Part 2

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Myra

Mit pochendem Kopf, wachte ich auf. Die Erinnerungen kamen mit geballter Kraft zurück. Mein Vater hatte mich verkauft. Wie konnte er das nur tun? Unser Verhältnis war seit Mutters Tod zwar nie das Beste aber das er sowas tut?!
In diesem Moment war ich so wütend und enttäuscht von meinem Vater. Meine Mutter würde sich im Grabe drehen wenn sie davon wüsste.
Ich setzte mich langsam auf und sah mich um. Ich war eingesperrt.
Einer meine Füße war fest gekettet.
Meine Hände schienen bis vor kurzem gefesselt gewesen zu sein. Denn von ihnen ging ein dumpfer Schmerz aus.
Dicke Gitterstäbe versperrten den Weg in die Freiheit.

Leises weinen und winseln ließ mich aufhorchen. Ich war nicht alleine. Meine Augen suchten in dem schwachen Licht nach den Geräuschquellen.
Neben mir befand sich ebenfalls eine Zelle. In dieser saßen zwei abgemagerte Frauen. Ihre Haut war zerschunden.
Sie hatten Schnittwunden, ihre Kleider waren zerrissen.

Auf der gegenüberliegenden Seite waren zwei Männer eingesperrt.
Sie waren nicht ganz so stemmig wie die, welche mich verschleppt hatten.
Aber etwas verwunderte mich an ihnen.
Die Männer sahen sehr gelassen aus. Beide unterhielten sich, scherzten sogar miteinander.
"Die neue Lady ist aus ihrem Schlaf erwacht." Meinte der mir gegenüberliegende Mann.
"Wo sind wir?" Fragte ich neugierig.
"Auf einem Schiff." Antwortete der andere Mann.
"Ach wirklich? Ich bin vielleicht eine Frau aber ich bin nicht dumm. Welchen gottverdammten Piraten gehört dieses Schiff?" Antwortete ich gereizt.
"Oh John, dass wäre doch jemand für unseren Captain." Lachte der Mann vor mir.
"Da gebe ich dir Recht Samuel. Wir sind auf der Jolly Rodgers. Der Captain hier heißt Black Jack." Antwortete John.

Er schien in seinen dreißigern zu sein. Sein blondes Haar hing ihm halb im Gesicht. Leichte Muskeln zierten seine Arme. John trug ein weites weißes Leinenhemd. Darüber eine Lederweste. Seine Hose endete an den Knien, dazu trug er gewöhnliche Lederschuhe.
"Und warum sperrt euer Captain euch ein?" Fragte ich verwirrt nach.
Beide Männer lachten auf.
"Du bist vielleicht ein lustiges Frauenzimmer. Black Jack hat uns gefangen genommen weil wir einer anderen Crew angehören." Erklärte dieses Mal Samuel.

Dieser sah seinem Crewmitglied vom Körperbau und von der Kleidung ähnlich. Aber er schien etwas älter als John zu sein. Erste Falten sah man in seinem Gesicht. Sein Kopf war kahl geschoren. Mehrere Tätowierungen zierten seine nackten Arme.

"Und zu wem gehört ihr?" Hakte ich neugierig nach. John presste sein Gesicht nah an die Gitterstäbe.
"Silent Blade Kidd." Raunte er mysteriös.
Danach lehnte John sich wieder zurück und lachte.

Ich schüttelte leicht meinen Kopf und beäugte wieder die zwei Damen neben mir. Sie hatten sich zusammen in die hinterste Ecke gekauert.
Gerade als ich sie ansprechen wollte, öffnete sich eine Tür.
Ich rutschte automatisch nach hinten und presste mich an die kühle und feuchte Holzwand.
Es war einer der Piraten, die mich festgehalten hatten.
Er blieb vor der Zelle der anderen Frauen stehen. Sie fingen an mit weinen und klammerten sich noch mehr aneinander.
Tränen schossen mir in die Augen.
Was passierte hier?

Der Mann riss die Frauen auseinander und schleppte eine mit sich, nachdem er die Tür wieder abgeschlossen hatte.
Ich blieb still, bis die Tür ins Schloss fiel.

"W-was passiert mit ihr?" Flüsterte ich.
"Sie wird vorgeführt. Die Männer dürfen sie nach Lust und Laune nehmen, sie begrabschen, ihr weh tun." Antwortet die leise Stimme der fremden Frau.
Ich schlucke geschockt und ein Kloß macht sich in meinem Hals breit.
"Machen Sie das mit allen Frauen?" Möchte ich darauf überhaupt eine Antwort?

