51. Kapitel

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"Es ist so schön, hier zu sein", sagt Amelie nachdem sie alle begrüßt hat und lächelt seelig vor sich hin.
"Es ist toll, dich hier zu sehen", sagt Tom, "ich muss jetzt aber zum Licht. Wir sehen uns später nochmal."
"Bis später und viel Spaß."
"Du hast Spaß, oder?", fragt Pia hinter ihr und sie dreht sich um.
"Ich vermisse das alles so sehr", sagt Amelie und drückt erst Pia und dann Wincent an sich.
Auch die Band gesellt sich zu ihnen sowie einige Crew-Mitglieder.
"Dann ist es ja gut, dass Sie ab morgen wieder als Tourmanagerin bei dieser Tour einsteigen", ertönt eine Stimme hinter ihnen. Alle drehen sich um und Pia's Augen weiten sich augenblicklich. Amelie greift ihre Hand und drückt sich beruhigend.
"Herr Braun, ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte. Ich bin noch nicht wieder im Dienst", entgegnet Amelie.
Wincent sieht zwischen Pia und Amelie hin und her. Bis eben kannte er Pia's Vorgesetzten nicht persönlich. Ihm entgeht nicht, dass Pia blass geworden ist und Amelie krampfhaft versucht ruhig zu atmen und ihre Wut unter Kontrolle zu halten. Er würde Pia so gern seine Hand reichen oder sie in den Arm nehmen, ihr einfach nur beistehen, aber er kann und darf nicht.
"Doch, ab morgen sind Sie das wieder, Frau Gemander. Ich habe Frau Bustorf bereits informiert."
"Ich wiederhole es gern noch einmal: ich bin noch nicht wieder fit."
"Ich denke schon, dass Sie fit sind, Frau Gemander. Ich habe Sie bereits vor einigen Tagen freudestrahlend durch Berlin spazieren sehen und wenn man nicht wüsste, dass Ihr Bein gebrochen war, würde man davon nichts merken. Ich lasse mich nicht gern hinter's Licht führen. Das müssten gerade Sie beide wissen. Nicht wahr, Frau Sander?"
Pia sieht ihn an und hat mittlerweile ihre Fassung wiedererlangt.
"Es gibt eine Absprache, Herr Braun. Diese besagt, dass ich die ganze Tour begleiten werde und nicht nur die Hälfte. Frau Gemander ist erst nach der Tour wieder voll einsatzfähig."
"Frau Sander, wie Sie wissen, interessiert mich mein Geschwafel aus der Vergangenheit selten noch in der Gegenwart. Sie sind mir unterstellt und arbeiten bei den Newcomern und das werden Sie ab morgen wieder tun. Ich habe das bereits nach außen und nach oben kommuniziert. Es gibt an dieser Entscheidung nichts zu rütteln."
"Es gibt Absprachen und an diese haben auch Sie sich zu halten."
"Hören Sie zu, Frau Sander, nur weil Herr Weiss und Sie ein Techtelmechtel miteinander haben und regelmäßig zusammen im Bett landen, haben Sie keine Sonderstellung bei Universal. Sie können trotzdem nicht machen, was Sie wollen."
Einige der Crewmitglieder sehen zwischen Pia und Wincent hin und her. Einige tuscheln. Flo legt Wincent eine Hand auf die Schulter, um ihn ruhig zu halten und ihm zu signalisieren, dass sie da sind.
"Es geht Sie gar nichts an, was ich in meiner Freizeit mache. Aber ich kläre Sie gern auf. Wir haben kein Techtelmechtel. Wir sind seit geraumer Zeit ein Paar und wie Sie wissen, waren wir das auch in der Vergangenheit schon einmal. Sie wissen genau, dass die Band ich alte Freunde sind, Amelie meine beste Freundin ist und Wincent und ich damals schon einmal ein Paar waren. Sie haben mich vor ein paar Monaten bewusst nach München geschickt, weil Sie wussten auf welches Umfeld ich stoßen werde und weil Sie wollten, dass ich das Handtuch werfe. Aber dann kamen ihnen Anna Bustorf und diese Tour hier dazwischen."
"Sie sind doch nicht so blond, wie Sie aussehen."
"Passen Sie auf, was Sie sagen", mischt Wincent sich nun doch ein, aber Herr Braun lacht nur auf. Flo und Manni stellen sich vor Wincent, damit er keinen Fehler macht.
"Bitte für die Bühne fertig machen", sagt eine Durchsage.
"Ihr Auftritt, Herr Weiss. Genießen Sie den letzten Abend zusammen. Frau Sander wird ab morgen für die nächsten Wochen in Köln verweilen. Alles weitere per eMail. Schönen Abend noch."
Herr Braun dreht sich um und geht.
"Moment", sagt Pia und folgt ihm mit Amelie zusammen. "Ich werde nicht nach Köln gehen. Ich werde diese Tour beenden, so wie es abgesprochen war."
Herr Braun lacht. "Sie haben die Mail von oben erhalten. Sie können Sie nicht widersetzen."
"Warum machen Sie das?"
"Das erkläre ich Ihnen gern, Frau Sander. Ich habe keine Lust, dass eine Frau, die eigentlich hinter den Herd gehört und zudem nur halb so alt ist wie ich, meine Vorgesetzte wird und eine Führungsposition übernimmt. Solche Positionen sind für uns Männer gemacht und nicht für so kleine Blondine, wie Sie, die noch grün hinter den Ohren ist. Wir Männer gehören in die Führungsebene und keine gebärenden Frauen, die sich sowieso nicht auf ihren Job konzentrieren können, weil ein plärrendes Kind an ihren Fersen klebt. Viel Spaß in Köln. Auf Wiedersehen."
Damit lässt er Pia und Amelie stehen und geht. Als er außer Sichtweite ist, fällt Pia Amelie um den Hals und lässt ihren Tränen freien Lauf. Wincent und die anderen kommen hinzu.
"Ich wusste ja nicht, dass ihr beide", fängt Tom an. "Das ist toll. Ihr braucht daraus kein Geheimnis machen. Wir stehen alle hinter euch. Ihr passt gut zusammen. Aber, was ist er bitte für ein Arschloch?"
Wincent nimmt Pia in den Arm. "Alles gut, wir kriegen das hin", flüstert er und küsst ihren Scheitel. "Ich muss jetzt auf die Bühne. Bis später", sagt er und gibt ihr einen schnellen Kuss.
Dann sind die anderen und er verschwunden.
"Wenn ich dieses Gespräch bloß nachweisen könnte", flüstert Pia.
"Dann kannst du ja froh sein, dass du eine mega tolle beste Freundin hast", antwortet Amelie und sieht sie an.
"Das weiß ich und dafür bin ich sehr dankbar."
Amelie greift um ihren Hals und schwenkt ihr Handy hin und her. Dann drückt sie darauf herum und keiner sagt eine Weile ein Wort, sie hören einfach nur zu. Pia fängt an zu weinen, allerdings vor Freude.
"Du hast das alles aufgenommen?"
"Klar, ich wusste, dass nichts Gutes kommen kann. Ausnahmsweise habe ich geistesgegenwertig reagiert. Jetzt bringen wir dieses Arschloch zu Fall."
"Das muss warten bis ich die Bestätigung vom Anwalt habe. Dann kommt der nächste Schritt. Ich liebe dich so sehr, Am. Du bist meine Rettung."
"Ich dich auch. Für dich würde ich durch's Feuer gehen. Und jetzt sehen wir uns das Konzert in front row an. Los, komm."

Maybe Sometimes - Fanfiction Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt