65. Kapitel

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"Auf keinen Fall!", sagt Pia und sieht Wincent mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Warum nicht?"
"Weil er zu klein ist! Das ist kein Baum, das ist ein Bäumchen!", antwortet sie aufgebracht. "Dieser hier ist kleiner als ich. Ein Weihnachtsbaum ist aber mindestens etwas größer als ich. Außerdem würde er in deinem großen Wohnzimmer total untergehen."
"Unserem."
"Wie bitte?"
"Unserem Wohnzimmer", wiederholt er und legt den Kopf etwas schief. Wincent sieht sich abwartend an und verzieht seinen Mund zu einem kleinen Lächeln.
Pia schüttelt lächelnd den Kopf.
"Nein, es ist dein Haus und somit dein Wohnzimmer", antwortet sie etwas entspannter.
"Noch", sagt er achselzuckend.
"Du bist unmöglich", stöhnt Pia. "Ich versuche mit dir zu diskutieren und du wechselst das Thema und bringst mich aus dem Konzept."
Er beugt sich lächelnd vor und gibt ihr einen Kuss.
"Blödmann", sagt Pia leise und Wincent sieht sie schmunzelnd an. "Und jetzt zurück zum Baum", sagt sie.
"Ok, ok. Wir nehmen den da drüben. Ist das ok für dich?", fragt er sie. Er zeigt links hinter sie und sie dreht sich um und folgt seinem Finger. Dann sieht sie ihn wieder an und lächelt zufrieden.
"Mehr als ok", sagt sie zufrieden und klatscht in die Hände. Wincent schüttelt lächelnd den Kopf.

Zwei Stunden später sind sie wieder zu Hause.
"Kannst du mir mal sagen, wo das alles hin soll?", fragt er sie, als er die letzten Einkäufe auf dem Esstisch abstellt.
"Du hast viele Fenster", sagt Pia achselzuckend und lächelt amüsiert.
"Wir", korrigiert er und Pia stöhnt.
"Von mir aus auch wir", antwortet sie und boxt ihn gegen den Oberarm.
"Biest", sagt er und sie lacht. Gerade als er sich vorbeugen will, um ihr einen Kuss zu geben, klingelt ihr Telefon.
Pia geht ein paar Schritte zur Seite und nimmt den Anruf entgegen.
"Hallo Mama", sagt sie und lächelt.
"Hallo Pialein", antwortet sie.
"Wie geht's euch?"
"Gut, und euch?"
"Auch, wir haben gerade einen Baum und Weihnachtsdeko gekauft. Wir wollten es uns die nächsten Tage noch weihnachtlich machen, bevor ich mich auf den Weg zu euch mache", antwortet Pia fröhlich.
"Ähm, dass ist schön", sagt ihre Mutter zögerlich. Pia bemerkt sofort, dass irgendwas los ist. Ihre Mutter ist sonst nicht so zurückhaltend.
"Weswegen rufst du an, Mama?"
Wincent sieht sie fragend an und Pia zuckt mit den Schultern.
"Also, weißt du...es ist so...", fängt ihre Mama an.
"Nun sag schon. Ist was passiert?"
Pia wird langsam nervös und Wincent steht jetzt neben ihr.
"Nein, nein. Es ist alles in Ordung. Es ist nur so, dass wir Weihnachten dieses Jahr nicht zusammen feiern werden, mein Schatz."
"Wie meinst du das? Natürlich feiern wir zusammen. Ich komme doch Heiligabend. Wie jedes Jahr."
"Weißt du, dein Papa und ich haben beschlossen, dass wir über Weihnachten verreisen", sagt ihre Mutter.
"Ihr wollt verreisen? Warum?"
"Pia, Leo und du, ihr seid erwachsen. Du hast Wincent und ihr wollt bestimmt euer ersten Weihnachten zusammen feiern. Dein Bruder hat sich dieses Jahr freiwillig zum Dienst gemeldet. Ihr seid also nicht alleine."
Pia steigen Tränen in die Augen. Seid 29 Jahren feiern sie alle vier zusammen Weihnachten und jetzt erzählt ihre Mutter ihr, dass es dieses Jahr ausfällt.
"Aber wir feiern immer zusammen Weihnachten. Wir vier", antwortet sie leise.
"Irgendwann ändert sich immer mal was. Und dieses Jahr ist es so. Du bist nicht alleine, Pia. Du hast dort, wo du bist noch eine Familie, die dich ins Herz geschlossen hat und gern Weihnachten mit dir feiert. Es war ein hartes Jahr und wir wollen uns diese gemeinsame Auszeit gönnen. Nur wir zwei. Kannst du das vielleicht ein bisschen verstehen?"
Pia seufzt. "Ja, kann ich. Ich gönne es euch ja auch. Es ist nur...Es ist nur komisch."
"Ich weiß. Ich muss leider auflegen. Ich habe noch einen Termin. Grüße an Wincent und bis bald. Ich hab dich lieb."
"Ich hab dich auch lieb."
Dann ist die Leitung unterbrochen und Pia starrt weiter auf ihr Telefon. Eine Träne bahnt sich den Weg über ihre Wange. Ein Daumen streicht sie sanft weg und Wincent zieht sie an sich.
"Sie fahren über Weihnachten weg", sagt Pia leise.
"Hab ich mitbekommen. Und Leo? Er kann herkommen."
"Geht freiwillig arbeiten."
Wincent seufzt. Er kann es nicht haben, wenn Pia traurig ist. Er drückt sie noch ein bisschen fester an sich.
"Wir feiern hier. Wir beide zusammen. Mit unserem riesigen Baum und der vielen Lichterdeko, bei der wir nachts denken, es wäre hellichter Tag."
Pia lächelt ihn an. "Du bist doof, aber süß", sagt sie und stellt sich auf Zehenspitzen, um ihn einen Kuss zu geben.
"Geht doch. Und jetzt lass uns schmücken."
"Ok, dann los."