"Ja. Sie sagen, dass sie uns in Übersee weiter verkaufen. Aber die wenigsten landen dort lebend. Entweder wir werden zu Tode geprügelt oder wir werden über die Planke geschickt wenn wir zu nichts mehr taugen." Führt sie weiter aus.
"Gibt es hier noch mehr Frauen?" Wollte ich wissen. Die Frau schüttelte schwach den Kopf.

"Nein. Zumindest nicht mehr. Wir saßen hier mal zu acht. Ich weiß garnicht wie lange ich mich schon in dieser Gefangenschaft befinde. Jeden Tag wird es schrecklicher und grausamer." Ihre Stimme schwand. Sie lehnte den Kopf gegen die Holzwand.

Wusste mein Vater was mir hier geschehen würde? War es ihm das wirklich wert?
Schon damals war Henry immer sein liebstes Kind. Das hatte ich auch zu spüren bekommen. Mein Vater wollte nie ein Mädchen. Ihm wäre ein zweiter Junge lieber gewesen.
Dies hielt er auch oft genug meiner Mutter vor. Sie und auch Henry haben mich immer vor ihm beschützt.
Beide haben mich verlassen.

Sie hatten mich mit diesem Monster alleine gelassen. Wäre es vielleicht besser gewesen, wenn auch ich damals an Typhus erkrankt wäre und mit meiner Mutter verstorben wäre?
Das wäre sicherlich ein sanfterer Tod gewesen als wenn ich nun hier täglich Leid und Schmerz erfahren muss.

Bis zum Abend regte sich nichts mehr. Ich schwelgte in Erinnerungen und Selbstmitleid. Befand ich mich wieder im Hier und Jetzt, lauschte ich den Gesprächen von John und Samuel.
Das waren wirklich zwei eigenartige Vögel.
Das Öffnen der Tür erregte meine Aufmerksamkeit. Ich dachte sie bringen die Frau wieder zurück. Aber der Mann kam alleine herein. Dieses Mal schloss er meine Tür auf. Ich schluckte schwer und presste mich noch stärker gegen die Wand. Er öffnete meine Fußfessel und zog mich aus der Zelle. Seine große, starke Hand umfasste mein Handgelenk.

Der Mann lief so zügig, daß ich Probleme hatte mit ihm Schritt zu halten.
Nach kurzer Zeit empfing mich die kühle Abendluft. Ich hörte Männerstimmen. Sie sprachen alle durcheinander.
Manche brüllten, andere lachten.
Genau zu diesen Stimmen wurde ich gezogen. Es wurde etwas stiller als die Männer mich erblickten. Dies hielt aber nur wenige Sekunden. Manche fingen an mit pfeifen. Andere johlten und schlugen auf den Tisch.

Ich wurde zu einem Mann am Ende des Tisches gebracht. Nach seinem Aussehen zu Urteilen war es der Captain Black Jack.
Er hatte schwarzes, langes Haar welches zu einem Zopf zusammen gebunden war.
Sein schwarzer Bart hing ihm bis auf den Bauch. Aus dunklen, zornigen Augen sah er mich abwertend an.

"Die Neue?" Brummte der Captain.
"Ja Cap." Antwortete der Mann, welcher noch immer mein Handgelenk festhielt.
"Hübscher als die anderen." Brüllte jemand lachend über den Tisch.
Leicht angewidert schüttelte ich mich.
"Sieh dich um Mädchen. Du kannst dir gerne einen meiner Männer aussuchen." Der Captain grinste mich böse an.

"Wo ist die Frau, welche vorhin geholt wurde?" Meine Schultern straffte ich beim Sprechen. Ein Ausdruck des Überraschens blitzte kurz in den Augen von Black Jack auf.
"Ich wüsste nicht was dich das anginge. Aber da du so höflich gefragt hast."
Black Jack machte eine bedeutende Pause.
"Die Haie hatten etwas Hunger." Höhnisch grinste er bei jedem Wort.
Ich traute mich nichts zu erwidern. Denn immerhin sollte mich nicht das gleiche Schicksal ereilen.
Ein weiterer Pirat neben mir langte an meinen Po. Ruckartig drehte ich mich von ihm weg.

"Finger weg!" Zischte ich. Der Druck an meinem Handgelenk wurde stärker.
Black Jack stand auf und baute sich bedrohlich vor mir auf.
"Lass sie los." Befahl der Captain.
Der Angesprochene tat wie ihm gehießen.
Kurz darauf spürte ich einen stechenden Schmerz auf meiner Wange. Durch die Wucht verlor ich mein Gleichgewicht und fiel auf den Boden.
Der nächste Schmerz überfuhr mich in der Magengegend. Ich krümmte mich keuchend vor Schmerzen. Black Jack prügelte und trat so lange auf mich ein, bis ich wieder das Bewusstsein verlor.

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