53. Kapitel

176 17 2
                                    

Nachdem sie sich von allen verabschiedet hat, macht sie sich zusammen mit Wincent auf den Weg zurück in ihre Wohnung. Eine letzte gemeinsame Nacht für die nächsten Wochen.
"Ich kann immer noch nicht glauben, dass er das gemacht hat", sagt sie leise als sie sich an Wincent kuschelt.
"Von deinen Erzählungen wusste ich ja, dass er ein Arschloch ist, aber das war wirklich krass. Was hat er eigentlich noch zu dir gesagt, als du ihm mit Amelie hinterher bist?"
Pia antwortet nicht. Sie greift zu ihrem Handy, drückt ein paar Mal darauf herum und hält es zwischen ihnen. Einen Moment lang hören sie einfach nur die Audiodatei an. Als sie endet, rappelt Wincent sich etwas hoch und lehnt sich ans Kopfende.
"Du hast das aufgezeichnet?"
"Das war Amelie. Sie hat in dem Moment einfach geschalten."
"Das ist doch das entscheidende Gespräch, oder? Mehr Beweise brauchst du doch nicht."
"Das ist es, ja. Damit werde ich zu  Briegmann gehen."
"Aber?"
"Aber erst brauche ich noch das Go vom Anwalt, dass ich mit meinem Vorhaben starten kann. Ich habe sonst keine Einnahmen."
"Ich kann dir da helfen, dass weißt du."
"Und du weißt, dass ich dein Geld nicht annehmen werde. Ich möchte nicht abhängig von dir sein und auf eigenen Beinen stehen. Ich möchte nicht, dass es später irgendwo mal heißt, die hat ihn nur genommen, weil er die Kohle hat und jetzt hat sie mit seinem Geld was erreicht oder so und jetzt hat sie ihn fallen lassen."
Wincent seufzt. "Ich weiß. Es wäre doch nur eine kleine finanzielle Unterstützung bis du alles vom Anwalt hast."
"Nein. Du hast mir versprochen, dass wir die paar Wochen schaffen und daran klammere ich mich, Wince. Bitte lass uns deswegen jetzt nicht diskutieren und streiten, ja?"
Sie sieht ihn flehend an und schmiegt sich an ihn.
"Als wenn ich dir was abschlagen könnte, wenn du mich so ansiehst", sagt er und verdreht die Augen. Pia muss lächeln.
"Wir schaffen das. Kannst du mir was versprechen?", fragt er sie.
"Was denn?"
"Das du zum Abschlusskonzert in Hamburg bist."
"Ich verspreche dir, dass ich alles dafür tun werde, da zu sein", sagt sie und krabbelt auf seinen Schoß.
Dann versinken sie ein weiteres Mal in einander.

Als Wincent am nächsten Morgen aufwacht, ist die Bettseite neben ihm leer. Er reibt sich mit den Händen über's Gesicht und seufzt, bevor er sich aufrappelt und in die Küche geht.
"Hey", sagt Pia, als sie ihn im Türrahmen stehen sieht und steht auf.
"Hey", sagt er leise und zieht sie an sich in eine Umarmung. "Wann musst du los?"
"In zwei Stunden geht mein Zug. Das Taxi kommt in anderthalb Stunden."
"Ich bringe dich noch zum Bahnhof", sagt er.
"Nein, dass ist keine gute Idee", sagt Pia leise. Er löst sich von ihr und sieht sie an.
"Wenn sie dich erkennen und sehen, dass du eine Frau zur Bahn bringst...du weißt, dass das keine gute Idee ist. Jedenfalls nicht hier in Berlin."
Sie sieht ihn lächelnd an und er seufzt.
"Du hast ja recht", sagt er leise und gibt ihr einen Kuss, der schnell mehr wird.

"Ich liebe dich, Pi. Ruf mich an, wenn du angekommen bist, ja?"
"Ich liebe dich auch. Gib' alles, ok? Wir sehen uns spätestens in Hamburg."
Sie küssen sich ein letztes Mal, dann verschwindet Pia aus der Wohnung und steigt ins Taxi. Wincent steht oben am Fenster und sieht dem Taxi nach.

Ein paar Stunden später erreicht der Zug endlich Köln.
"Letzter Halt Köln Hauptbahnhof."
Pia seufzt und schnappt sich ihren Koffer sowie ihre Reise- und Laptop-Tasche. Mit Sack und Pack schlängelt sie sich durch den Zug und atmet erleichtert aus als sie endlich am Bahnsteig steht. Sie orientiert sich kurz und geht dann Richtung Hauptausgang vor dem bereits diverse Taxi darauf warten einen Zugreisenden zur Endstation zu bringen. Der nette Taxifahrer lädt ihre Koffer ein und Pia steigt ein.
"Wo darf's denn hingehen, junge Dame?", fragt der Taxifahrer und sieht sie über den Rückspiegel an.
"Zu Universal bitte", sagt Pia und lächelt matt.
"Wie Sie wünschen. Sie sind aber kein Promi, den ich gerade nicht erkenne, oder?", fragt er lächelnd.
"Nein, ich arbeite dort", lacht Pia.
Pia greift zu ihrem Handy und schreibt Wincent eine kurze Nachricht, dass sie angekommen ist und sich später meldet.
Die kurze Antwort erfolgt promt und sie lächelt.

Eine halbe Stunde später erreichen sie das Ziel und der nette Taxifahrer lädt die Koffer aus.
"Vielen Dank", sagt Pia.
"Gern. Und lächeln Sie öfter so schön, wie vorhin als Sie auf ihr Handy gesehen haben. Das Triste steht Ihnen nicht", antwortet er und zwinkert ihr zu. Pia lächelt und schüttelt den Kopf. Dann schnappt sie sich Ihre Sachen und betritt das Foyer. Pia lässt den Blick schweifen. Größer als München, aber kleiner als Berlin. Weniger Charme als in Hamburg und an London kommt sowieso keiner ran. Vom Flair und vom Gefühl her, würde sie immer sofort auf München gehen. Keiner kommt an sie Atmosphäre und die Kollegialität heran. Sie lächelt. Dann geht sie mit ihrem ganzen Kram Richtung Anmeldung.
"Guten Tag, kann ich Ihnen behilflich sein?", fragt die junge Brünette.
"Hallo. Mein Name ist Pia Sander. Ich möchte zu Svenja Lindholm."
"Einen Moment, bitte." Die Brünette wählt eine Nummer und erklärt kurz das Anliegen. Dann lächelt sie und legt auf.
"Svenja erwartet Sie im dritten Stock. Wenn Sie aus dem Fahrstuhl treten, rechts den Gang herunter. Das zweite Büro auf der linken Seite. Willkommen bei uns in Köln, Frau Sander."
"Danke", sagt Pia. "Kann ich die Koffer hier stehen lassen?"
"Natürlich. Ich räume sie hinter den Empfang."
"Danke", sagt Pia erneut und geht Richtung Fahrstuhl.

Vor dem Büro atmet sie einmal tief durch und klopft dann.
"Herein", kommt es gedämpft von innen und Pia öffnet die Tür.
"Hallo, ich bin Pia Sander", sagt Pia und hält ihrem Gegenüber die Hand hin.
"Svenja Lindholm. Freut mich, dich kennenzulernen."
Pia nickt und Svenja deutet auf einen der Sessel, die um einen runden kleinen Tisch plaziert sind.
"Schön, dass du da bist und uns unterstützt. Du bist ganz schön rumgekommen in der letzten Zeit."
"Welche Aufgaben soll ich übernehmen?", fragt Pia, ohne auf den vorherigen Satz einzugehen.
"Es gibt einen Künstler namens Tom Twers. Er fängt gerade erst an und hat sich eine kleine Fanbase auf Tiktok aufgebaut. Eine Kampagne mit kleiner Clubtour ist das Ziel."
"Ok, gut. Sonst noch was?"
Svenja runzelt leicht die Stirn. Mit einer so wortkargen Kollegin hatte sie nicht gerechnet.
"Nein. Das wäre es für's Erste. Wir haben dir im Großraumbüro einen Platz eingerichtet. Die Wohnung ist ab morgen für dich bereit."
"Ich bleibe im Hotel. Wo finde ich das Büro?"
Pia steht auf und geht Richtung Tür.
"Den Gang nach links und dann ganz hinten rechts."
Pia nickt.
"Moment. Das Hotel wird auf Dauer ganz schön teuer werden", sagt Svenja und Pia dreht sich um und sieht Svenja eine Weile an. Dann zuckt sie mit den Schultern.
"Hör zu, Svenja, ich habe nicht vor ewig hier zu bleiben und hier heimisch zu werden. Ich würde dann jetzt gern anfangen. Umso schneller kann ich hier wieder weg."
Pia schließt die Tür, atmet tief durch und geht ins Großraumbüro. Svenja sieht ihr mit gerunzelter Stirn nach.

Maybe Sometimes - Fanfiction Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt