Ich sprach mit niemanden mehr.
Selbst das Abendessen, nahm ich alleine in der Kajüte ein.
Ich wollte niemanden sehen und auch mit niemanden reden.
Früh ging ich gestern schlafen. Am nächsten Tag, blieb ich so lange wie möglich in der Kajüte.
Ich überlegte ob ich mein Kleid anziehen sollte. Doch ich entschied mich für meine Hose, Stiefel, Leinenhemd und darüber meine Weste.
Ich legte mein Bandana an und musterte mich im Spiegel.
Henry kam in die Kajüte und sah zu mir."Wir legen an." Waren seine schlichten Worte. Ich nickte nur.
Ich wollte nicht. Aber ich wollte auch niemanden fragen ob ich hier bleiben könnte. Langsam stand ich auf und folgte ihm.
Auf dem Deck war geschäftiges Treiben. Ich hielt mich am Rand, meinen Blick gesenkt.
Ich setzte mich erst in Bewegung, als die ersten das Schiff verließen.
Am Hafen angekommen, sah ich mich um. Ich fühlte mich unwohl."Du bleibst nah bei Henry oder mir." Meinte William neben mir.
Ich nickte nur. Ich wollte nicht reden.
Anscheinend tauschten Henry und William Blicke aus. Denn mein Bruder meinte nur: "Mit mir spricht sie auch nicht."
Warum auch? Irgendetwas hatten sie geplant. Ich spürte es.
Wir wurden mit mehreren Kutschen zum Anwesen des Barons gebracht.
Williams Blick lag die ganze Zeit auf mir. Aber ich wich ihm aus.
Das Herrenhaus war sehr imposant.
Die Fassade war mit Stuck verziert.
Es wurde im barocken Stil gestaltet.
Drumherum erstreckte sich eine wunderschöne und gepflegte Gartenanlage.
Vor dem Eingang, stand ein älterer Mann. Er hatte Dienstkleider an.
Vermutlich war es einer der Lakaien.
William grüßte ihn. Als wir uns alle versammelt hatten, wurden wir herein gelassen.Wir liefen durch die riesige Eingangshalle, und durch einen Flur. Am Ende des Flurs, erstreckte sich ein Ballsaal. In diesen gingen wir hinein.
Ein Mann, mittleren Alters erwartete uns. Er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf. Durch eine Brille sah er uns interessiert an.
Der Baron trug eine Robe aus Samt. Darunter war eine Weste und ein Hemd sichtbar. Er trug Kniebundhosen, welche zur Robe passten. Dazu Kniestrümpfe und Schnallenschuhe.
Nur eine Perücke fehlte.
Henry hatte mein Handgelenk fest im Griff. Schon seit wir das Anwesen betreten hatten."William. Schön dich und deine Crew wieder bei mir begrüßen zu dürfen." Sprach der Baron strahlend. Dadurch wurden seine gelben Zähne sichtbar.
Kein Wunder, dass der noch keine Frau hatte. Hübsch war er nicht.
Der Blick des Barons huschte über die Crew. Seine Augen verengten sich, als sein Blick bei Henry und mir hängen blieb.
"Wen haben wir denn da?" Säuselte der Baron und kam einen Schritt auf uns zu.
"Das ist Myra. Unser neuestes Mitglied und Henrys Schwester." Erklärte William. Sein Körper spannte sich beim Reden an.
"Bist du unverheiratet meine Liebe?" Wieder dieses falsche säuseln."Ich muss euch leider enttäuschen Baron. Sie ist zwar noch unverheiratet, aber schon jemandem versprochen." Sprang Henry in die Bresche, bevor ich überhaupt Zeit zum reagieren hatte.
Ich ruckte an meinem Handgelenk.
Was erzählte er da verdammt?
"Oh, das ist aber schade. Wer ist denn der Glückliche?" Wollte der Baron wissen. Niemand!
"Ich." Meinte William gelassen.
Wie bitte?!
Der Blick des Barons schnellte von mir zu William.
"Du willst also heiraten mein Junge?" Fragte der Baron. William nickte.
"Na das ist doch passend. In meinen Hallen wurde schon lange kein Fest mehr gefeiert. Es wäre mir eine Ehre, eure Hochzeit auszurichten." Erklärte der Baron ausladend.
"Das ist doch nicht nötig." Versuchte William es ihm auszureden.
