45. Kapitel

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Eine volle Minute starrte ich auf den Text. Meine Hände begannen zu schwitzen und ich schluckte mehrfach fahrig. Er wusste, wer die Briefe schrieb?

» Willst du es hören? «, hatte er hintendran gehängt und was war das für eine Frage? Seit Wochen wollte ich nichts lieber als endlich herauszufinden, wer mir so etwas antat.

Seine Nachrichten waren von heute Vormittag. Ein einziges Mal war ich froh, den Chat doch noch einmal zu lesen. Wer weiß, wenn er nicht mehr offen gewesen wäre, hätte ich seine Nachrichten womöglich erst in Tagen, Wochen gesehen.

» Wer? «, tippte ich unruhig.

Ich hielt es kaum aus, auf seine Antwort zu warten. An Lernen war jetzt sowieso nicht mehr zu denken. Ich kramte die Briefe aus meiner Schublade und las sie nochmal durch, einen nach dem anderen. Aber ich kam nicht darauf. Woher wusste er dann wer es war? War es jemand, den Warrior kannte, aber ich nicht? Aber der Briefeschreiber musste ja auch irgendeine Verbindung zu mir haben. Viel mehr als er eine zu Warrior haben musste.

Warrior schien mit meiner Rückfrage gerechnet zu haben, denn es dauerte nur zwölf Minuten, bis er antwortete. Zwölf Minuten und achtzehn Sekunden, um genau zu sein. Zeit, in der ich mühsam den Sekundenzeiger meiner Uhr verfolgt hatte und angespannt auf meinem Stuhl herumgerutscht war. Mein Herz pochte, aber diesmal, weil ich unglaubliche Angst vor der Wahrheit hatte. Was würde jetzt ans Licht kommen?

» Ich bin nicht 100% sicher, habe keine Beweise, aber es ist die einzige Erklärung, die Sinn macht. Sie macht verdammt viel Sinn, auch wenn ich die Hintergründe nicht ganz verstehe. « Ungeduldig ließ ich meine Augen über seine Worte gleiten. » Was ich weiß, ist: Der Freund deiner Mitbewohnerin hat ziemlich viel Dreck am Stecken. Er hasst dich offenbar. Und er hatte vielleicht Zugang zu unseren Chats. «

Ein erstickter Laut entwich mir. Theo? Ich vertippte mich bei meiner Antwort mehrfach, weil meine Finger einfach nicht gehorchen wollten. Zu groß war der Schock und die Verwirrung, die durch mich tobten. Dass es Theo gewesen sein könnte, war eigentlich nicht das schockierende. Den Verdacht hatte ich selbst schon gehabt, aber es von einem Dritten bestätigt zu bekommen, war etwas anderes. Vor allem, weil das bedeutete, dass mehr dahinterstecken musste als bisher angenommen.

» Er hatte keinen Zugang zu meinen Chats. Woher weißt du über den Freund meiner Mitbewohnerin Bescheid? Welchen Dreck hat er am Stecken? « Das waren nur drei der tausenden Fragen, die mir im Moment durch den Kopf wirbelten.

» Nicht zu deinen, aber es ist möglich, dass er Zugang zu meinen Chats hatte. Dass er sie entdeckt, irgendwie eins und eins zusammengezählt und dir dann diese Briefe geschrieben hat. Warum auch immer er das getan hat. Das habe ich noch nicht herausgefunden. « Das minderte meine Verwirrung eigentlich überhaupt nicht. Es schuf nur noch mehr. Also kannten Warrior und Theo sich? So gut, dass Theo Zugang zu seinem Laptop gehabt hatte? Und bedeutete das dann nicht auch, dass Warrior wusste, wer ich war? Wenn er Theo als den Freund meiner Mitbewohnerin identifiziert hatte? Konnte es so große Zufälle geben oder zog ich gerade falsche Schlüsse? Ich tappte hier völlig im Dunklen, während alle um mich herum scheinbar viel mehr wussten, als ich je geahnt hatte.

» Ich habe nichts mit Theo zu tun. Aber ich habe gestern Nacht echt alles nochmal durchgespielt und ich weiß, dass er die Möglichkeiten gehabt haben könnte, unsere Chats zu lesen. « Ich schluckte. War es absurd, dass es mein Herz kurz aufhüpfen ließ, wenn ich mir vorstellte, wie Warrior sich gestern Nacht den Kopf darüber zerbrochen hatte, um mir die Lösung nun zu präsentieren? Einfach nur, um mir zu helfen?

» Und was das andere angeht. Er ist ein mieses Schwein. Er betrügt deine Mitbewohnerin. Seit Wochen. Ich hätte es eigentlich früher checken sollen, aber es hat ein bisschen gebraucht, bis ich alle Puzzleteile zusammenfügen konnte. « Wem sagte er das. Ich hatte immer noch nicht alle Teile zusammengefügt. Es lag gerade mal der Rahmen.

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