Sollte sich Ihr Zustand verschlechtern, hol mich sofort." Erklärte Jenkins.Henry hörte ihm aufmerksam zu, genau wie ich. Er gab dem Arzt zu verstehen, dass er Verstanden hatte.
Jenkins verabschiedete sich von uns.
"Soll ich bleiben? Dann könnten wir uns in der Nacht abwechseln." Schlug ich vorsichtig vor.
Unser Streit von vorhin schwirrte noch immer in meinem Kopf herum.
Ich Narr hätte ihm helfen sollen sie unter Deck zu holen. Dann wäre das alles nicht so weit gekommen."Danke das du sie gerettet hast. Ich schaff das schon." Murrte Henry und nahm sich die neue Kleidung für Myra.
Ich ging zur Tür, drehte mich aber nochmal zu ihm um.
"Es tut mir leid. Ich hatte nicht nachgedacht." Entschuldigte ich mich.
"Und du warst so sturköpfig das du nicht einmal auf deinen engsten Berater und Co Captain gehört hast." Henry warf mir einen verletzten Blick zu.Wir hatten in den letzten vier Jahren eine innige Freundschaft entwickelt. Ich vertraute ihm mein Leben an.
Es war fast, als wäre er mein Bruder.
"Sie hätte sterben können. Myra bedeutet mir alles Will." Henrys Stimme war brüchig. Schuldgefühle machten sich in mir breit.
Wieder entschuldigte ich mich und verließ dann seine Kajüte. Ich ging in meine und zog mich aus.
Ich ließ mich in mein Bett fallen und starrte an die Decke.
Mir war bewusst, dass ich es wieder gut machen musste.
Nicht nur bei Henry, sondern auch bei Myra.
Vielleicht hätte ich sie heute früh fragen sollen, warum sie ihm den Kinnhaken verpasst hatte.John erwähnte, dass es für die Frauen schrecklich war auf Black Jacks Schiff.
Ob sie mir jemals so sehr vertrauen würde um es mir zu erzählen?
Mir schwirrten so viele unbeantwortete Fragen im Kopf herum.
Warum machte ich mir eigentlich um eine Frau so viele Gedanken?Ich wälzte mich sehr lange im Bett herum. Doch irgendwann schaffte ich es, in einen leichten und unruhigen Schlaf zu verfallen.
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The Pirates
Historical FictionWir schreiben das Jahr 1690 Die Piraterie ist auf Hochtouren Ein armer Mann, verkauft seine einzige Tochter an Piraten Ihr ist bewusst, dass ihr schlimmes bevor steht Eine junge Frau, alleine auf einem Piratenschiff Doch das Schicksal schlägt kur...