"Ich bestehe darauf mein Junge. Übermorgen wird hier eure Hochzeit stattfinden." Erklärte der Baron entschlossen.
"Ja, Baron." William verbeugte sich.
Wie? Er gab schon auf? War das sein Ernst? Ich wollte nicht heiraten!"Ach Junge. Wie oft soll ich dir noch sagen, daß du mich Howard nennen sollst?" Der Baron seufzte.
"Und wie oft meinte ich schon, dass ich kein Junge mehr bin?" Stellte William die Gegenfrage. Der Baron lachte schallend.
"Eure Zimmer sind vorbereitet. Ruht euch etwas aus bis zum Abend." Meinte der Baron und musterte uns nochmals.
Wir verließen den Saal. Als wir außer Sicht- und Hörweite des Barons waren, riss ich mich grob von Henry los."Ich hasse euch." Zischte ich und entfernte mich von beiden.
"Myra." Flüsterte Henry schuldbewusst.
Ich folgte dem Lakaien und nahm das erst beste Zimmer, was angeboten wurde. Die Tür schloss ich schnell hinter mir und warf mich in das Bett.
Ich verharrte in dieser Position, bis wir zum Abendessen geholt wurden.
Ich war die ganze Zeit in meinen Gedanken versunken. Immer wieder fragte ich mich, wie sie mir das antun konnten.Auch zum Abendessen war ich still. Natürlich wollte der Baron, dass die Verlobten nebeneinander saßen. Also saß ich gezwungenermaßen neben William.
Henry saß mir gegenüber und warf mir immer wieder schuldbewusste und entschuldigende Blicke zu.
Nach dem Essen, erhob ich mich und ging raus in den Garten."Myra." Flüsterte Williams Stimme hinter mir.
"Ich will nicht mit dir reden." Zischte ich. Den Tränen nahe.
Seine Schritte kamen trotzdem näher. Ich überlegte nicht lange und sprintete in den dunklen Garten. Meine Wunde schmerzte wieder etwas mehr, doch das war mir egal. William folgte mir. Ich rannte zwischen Hecken und Bäumen entlang. Der Kies knirschte unter meinen Stiefeln. Ich wollte eine scharfe Linkskurve einschlagen, doch ich rutschte weg und fiel mit voller Wucht auf meine Verletzung.
Ich wimmerte schmerzerfüllt auf."Gott Myra." Sagte William atemlos und kam neben mir zum Stehen. Er beugte sich zu mir runter.
"Was willst du? Hast du mein Leben nicht schon genug ruiniert?" Fragte ich und die ersten Tränen bahnten sich über meine Wange.
"Das sollte so nicht laufen. Ich wollte ihn nur von dir fern halten." Meinte William und sah in meine Augen.
"Darüber hast du gestern mit Henry gesprochen." Flüsterte ich verletzt.
"Lass mich dir hoch helfen." Forderte er. William griff schon nach meinem Arm. Ich entzog ihm diesen aber direkt."Du hast mir schon genug geholfen." Zischte ich. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen stand ich auf.
"Hättest du den Baron heiraten wollen?" Wollte William erbost wissen. Ich drehte mich schwungvoll zu ihm.
"William ich will keinen von euch beiden heiraten! Ich wollte immer aus Liebe heiraten und nicht weil ich gezwungen werde!" Rief ich aus.
William sah mich mit einem leicht verletzten Ausdruck an.
"Also, danke für nichts." Ich drehte mich um und schleppte mich zurück zum Herrenhaus. Dort angekommen, kam eine Dienerin und meinte, sie hätte mir ein Bad eingelassen.Ich nickte leicht und folgte ihr.
Meine Kleider striff ich ab und ließ mich in das angenehm warme Wasser sinken. Meine Wunde schmerzte und blutete wieder.
Ich schloss meine Augen und seufzte traurig. Wieder sah ich William vor mir. Mit dem verletzten Ausdruck auf seinem Gesicht. Aber warum?
Ich war diejenige, die zu einer Heirat gezwungen wurde. Er schien es weitestgehend freiwillig zu wollen.
Warum?
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The Pirates
Historische RomaneWir schreiben das Jahr 1690 Die Piraterie ist auf Hochtouren Ein armer Mann, verkauft seine einzige Tochter an Piraten Ihr ist bewusst, dass ihr schlimmes bevor steht Eine junge Frau, alleine auf einem Piratenschiff Doch das Schicksal schlägt kur...