18. Kapitel

594 26 3
                                    

Violet. Der Schein trügt mich nicht. Es hat einen Grund, warum dir selbst deine beste Freundin aus dem Weg geht. Warum du zum Vögeln reichst, aber danach rausgeworfen wirst. Warum du nie so etwas wie Zuneigung erfahren wirst. Du bist eine armselige Schlampe und ich hoffe du verreckst daran. So wie du es verdient hast. X

Wieso tat das so weh? Es war nur Tinte auf einem Stück Papier und trotzdem zog sich mein Herz dabei schmerzhaft zusammen.

Nachdem ich heute meinen Mathetest mit einer unglaublichen Note 2 zurückbekommen hatte, war ich gut gelaunt aus der Schule gekommen.

Tja. Und dann ich den Fehler gemacht, auf dem Weg in die Wohnung noch schnell die Post aus dem Briefkasten zu holen, bevor ich zur Nachhilfe musste.

Mir war sofort klar, dass der Brief nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er sah genauso aus wie der letzte. Trotzdem brachte ich es nicht über mich, ihn direkt in den Müll zu befördern, sondern öffnete ihn und las Worte, die ich lieber nicht lesen wollte. Wenigstens war ich diesmal darauf vorbereitet gewesen. Aber das änderte nichts daran, dass mir kleine Tränen in die Augen stiegen. Vor allem weil dieser Brief noch viel näher an der Wahrheit lag als der Vorherige.

Verdammt. Ich hätte es einfach lassen sollen. Am liebsten würde ich mich in mein Bett verkriechen und heulen, stattdessen durfte ich mich gleich mit Jack auseinandersetzen.

Ich hatte keine Zeit, den Brief genauer zu analysieren. Aber ich hatte den dumpfen Verdacht, dass teilweise sogar genau dieselben Worte aus den Chats mit Warrior verwendet wurden. Definitiv Informationen, die ich ihm mal geschrieben hatte. Fuck. Was bedeutete das für mich? Wieso wollte jemand, dass ich verreckte? Meinte, dass ich es verdient hatte? Und, wenn es nun einen zweiten Brief gab - wie viele würden folgen?

Völlig neben der Spur machte ich mich auf den Weg zur Nachhilfe. Was blieb mir auch anderes übrig? Absagen und in eigenem Leid versinken? Klang nicht unbedingt nach einer erfreulichen Alternative. Ich hoffte nur, man konnte mir nicht ansehen, dass ich kurz vor einem neuen Nervenzusammenbruch stand.

Ich empfand es fast als ein wenig beruhigend, kurz darauf Jacks unbekümmertem Gesicht gegenüberzustehen. Die Welt drehte sich weiter. Auch wenn es jemand scheinbar absolut auf mich abgesehen hatte.

"Hi, Violet", grüßte er mich und ich betrat das Zimmer, um dort Platz zu nehmen. "Wie geht's?"

Einen Moment war ich überrascht, doch dann fiel mir ein, dass das eine Standard-Frage war. Dessen wirkliche Antwort niemand hören wollte.

"Mhmm", murmelte ich deshalb nur und beobachtete Jack dabei, wie er die Tür hinter uns schloss und sich gegenüber von mir hinsetzte. Er sah im Gegensatz zu mir nicht aus, als würde er gleich zusammenbrechen. Er sah wach aus, gut gelaunt, entspannt. Seine Augen schimmerten, sein Bart schien kürzlich rasiert und seine weichaussehenden Haare umrahmten sein Gesicht. Das Leben war unfair.

"Hast du deinen Mathetest rausbekommen?", fragte er und betrachtete mich eingehend. Unter seinem forschenden Blick sank ich noch ein Stückchen mehr in mich zusammen. Obwohl ich mich vor wenigen Stunden noch so sehr über meine Note gefreut hatte.

"Eine 2", teilte ich ihm mit und zwang mich zu einem Lächeln. Da ich mich ehrlich darüber freute, gelang es mir ganz gut.

Auf seinem Gesicht breitete sich Freude aus. "Oh, richtig gut! Das freut mich. Für uns beide", er grinste. "Ich hoffe du magst Muffins?"

Irritiert sah ich ihn an, während er aufstand und eine Box voll Blaubeer-Schoko-Muffins aus seinem Rucksack holte.

"Deine Belohnung", schmunzelte er. "Ich habe sie mit Mary für den Geburtstag ihrer Mutter gebacken und dachte, ich bringe dir ein paar mit. Als Anerkennung für deine Leistung."

Die mathematische Formel für LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt