Maybe Sometimes - Fanfiction Wincent Weiss

23. Kapitel neu neu

"Hey", sagt Johannes, als er das Büro betritt.
"Bitte", sagt Pia und deutet auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
"Ich wusste gar nicht, dass du hier in München bist."
"Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, warum du das wissen solltest."
"Weißt du, Pia, ich habe in den letzten 1,5 Jahren viel von dir gehört. Immer mal wieder, mal mehr und mal weniger. Ich war schon immer ganz gespannt darauf, wer du wohl bist und was genau du an dir hast. Aber irgendwie passen die Erzählungen nicht zu der Frau, die ich heute kennengelernt habe."
Pia sieht ihn eine Weile an bevor sie antwortet.
"Ich weiß nicht, wer dir etwas über mich erzählt hat, aber Menschen verändern sich."
"Oder Ereignisse und Vergangenes verändern Menschen, hmm." Er sieht sie an, aber Pia sieht aus dem Fenster. "Mein Freund hat eigentlich eine gute Menschenkenntnis. Er ist sehr wählerisch, wenn es darum geht Menschen näher an sich heran zu lassen und ihnen blind zu vertrauen. Aber du warst einer dieser Menschen für ihn und du bist es wahrscheinlich immer noch."
"Wincent", sagt Pia leise. "Er hat mit dir über alles gesprochen?"
"Ich weiß nicht, ob es alles war, aber es war viel. Weiß er, dass du hier in München bist?"
"Ja, wir haben uns im Studio getroffen", sagt Pia leise. "Wir haben letzte Woche gesprochen."
"Das erklärt so einiges", murmelt Johannes vor sich hin.
"Wie bitte?"
"Schon gut. Sag mal, du kennst doch bestimmt die Probehalle?"
"Ja."
"Wir nehmen ein Lied für das neue Album auf und wollen vorher Proben. Bringst du mich hin?"
"Nein. Ich muss das hier fertig machen."
"Hm, der Service hier ist echt schlecht. Dann muss ich wohl den Meier fragen, wie ich da hinkomme." Er steht auf und geht Richtung Tür.
"Das ist Erpressung. Ich brauche noch fünf Minuten", sagt Pia ohne ihn anzusehen.
Johannes lächelt sie an. "Ok, ich warte draußen. Bis gleich."
Arschloch...

"So, da wären wir", sagt Pia und bleibt vor der Tür stehen. Musik dringt nach draußen.
Johannes drückt die Türklinke und zieht die Tür auf. Er muss lächeln.
Sie sitzen im Kreis mit ihren Instrumenten und diskutieren. Sie sind so vertieft, dass sie Johannes gar nicht wahrnehmen.
"Hey, ihr Workaholics", sagt Johannes laut und lacht.
"Jo! Da bist du ja endlich. Was hat da so lange gedauert bei Universal?"
Wincent geht auf Johannes zu und umarmt ihn brüderlich. 
"Es gab Probleme mit der Tourplanung. Aber dann kam eine sehr kompetente, hübsche Blondine, die die Sache gerade gerückt hat. Ich hab sie mir immer anders vorgestellt, Wince."
"Du hast Pia getroffen?"
"Ja, aber sie ist irgendwie...verschlossen und distanziert. Fast traurig."
Wincent zuckt mit den Schultern und versucht sein Interesse an der Information herunterzuspielen. Er hat selbst auch schon festgestellt, dass sie anders ist. Dennoch geht sie ihm immer noch unter die Haut.
"Bist du gut hergekommen?", fragt er ihn stattdessen, um das Thema zu wechseln.
"Ich hatte einen Navigator", sagt er und blickt sich um. 'Dieses kleine Bist', denkt er, als er merkt, dass Pia die Gunst der Stunde genutzt hat und sich aus dem Staub gemacht hat.

Pia hat sich während der Umarmung von Wincent und Johannes einfach umgedreht und ist gegangen. Als sie vor der Halle ankommt, bleibt sie stehen, schließt die Augen und atmet einmal tief durch. Dann öffnet sie die Augen wieder und setzt zum Gehen an.
"Du willst also einfach wieder so gehen ohne 'hallo' zu sagen, Pia Sander?"
Pia bleibt stehen und dreht sich dann um.
Sie sieht ihren Gegenüber an und ein kleines Lächeln schleicht sich auf ihr Gesicht.
"Hallo, Manu Weber", sagt sie, geht auf ihn zu und umarmt ihn kurz.
"Und ich habe mich schon gewundert, warum Wincent so durch den Wind ist, die letzten Tage. Aber jetzt macht es Sinn."
In Pia's Augen sammeln sich Tränen.
"So schlimm?"
"Schlimmer."
"Hab ich mir gedacht. Was hälst du davon, wenn du trotzdem nochmal mit reinkommst und die anderen begrüßt? Flo wäre sehr glücklich darüber und ich denke, er wäre es auch."
Er zwinkert ihr zu und legt ihr eine Hand in den Rücken. "Darf ich bitten?" Pia seufzt, setzt sich dann aber in Bewegung.

"Schaut mal, wer sich ohne uns 'hallo' zu sagen, einfach wieder aus dem Staub machen wollte", sagt Manu als er den Probenraum betritt und Pia herein schiebt.
Johannes lacht auf.
"Hey", sagt Pia leise und hebt die Hand.
"Ich glaub' es nicht! Pi!" Flo geht auf sie zu und wirbelt sie durch die Luft, dann setzt er sie ab und umarmt sie lange. Als er sich von ihr löst, lächelt sie ihn an.
"Hey Kettler."
"Bleibst du?" Pia schüttelt den Kopf und ihr Herz zieht sich zusammen.
"Ich muss bald wieder zurück. Ich helfe hier nur eine Weile aus."
"Wir müssen uns unbedingt nochmal treffen, hörst du?" Pia nickt.
"Das machen wir."
Dann wendet sie sich an Manni und Benni, die etwas abseits gewartet haben, sie aber genauso herzlich begrüßen und sie ausfragen.
Als es ihr zu viel wird, zieht sie sich zurück. Sie setzt sich draußen auf die Laderampe und hängt ihren Gedanken nach.

Pia zuckt leicht zusammen, als sich jemand neben sie setzt. Sie war so in Gedanken, dass sie gar nicht gemerkt hat, dass jemand kommt. Keiner sagt ein Wort. Sie sitzen einfach so da. Er kann nichts dagegen machen, es zieht ihn immer wieder zu ihr. Er kann den Drang in ihrer Nähe zu sein nicht unterdrücken.
"Sagst du mir nicht mehr 'hallo'?", fragt er leise.
Pia seufzt und sieht weiter geradeaus. Die Beine baumeln über der Laderampe. Die Hände hat sie seitlich links und rechts abgestützt. Wincent sitzt genauso da.
"Ich weiß nicht wie", flüstert sie.
"Vielleicht einfach 'hey'?"
"Hey." Pia sieht ihn an.
"Hey", antwortet er leise.
"Du hast ihm von mir erzählt?"
"Ich musste mit jemanden reden. Johannes kannte dich nicht. Er war nicht parteiisch oder so. Er stand nicht zwischen den Stühlen. Deswegen habe ich ihm alles erzählt. Ich konnte nicht damit abschließen."
"Ich auch nicht", sagt sie leise.
"Warum hast du dich eben weg geschlichen?"
"Ich, ich will mich nicht so sehr an all das gewöhnen. Ich weiß, dass meine Zeit hier begrenzt ist und ich weiß nicht, was als nächstes passiert."
"Gehst du deshalb nicht mehr ins Studio?"
"Auch."
"Warum noch?"
"Ich möchte nicht, dass sie zwischen den Stühlen stehen. Es soll weitergehen, wie die letzten beiden Jahre. Ihr gehört alle zusammen. Ich muss wieder gehen."
'Und wegen dir. Ich ertrage es nicht, dich jeden Tag zu sehen', fügt Pia gedanklich hinzu.
"Sie sind auch deine Freunde. Sie wollen mit dir zusammen sein. Außerdem gehe ich auch wieder, wenn das Album fertig ist."
"Wohin?"
"In den Norden. In die Nähe meiner Familie."
Pia's Herz zieht sich zusammen.
"Sie sind bestimmt sehr glücklich darüber, dass du jetzt in der Nähe bist."
"Ich denke schon. Darf ich dich noch was fragen?"
"Klar."
"Bereust du Berlin?"
"Ja und nein. Nein, weil ich Erfahrungen sammeln konnte, die ich hier nicht hätte sammeln können. Ja, weil ich viel aufgegeben und verloren habe und weil, egal."
"Erzähls mir."
Pia steht auf.
"Wir sollten wieder reingehen. Ich muss meine Tasche holen und dann los."
"Pi, was wolltest du sagen?"
Sie stehen sich gegenüber. Er sieht sie an.
"Nichts weiter. Lass uns reingehen."