Part 10

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Am gestrigen Abend saßen wir noch lange bis in die Nacht wach.
Es wurde viel erzählt und noch mehr gelacht. Die Männer bezogen mich immer wieder mit ein.
Es blieb natürlich nicht aus, dass hin und wieder ein Witz über Frauen gemacht wurde.
Entweder lachte ich darüber oder ich verdrehte meine Augen. Mir fiel auf, dass William sich zurück hielt. Meistens hörte er nur zu oder sprach erst dann, wenn man ihn ansprach.
Mich würde wirklich interessieren, wie sich sein Lachen anhörte.

John flüsterte mir nach einer weiteren Stunde ins Ohr, dass der Captain seine Blicke kaum von mir abwenden könne.
Ich wurde rot, kicherte leise und versuchte unauffällig zu William zu schauen. Doch dieser sah zu John und funkelte diesen wütend an.
"Er ist eifersüchtig." Lachte John leise in mein Ohr. Stirnrunzelnd sah ich ihn an.
"Schon vergessen das er mich nicht hier haben wollte?" Hakte ich nach.
"Glaub was du willst Myra. Ich kenne ihn schon länger." Grinste John. Dabei wackelte er mit seinen Augenbrauen.
Leicht lachend schüttelte ich meinen Kopf und widmete mich wieder den anderen.

Warum sollte William eifersüchtig sein? Er lässt mich nur hier, weil er sonst drei seiner besten Männer verloren hätte. Seiner Meinung nach, gehöre ich hier einfach nicht her. Vermutlich lässt er mich deswegen nicht aus den Augen.
William vertraute mir nicht.
Das ist alles.
Warum mich diese Erkenntnis leicht zusammen zucken ließ, wusste ich nicht.

Irgendwann wurde ich dann doch zu müde und verabschiedete mich von den anderen um schlafen zu gehen.
Ich stand schon vor Henrys Kajüte, als mich jemand an der Hüfte packte und umdrehte.
Erschrocken keuchte ich auf und sah in Williams Augen.
"Was wird das?" Wollte ich wissen.
Da der Flur nicht sehr breit war, stand William dicht vor mir. Zu dicht.
"Das sollte ich wohl eher dich fragen." Brummte William.
Da er mich um einen Kopf überragte, legte ich meinen Kopf in den Nacken um in seine Augen zu sehen.
"Wovon sprichst du denn bitte?" Verwirrt sah ich ihn an.

Williams Hände lagen noch immer an meiner Taille und strahlten eine angenehme Wärme aus.
"Hör auf meine Männer noch weiter um den Finger zu wickeln." Brummte er. Ich wusste noch immer nicht so recht was William von mir wollte.
"Ich bin nur nett. Ich dachte ich gehöre zur Crew?" Wollte ich wissen.
"Es geht mir vorallem um John." William spannte sich automatisch an. Sein Griff um meiner Taille wurde fester.
"Was soll denn mit John sein? Wir verstehen uns gut. Mehr nicht." Antwortete ich leicht aufgebracht.
"Was hat er dir dann eben die ganze Zeit ins Ohr geflüstert?" William kam noch einen Schritt näher auf mich zu.
Ich wich zurück, prallte aber gegen die Holzwand.

Ich überlegte, ob ich es ihm wirklich sagen sollte oder nicht. Denn immerhin sollte John keinen Ärger bekommen.
"Versprichst du mir, dass du es John nicht übel nimmst?" Fragte ich.
William schnaubte, nickte dann aber langsam.
"Er meinte das du deine Blicke nicht von mir lassen kannst. Als du ihn dann wütend angeschaut hattest, meinte John das du eifersüchtig wärst." Antwortete ich leise.
Dabei hielten wir Augenkontakt.
Williams Kiefer spannte sich an.
"Denkst du das auch?" William durchbohrte mich mit seinem Blick.
"Nein. Henry, John und Sam ließen dir keine andere Wahl. Du duldest mich hier auf dem Schiff aber mehr nicht." Ich versuchte, dass meine Stimme fest und sicher klang.
Ruckartig ließ William mich los.
Ein eisiger und harter Ausdruck prangte auf seinem Gesicht.
"Dann hätten wir das ja geklärt."
Seine Stimme klang tiefer und dunkler.
Meine Antwort schien ihm nicht zu gefallen.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging in seine Kajüte. Ich hörte William leise fluchen, bevor ich ebenfalls in die Kajüte ging.

*
Auch jetzt, am nächsten Morgen ging mir das Gespräch noch durch den Kopf. Nachdem ich unter Deck geholfen hatte, ging ich nun nach oben.
Ich sah interessiert zur Mitte des Schiffs, wo einige Crewmitglieder mit der Axt auf Ziele warfen.
Ein Stück daneben stand James und zielte mit Pfeil und Bogen.
Meinen Kopf legte ich leicht schräg. In dieser Position würde er das Ziel nicht treffen. Ich gesellte mich zu ihnen und drückte James Unterarm leicht nach oben.
Sein verwirrter Blick schnellte zu mir.
"Vorher war dein Ziel im Meer. Jetzt triffst du die Scheibe." Sagte ich grinsend.
Ich spürte nicht nur Henrys, sondern auch Williams Blick in meinem Rücken.
James konzentrierte sich wieder auf die Scheibe und ließ den Pfeil los. Er blieb nahe der Mitte stecken.
Strahlend sah James mich an.

"Danke!" Mir wurde der Bogen in die Hand gedrückt. Grinsend stellte ich mich in Position und visierte das Ziel an.
"Enttäusch mich nicht Schwesterchen." Hörte ich Henry.
Der Pfeil schnellte los nachdem ich ihn los gelassen hatte. Er verfehlte sein Ziel nicht. Genau in der Mitte der Scheibe prangte mein Pfeil.
Einige der Männer sahen mich ungläubig an. Grinsend drehte ich mich zu meinem Bruder, stolz sah er mich an.
"Ich habe immerhin vom Besten gelernt." Henrys stolzes Grinsen zierte sein gesamtes Gesicht.

"CAPTAIN! FREMDES SCHIFF!" Brüllte John aus dem Ausguck. Wir folgten Johns Arm und sahen in die Richtung. Es war noch ein gutes Stück entfernt. Doch es schien zu uns zu kommen.
Ein unwohles Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
William kletterte auf die Reling. Sein eines Arm legte er um das Netz. Er sah durch das Fernrohr. Deutlich spannte sich sein Körper an. William fluchte leise vor sich hin.
"Es sind Piraten. Macht euch bereit und geht auf Gefechtsstation!" Williams Stimme wurde immer lauter.
Piraten? Schon wieder?

Ängstlich sah ich zu Henry. Dieser packte sofort meinen Arm und zog mich mit sich. Er hielt erst an, als wir uns in unserer Kajüte befanden.
"Du bleibst hier. Ich hole dich wenn alles vorbei ist." Henry legte seine Hände auf meine Schultern und sah mich mit durchdringenden Blick an.
"Pass auf dich auf, ja?" Sagte ich.
Henry schenkte mir ein sanftes Lächeln und nickte. Ich zog ihn zu einer festen Umarmung in meine Arme.

Nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, holte er zwei Säbel aus einem Schrank. Einen reichte er überraschenderweise mir.
Mit leicht zitternden Händen nahm ich ihn in die Hand.
"Ich hoffe du wirst ihn nicht brauchen. Wenn doch, dann zögere nicht." Meinte Henry. Ich nickte und schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
Er nickte mir nochmal zu bevor er die Kajüte verließ. Schnell ging ich zur Tür und schloss sie ab.
Es blieb eine Weile ruhig, bis plötzlich Getöse und Gebrüll von oben nach unten Drang.

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