„Sabah, bitte sorge dafür, dass mehr Wassereimer in die Küche getragen werden", keuchte Khione auf arakisch. Stolpernd kam sie mit einem Heuballen durch die Eingangstür, die ihr ein männlicher Araki offenhielt. Hinter ihr folgten zwei Weitere, die sie auf den Boden warfen und gleich wieder umkehrten. Seit Makhahs Aufbruch glich die Burg einem Bienenhaufen. Mittlerweile war der Stapel an Ballen in der Eingangshalle beträchtlich gewachsen.
In einer Diskussion mit Kabiha, Sabah und Pahra hatte sich Khione dazu entschieden, sie als provisorisches Lager für die Pferde einzurichten. Dafür hatte sie sich die Vor- und Nachteile der geeigneten Räume aufzählen lassen. Zwar hatte Tehews Frau vorgeschlagen, die Tiere wie beim letzten Mal auf den rechten und linken Flügel aufzuteilen, aber Khione hatte auf die Eingangshalle bestanden. Aus dem einfachen Grund, da der Weg vom Stall nicht zu weit war. So würden sie später weniger Arbeit haben, wenn die Gefahr vorbei war. Zudem befand sich ein Teil des Heus in einem Holzunterstand, der gleich neben der Burg lag. Dort war es geschützt und jederzeit greifbar, aber Khione wollte die Heuballen aus der Stallung sichern. Ihr war bewusst, wie viel Anstrengung es bedurfte, einen einzigen mit bloßen Händen herzustellen. Daher lag es ihr am Herzen, die Arbeit der Arakis zu würdigen und zu retten.
Sabah nickte und eilte mit zwei Eimern an ihr vorbei. Sie war mit ein paar Frauen eingeteilt, Wasser aus dem Fluss zu holen und in die Küche zu bringen. Durch den anhaltenden Regen hatte sich Krishna in eine dreckige Brühe verwandelt, die Khione nicht als sicher ansah. Aus Erfahrung mit unsauberem Wasser wollte sie vorsorgen, indem sie es abkochen und mit einem Leinentuch filtern ließ. Zwar bedeutete das eine Menge zusätzliche Arbeit, aber Khione fühlte sich für die Arakis und ihre Pferde verantwortlich und sie würde nicht mit deren Leben spielen. Glücklicherweise waren diese damit vertraut, sodass es nur wenige Worte der Kommunikation benötigte. Dennoch hatte sie angewiesen, dass zumindest zwei Männer die Frauen mit Fackeln begleiteten. In der Dunkelheit war der Schlamm tückisch und nicht zu unterschätzen.
Aufatmend fuhr sich Khione mit dem Handrücken über die Stirn und lächelte Pahra zu, die mit Kabiha einige der Heuballen öffneten und sie auf dem Boden verteilten. Den Rest schoben sie an die Seiten, wo sie später abgedeckt wurden. So würden sich die Pferde nicht unerlaubt bedienen.
„Ruh dich für ein paar Minuten aus, Khione", schlug Pahra vor. „Du siehst aus, als ob du jeden Moment umfällst."
Fast schon trotzig schüttelte sie den Kopf. Ihre Arme waren lahm und ihre Kräfte schwanden, aber das Adrenalin pulsierte nach wie vor durch ihre Venen und ließ sie die Müdigkeit kaum wahrnehmen. „Ausruhen hilft keinem, wenn die Zeit drängt. Wenigstens sind die meisten Heuballen gerettet", verkündete sie und ließ ihren Blick über den Boden schweifen. Kurz überlegte sie, wo ihre Hilfe am nötigsten war. Die beiden Männer, die nach ihr gekommen waren, würden die restlichen vier allein schaffen, da war sie sich sicher. Daher nahm sie den Ballen, den sie gebracht hatte, und verteilte ihn großzügig. Je eher sie damit fertig waren, desto schneller konnten sie die Pferde holen.
Während der Arbeit schwiegen sie, aber Khione lag schon lange eine Frage auf der Zunge. „Kabiha, woher kennt ihr eigentlich die Namen der Räume?", fragte sie. Tehews Frau hatte bei ihrer Ankunft diese problemlos benannt und aufgezählt. Bisher hatte sie nie nachgefragt, weil sich Khione keinen Kopf darum gemacht hatte, doch sobald sie etwas tat, bei dem sie sich nicht konzentrieren musste, verglich sie die unterschiedlichen Lebenskulturen.
„Früher hatten wir unserer Khemahs hier und alles war Wiese und Wald. Bei der Rückkehr nach Pah Koha stand hier plötzlich die Burg", erzählte Kabiha, die einen Ballen auf einen anderen wuchtete. So viel Kraft hatte Khione ihr nicht zugetraut, da sie sich meistens innerhalb der Gemäuer aufhielt. „Bei der Erkundung haben wir Baupläne gefunden und da einige von uns und natürlich Pahra eure Sprache verstehen, haben wir herausgefunden, welcher Raum wofür genutzt werden sollte. Laut dem Plan war die Burg für einen Lord gedacht", fuhr sie fort.
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Araki - Krieger des Nordens
RomansaAraki - die barbarische Rasse im Norden der Welt Azura. Ausgerechnet von ihnen wird die junge Khione auf ihrer Flucht vor den Entführern mit einem Pfeil abgeschossen. Schnell wird ihr klar, wie unerwünscht und gehasst sie im Araki-Clan von Shiharu M...