"Schläft sie immer so lange?" Weckte mich die Stimme von William.
"Zuhause war sie immer die Erste, welche wach war." Antwortete Henry.
Es näherten sich Schritte.
"Sie hat bei Black Jack nur selten geschlafen. Für die Frauen war es dort wirklich schrecklich." Erklärte nun John. Leichtes Mitleid schwang in seiner Stimme mit.
Meine Güte, wie viele beobachteten mich denn beim Schlafen?Ich öffnete langsam meine Augen.
Nur um in die ozeanblauen von William zu schauen.
"Wenn du ein Teil meiner Crew werden willst, kannst du nicht jeden Tag bis in die Mittagstunden schlafen." Erklärte seine leicht amüsierte Stimme. Trotzdem verzog er keine Mine.
Ruckartig setzte ich mich auf.
"Mittag?" Fragte ich nach. Henry hinter ihm fing an mit lachen.
"Es ist noch nicht ganz Mittag." Lachte mein Bruder.
"Aber fast." Meinte William und stand auf."Du darfst dich heute frei auf dem Deck bewegen. Lass es mich nicht bereuen." Fügte er hinzu und verschwand.
Ich stand auf und fuhr mir mehrmals durch meine Haare.
John und Henry lächelten mich an.
"Wir müssen wieder an die Arbeit. Ruf uns falls etwas ist." Erklärte John.
Ich nickte beiden lächelnd zu.
Auf dem Schiff war tüchtiges Treiben. Als ich mich auf dem Schiff bewegte, hielt ich mich an der Reling.
Das Schiff schwankte heute mehr als am gestrigen Tag.
Der Himmel war wolkenverhangen.
Es würde früher oder später sicherlich noch anfangen mit Regnen.
Ich wollte gerade die Treppe zum Steuerbereich nach oben gehen als ich jemanden dicht hinter mir wahrnahm.
Unwohl drehte ich mich zu demjenigen um."Hallo Miss." Grinste er süssfisant und kam noch näher auf mich zu.
Er war weitaus älter als die restliche Crew.
"Geh weg." Warnte ich ihn und ging noch einen Schritt zurück.
Er hörte nicht auf mich und kam mir wieder näher. Eine seiner Hände legte er an meine Taille um mich näher ran zu ziehen.Die Erlebnisse der letzten Zeit drängten sich in meinen Kopf.
Ich überlegte nicht mehr lange und gab ihm einen festen Kinnhaken.
Er taumelte kurz zurück und ich rannte schon halb die Treppe rauf.
"Du Schlampe!" Rief der Kerl hinterher und erklomm ebenfalls die Treppe.
"Was zur Hölle ist denn hier los?!" Donnerte Williams Stimme.
"Ich habe ihn gewarnt." Sagte ich mit Tränen in den Augen.Der Kerl kam wieder auf mich zu und gab mir eine Ohrfeige. Mein Kopf schnellte zur Seite. Die ersten Tränen lösten sich aus meinen Augen.
Der Kerl wurde von mir weggezogen. Henry kam auf mich zu.
Doch auch ihn drückte ich von mir weg. Es dauerte einen Moment bis ich mich wieder gesammelt hatte."Ihr hättet mich sterben lassen sollen." Sagte ich ruhig. Zu ruhig.
William stellte sich neben meinen Bruder. John und Sam brachten den anderen Kerl weg.
"Hör auf sowas zu sa-." Fing Henry an.
"Ich hasse euch alle abgrundtief." Zischte ich und versuchte mich zwischen den beiden durchzuzwängen.
William hielt mein Handgelenk fest und drehte mich zu sich. Er sah mir tief in die Augen.
"Henry ich will das du sie sofort wieder anbindest." Seine Augen durchbohrten mich.
"Aber der Sturm." Warf Henry ein.
"Widersprichst du mir noch einmal, sitzt du angebunden neben ihr!" Vermutlich hatte das gesamte Meer ihn gehört.
Henry ließ resigniert seine Schultern hängen.
"Ja, Captain." Meinte er niedergeschlagen.William ließ mich abrupt los. Henry zog mich sanft mit sich. Er drückte mich am Mast runter und band mich wieder fest.
"Du hast den Cap echt verärgert. So kenne ich ihn gar nicht." Murmelte Henry. Ich antwortete ihm nicht und wich seinem Blick aus. Vorsichtig strich er über meine Wange.
Der Schmerz ließ mich wegzucken.
"Es wird wohl zur Gewohnheit das ich jeden Tag mindestens einmal geschlagen werde." Meine Stimme war kalt. Henry drücke sanft meine Hand und ließ mich dann alleine.
Hätten Sie mehr Verständnis wenn sie wüssten was mir passiert war?
Vermutlich nicht. Sie sind Piraten.Das Wetter verschlechterte sich stetig. Der dünne Stoff meines Kleides hielt mich nicht sonderlich warm.
Niemand der Crew beachtete mich. John und Henry schienen noch mehr arbeiten zu müssen als gestern.
William hatte sich mittlerweile unter Deck verzogen.
Es dauerte nicht lange bis es anfing mit regnen. In kürzester Zeit war mein Kleid durchnässt.
Meine Haare klebten in meinem Gesicht und mein Körper fing an vor Kälte zu zittern.Der Wind nahm immer mehr zu wodurch das Schiff vermehrt und stärker schwankte.
Meine altbekannte Panik kam wieder. Mein Atem ging schwerer und ich wurde immer nervöser.
Jemand brüllte Kommandos über das gesamte Schiff. Dies bekam ich jedoch nur beiläufig mit.Die Wellen nahmen erschreckend an Höhe zu. Durch manche landete immer mehr Wasser auf dem Deck.
Immer wieder versuchte ich meine Seile zu lösen. Meine Kraft war bald aufgebraucht.
Die meisten Piraten befanden sich nun unter Deck.Von irgendwoher vernahm ich Gebrüll. Kurz darauf sah ich, wie Henry aus der Tür stürmte und auf mich zukam.
Er schlitterte hin und her.
William stand in der Tür und beobachtete ihn wütend.
Henry löste meine Fesseln.
Langsam stand ich auf. Das Schiff schwankte immer mehr. Der Fußboden war rutschig. Ich ging einige Schritte als das Schiff in eine leichte Schieflage kam.
Ich rutschte aus und glitt hilflos zur Reling.
"MYRA!" Schrie Henry und schlitterte langsam zu mir. Wieder rappelte ich mich auf und presste mich an die Reling.
Wieder kam eine hohe Welle auf uns zu. Meine nassen Hände rutschten von der Reling. Ich versuchte mich festzuhalten doch es war zu spät.
Gerade als Henry bei mir ankam, fiel ich über Board.
Ich presste ängstlich meine Augen zusammen und wartete auf den Aufprall."MYRA!" Brüllte Henry wieder. Er hatte mein linkes Handgelenk gerade noch zu fassen bekommen. Henry versuchte mich hoch zu ziehen.
"Komm schon! Das wäre dein sicherer Tod!" Rief er zu mir herunter.
Ich sah kurz nach unten zu den Wellen. Es erschütterte mich, dass ich wirklich kurz darüber nachdachte seine Hand einfach los zu lassen.
"Myra! Gib mir deine andere Hand!" Hörte ich Williams ernste Stimme neben Henry. Ich streckte meinen Arm langsam in die Höhe aber er kam nicht an mich ran.
Er fing an mit fluchen und verschwand wieder. Gab er etwa so schnell auf?"JOHN! SAM!" Brüllte William.
Hinter Henry tauchte Sam auf.
Er hielt ihn fest. Ich würde mir nie verzeihen wenn mein Bruder wegen mir sterben würde.
Ein Seil tauchte neben mir auf, an welchem William sich herunter ließ.
Mein Handgelenk rutschte Langsam aus Henrys Hand. William schlang seinen Arm um meine Taille und zog mich fest an sich."Halt dich fest. Ich will das Seil um uns binden." Sprach William. Ich legte meine Arme zitternd in seinen Nacken und hielt mich so gut wie es nur ging an ihm fest. Der Regen und die Wellen peitschten unweigerlich auf uns ein.
William band das Seil um uns.
Er ruckelte mehrmals am Seil, als Zeichen das wir hochgezogen werden konnten.
William zog mich trotz des Seils wieder nah an sich. Seine Hände ruhten auf meinem Rücken als wir hochgezogen wurden."Danke." Flüsterte ich.
Ich wusste nicht, ob er mich hören konnte.
"Henry hätte mich umgebracht wenn du wegen mir gestorben wärst. Auch wenn du uns abgrundtief hasst." Antwortete William und sah auf mich herab. Ich nickte leicht.
Den Satz würde er mir sicherlich noch länger vorhalten.
Im nächsten Moment wurden wir über die Reling gezogen. William stellte mich sanft auf dem Boden ab und löste das Seil. Danach schob er mich zu Henry rüber.
Von diesem wurde ich direkt in die Arme gezogen. Ich fing an mit schluchzen und klammerte mich zitternd an ihn.
"Sie blutet. Geht unter Deck. Ich komme gleich mit dem Arzt." Meinte William.
"W-wo denn?" Flüsterte ich.
Henry und John gingen mit mir unter Deck.
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The Pirates
Historical FictionWir schreiben das Jahr 1690 Die Piraterie ist auf Hochtouren Ein armer Mann, verkauft seine einzige Tochter an Piraten Ihr ist bewusst, dass ihr schlimmes bevor steht Eine junge Frau, alleine auf einem Piratenschiff Doch das Schicksal schlägt kur...