Part 12

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"Du hast Schmerzen." Flüsterte ich und erwiderte so vorsichtig wie möglich die Umarmung.
Ich hätte erwartet, dass ich seine Nähe unangenehm finden würde nachdem was ich alles durchgemacht hatte aber das Gegenteil war der Fall.
Ich fühlte mich wohl und sicher.
"Du hast meine Wunde versorgt. Darf ich dann deine versorgen?" Fragte ich und sah in sein Gesicht.
William blickte auf mich hinab.

Kurz schien er zu überlegen bevor wir uns voneinander lösten und er nickte.
William zog sein Hemd aus.
Ich schluckte kurz und versuchte mich auf das wesentliche zu konzentrieren. Doch das fiel mir bei diesem gebräunten durchtrainierten Oberkörper nicht leicht.
Zudem kam, dass ich William in seiner Kleidung schon sehr attraktiv fand.
Ich spürte die Hitze in meinen Wangen. Es war mir nicht peinlich ihn so zu sehen. Im Gegenteil. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, gefiel mir dieser Anblick sehr.

Auf seiner Brust prangte eine Schnittverletzung. Genau wie auf seiner rechten Bauchhälfte.
Ich säuberte vorsichtig seine Wunde.
Seine Hände stützte er links und rechts neben mir ab. Sein Körper spannte sich an. Er versuchte stark zu sein.
Als ich mit dem Alkohol drüber tupfte, stieß William leise Flüche aus.
Seinen Kopf lehnte er dabei gegen meine Schulter. Ich lächelte leicht als  die wohlige Wärme in mir aufstieg.
"Ich bin fertig." Flüsterte ich und legte den Lappen weg.
William schlang wieder seine Arme um mich und zog mich an sich ran.

Was hat er denn heute? Nicht das es mich stören würde aber das passte nicht zu ihm. Das war nicht der William, den ich vor ein paar Tagen kennengelernt hatte.
"Was wird das eigentlich?" Fragte ich leise. William hob träge seinen Kopf und sah mich an.
"Ich bin froh das es dir soweit ganz gut geht." Antwortete William leise.
"Hast du dir etwa Sorgen gemacht?" Flüsterte ich.
"Was denkst du woher die zwei Verletzungen kommen? Die kamen erst nachdem ich wusste, dass du mit an Deck bist." Erklärte er.
"Das tut mir leid. Ich wollte nicht das du wegen mir abgelenkt bist und dadurch verletzt wirst. Ich wollte doch nur helfen." Flüsterte ich schuldbewusst und sah wieder auf meine Hände. Konnte ich denn nichts richtig machen?
William umfasste mit seiner Hand sanft mein Kinn und drückte es nach oben. Unsere Blicke trafen sich.

"Glaub mir, wir sind dir für deine Hilfe echt dankbar. Manchen hier an Board liegt mehr an dir als dir bewusst ist." Wieder verlor ich mich in den Tiefen seiner Augen.
Meinte er mit der Aussage etwa sich?
Ich wollte etwas erwidern, doch mir fehlten die richtigen Worte. Egal was sich möglicherweise zwischen uns aufbaute, ich wollte es unter keinen Umständen kaputt machen.
Ich hatte bisher nicht viel Erfahrung mit Männern gemacht.
Nur mit irgendwelchen Narren.
"Du solltest dich jetzt ausruhen." Mit diesen Satz hob William mich wieder hoch und ging zu seinem Bett. Vorsichtig legte er mich ab und deckte mich zu.
"Ich bin bald wieder da."
Seine Mundwinkel zuckten zu einem kurzen und leichten Lächeln nach oben.
Ich nickte und beobachtete wie er sich ein neues Hemd nahm und die Kajüte verließ.
Ich wollte über seinen plötzlichen emotionalen Wandel nachdenken.
Doch die Müdigkeit und Erschöpfung wurde mit jeder Sekunde präsenter.
Ich gab mich dem Kampf hin, schloss meine Augen und schlief ein.

Aus meinem erhofften erholsamen Schlaf wurde leider nichts. Ich hatte einen schrecklichen Albtraum von Black Jack.
Gerade als er mich wieder vergewaltigen wollte, wachte ich schreiend und weinend auf.
Ängstlich sah ich mich im Raum um. Panik machte sich in mir breit als ich bemerkte, nicht in Henrys Kajüte zu sein. Ich spürte eine Hand an meiner Schulter. Schnell rutschte ich weg.
Tief im Inneren wusste ich, dass es William war aber ich sah die ganze Zeit Black Jack vor mir.
"Bitte lass mich in Ruhe. Fass mich nicht an." Wimmerte ich.
Die Tür wurde aufgeschlagen und Henry kam rein.
Erleichterung überkam mich.
"Ich habe nichts gemacht Henry." Hörte ich von weiten Williams Stimme sagen.
Henry nahm mich auf den Arm. Weinend und schluchzend klammerte ich mich an ihn.

Gerade als wir den Raum verließen, hörte ich ein leises frustriertes Seufzen.
Henry redete beruhigend auf mich ein als er mich ins Bett legte.
Eine kleine Kerze erhellte flackernd das Zimmer.
Nach einer ganzen Weile beruhigte ich mich langsam.
Meine Tränen versiegten allmählich.
"Was ist passiert?" Fragte Henry vorsichtig. Er lag auf der Seite und musterte mich aufmerksam.
"Ich hatte einen Alptraum." Flüsterte ich und sah langsam zu ihm.
"Also hat William wirklich nichts gemacht?" Wollte Henry wissen.
Schnell schüttelte ich meinen Kopf.
"In meinem Traum wurden wir von Black Jacks Mannschaft angegriffen. Ihr alle wurdet getötet. Mich hatte er am Leben gelassen um mich zu misshandeln. Gerade als er mich... vergewaltigen wollte, bin ich aufgewacht." Erzählte ich leise.
Henry hörte mir aufmerksam zu und nahm mich in den Arm.

"Was hast du bei dem Mistkerl alles erleben müssen?" Henry sprach nachdenklich. Als würde er eher mit sich selbst sprechen.
"Sie haben mich geschlagen und getreten. Ich musste mit ansehen wie sie eine andere Frau vergewaltigten und sie an den Verletzungen gestorben ist. Hättet ihr das Schiff nicht genau zu dieser Zeit angegriffen, hätte Black Jack mich wirklich vergewaltigt. Ihr kamt genau zum richtigen Zeitpunkt." Erzählte ich im Flüsterton.

"Es tut mir leid das du so etwas erleben musstest." Henry zog mich noch näher an sich. Seine Nähe beruhigte mich.
Wie sehr ich ihn in den letzten Jahren vermisst hatte, wurde mir vorallem jetzt schmerzlich bewusst.
"Du glaubst gar nicht wie sehr ich dich vermisst habe." Flüsterte ich.
"Ich dich auch Schwesterchen." Antwortete Henry und lächelte mich leicht an.

Wir sprachen noch eine Weile. Hauptsächlich, weil Henry mich auf andere Gedanken bringen wollte.
Und dies hatte er auch geschafft.
Nach einer ganzen Weile schlief ich wieder ein. Zum Glück ohne von einem weiteren Alptraum heimgesucht zu werden.

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