Die mathematische Formel für Liebe

21. Kapitel

Meine beiden Freundinnen und ich hatten noch einige Zeit weiter telefoniert. Sie hatten meine Probleme nicht lösen können, aber sie konnten mir etwas von der Last abnehmen, die ich bis dahin auf meinen Schultern allein getragen hatte.

Seit dem letzten Brief war eine Woche vergangen, und ich war seltsam gut gelaunt. Einfach nur, weil seitdem kein neuer Brief gekommen war.

Das hieß aber auch, dass ich heute wieder Nachhilfe hatte. In weiser Voraussicht tauchte ich diesmal in Leggings und einem Sport-Top auf.

Schwungvoll betrat ich den üblichen Raum.

"Hi, Jack", grinste ich ihn an und schloss die Tür hinter mir.

Er drehte sich ruckartig zu mir um. Wahrscheinlich war er eine solche Energie von mir nicht gewohnt. Ich auch nicht. Nicht, wenn mir gleich eine Stunde Mathe drohte. Und Sport. Aber zu meiner sowieso schon guten Laune, hatte mir die Sekretärin am Empfang gerade noch einen Kirsch-Lolli geschenkt, da ich heute das sechste Mal hier war. Es kam mir gar nicht so lange vor.

"Hi, Violet." Er ließ seinen Blick kurz über mich gleiten. "Ich sehe, du bist bereit?"

Ich quittierte seinen Blick mit einem herausfordernden Lächeln. Als ich meine Augen allerdings ebenso quälend langsam über ihn wandern ließ, wie er es bei mir getan hatte, stellte ich fest, dass er ganz und gar nicht vorbereitet aussah.

"Planst du dich noch auszuziehen, oder was?"

Er hob eine Augenbraue. "Hättest du das gerne?"

Empört schnaubte ich. "Nein, Jack. Bitte lass deine Jeans an. Ich frage mich nur, wie du darin Sport machen willst?"

"Geht schon. Ich glaube kaum, dass ich von ein paar Liegestützen schwitzen werde." Oh Gott. Steh mir bei. Wie konnte man so angeberisch sein? "Aber ich denke, du bist genau richtig angezogen." Und ein gratis Seitenhieb in meine Richtung noch dazu, schönen Dank auch.

Ich holte meine Sachen aus meiner Tasche. "Brauche erst noch eine Stärkung", informierte ich ihn und hielt stolz den ergatterten Lolli hoch. Ich packte ihn aus und steckte ihn in meinen Mund.

Irritiert musterte mich Jack.

"Was?", fragte ich stirnrunzelnd.

"Was?"

Ich rollte mit den Augen. "Hat mir die Empfangsdame geschenkt. Wusstest du, dass wir heute unser Jubiläum haben?", grinste ich zur Erklärung.

"Haben wir das?", fragte er und legte seine Stirn in Falten.

"Unser sechswöchiges. Kaum zu glauben, dass wir noch beide am Leben sind und dass ich mir das hier immer noch antue. Vor sechs Wochen hätte ich das jedenfalls nicht für möglich gehalten."

"Na dann. Herzlichen Glückwunsch." Seine Stimme triefte vor Sarkasmus, seine Mundwinkel bogen sich dabei jedoch leicht nach oben.

Ich sah ihn amüsiert an und genoss den Kirsch-Geschmack auf meiner Zunge. Irrte ich mich, oder rutschten Jacks Augen immer wieder zu meinen Lippen, die den Lolli fest umschlossen?

"Können wir loslegen, Jack?", fragte ich provokant und betonte seinen Namen besonders. Ich lehnte mich nach vorne und sah ihm mit einem Lächeln in die Augen. Ich ließ den Lolli langsam wieder zu meinem Mund gleiten und begann, sinnlich an ihm zu lutschen, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.

"Mhmm", murmelte ich. "Ist Kirsche auch dein Lieblingsgeschmack?"

Jacks Augen wurden schmal und sein Adamsapfel hüpfte nervös. Es gefiel mir, ihn zu necken. Ein bisschen zu sehr.

Nur schwer konnte ich ein Grinsen unterdrücken und lehnte mich, die Ruhe selbst, wieder zurück. "Jack?", wiederholte ich.

Er räusperte sich und wandte den Blick ab. "Ja. Lass uns beginnen."