Zwei weitere Stunden später fallen beide nebeneinander auf die Couch.
Pia lächelt zufrieden und ihre Augen glänzen vor Freude. Zufrieden seufzt sie und greift nach Wincent's Hand.
Wincent sieht sie lächelnd an. Er ist glücklich, weil Pia glücklich ist. Und insgeheim freut er sich auf ihr erstes gemeinsames Weihnachten in ihrem Zuhause. Ja, ihrem Zuhause. Er wird alles dafür tun, dass es das irgendwann in naher Zukunft ist und sie sich hier genauso wohl fühlt wie er.
"Es dämmert draußen", sagt Pia aufgeregt.
"Und?" Wincent sieht sie amüsiert an, denn insgeheim weiß er ganz genau, worauf sie hinaus will.
"Können wir bitte, bitte, bitte die Lichter anmachen?" Pia hat sich aufgesetzt und sieht ihn fragend an. Wincent muss lachen.
"Ja, dass können wir machen."
"Dann los. Und dann gehen wir raus und sehen uns an, ob wir noch etwas verbessern müssen."
Wincent stöhnt. "Langsam habe ich das Gefühl, ich bin mit einem Weihnachtsfreak zusammen."
"Das könnte sein. Ich liiiiiebe Weihnachten. Aber noch mehr als Weihnachten liebe ich dich."
Wincent zieht sie in seinen Arm.
"Und ich liebe dich."

Eine Weile später stehen sie Arm in Arm draußen und betrachten ihr Werk.
"Das haben Sie beide wirklich schön gemacht. Es wurde auch Zeit, dass es mal weihnachtlich wird."
"Hallo Frau Lehmann", antwortet Pia lächelnd,  "das finde ich auch."
"Ihr erstes gemeinsames Weihnachten. Genießen Sie es. Ich erinnere mich gut an das erste Weihnachten mit meinem Mann. Es war etwas ganz Besonderes. So etwas vergisst man nicht. Haben Sie noch einen schönen Abend."
Danke, Sie auch, Frau Lehmann", sagt Wincent und lächelt die alte Dame an.

Maybe Sometimes - Fanfiction Wincent WeissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt