Die restliche Zeit bis zum Abendessen verging unglaublich schnell.
In den einen Moment stand ich noch unter der Dusche, um den Tag von mir zu waschen und in der nächsten saß ich bereits am Essenstisch.
Wirklichen Appetit hatte niemand von uns, doch Florina hörte nicht auf zu jammern, weswegen wir alle vier nach und nach uns etwas auf die Teller luden.
Auch wenn unsere Betreuerin daraufhin glücklich war, spürte ich das Essen noch lange in meinen Magen arbeiten.
Als wir gemeinsam ins Fernsehzimmer gingen war mir nicht nur wegen der bevorstehenden Zusammenfassung der Ernten schlecht.
Ich wollte es mir nicht wirklich anschauen, was mich gleichzeitig fast wieder hätte lachen lassen.
Damals, als ich zu meinen eigenen Spielen aufgebrochen war konnte ich es kaum erwarten zu wissen, wer meine Gegner und eventuellen Verbündeten waren.
Jetzt hoffte ich jedoch darauf, dass jeder Distrikt eine schlechte Ernte gehabt hatte. Wenn die Karrieros und auch die anderen Tribute schwach waren konnte zumindest Sneaxs bei uns heraus stechen, dank seiner Größe und breiten Schultern.
Genau zwischen denen und Finnick war ich nämlich gerade eingeklemmt, während Annie auf der anderen Seite von Finnick saßs und krampfhaft seine Hand hielt.
Florina nahm in einen der beiden Sessel platz, wobei sie einen Moment uns vier beobachtete. Schließlich könnte einer auch den zweiten Sessel nehmen, wie sie auch vorschlug, aber fast Synchron schüttelten wir alle den Kopf, weswegen sie wieder verstummte.
Als die Schow losging war die Spannung im Raum regelrecht spürbar. Florina rutschte auf ihrem Sessel hin und her, ehe sie auf der Kante, fast schon zum Sprung bereit, sitzen blieb.
Ich jedoch blickte nur auf den Bildschirm in dem die Ernte aus Distrikt Eins begann.
Gleich hier hatten wir Pech als sich zwei 18 jährige Jugendliche freiwillig meldeten. Allein ihr siegessicherer Gang und der herablassende Blick schrien nur so nach Karrieros. Auch in Distrikt Zwei meldeten sich beide freiwillig. Der Junge war körperlich nicht wirklich größer als das Mädchen aber er hatte etwas an sich, was mich aufschauen ließ. Der Kleine war gefährlich, einfach weil die Grausamkeit aus seinen Augen sprach.
„Haltet euch von dem fern.", meinte in dem Moment auch Finnick und ich nickte sofort, als Sneax und Annie zwischen uns hin und her schauten, dann aber ebenfalls zustimmend den Kopf auf und ab bewegten.
Zufrieden blickte ich wieder auf den Bildschirm und hätte am liebsten laut aufgestöhnt.
Als wenn wirklich irgendjemand etwas gegen uns hatte, waren auch die beiden Tribute aus Distrikt 3 bereits 17 und 18 Jahre alt. Natürlich hatten sie sich nicht freiwillig gemeldet, aber das änderte nichts daran, dass sie beide um mindestens einen Kopf größer als Annie waren.
Unsere Ernte erschien und Caesar betrauerte die Arme Annie, als sie weinend nach vorne kam. Als man sie dann auch noch aufschreien sah, wo Sneax gezogen wurde, spekulierte der Zermoniemeister sofort darüber, ob dahinter mehr als Freundschaft steckte, was mich wieder aufschnauben ließ.
„Der ist doch auch nur geil auf irgendwelche Stories.", brummte ich genervt, was Florina geschockt aufatmen ließ, was ich gekonnt ignorierte.
„Darauf können wir aber bauen.", murmelte Finnick. „zwei beste Freunde, die gemeinsam gewählt werden, um in die Hungerspiele zu ziehen."
„Wirklich? Auf sowas stehen die?", fragte ich nicht wirklich überzeugt, aber Finnick grinste nur.
„Und wie."
Der Rest der Ernte rauschte eher an mir vorbei, als dass ich wirklich etwas mitbekam. Finnick schien im analysieren sowieso besser. Die hinteren Distrikte waren auch an sich nur eine Aneinanderreihung von gleichen Abläufen.
Geschockte Gesichter, weinende Kinder oder aber auch stolz dreinblickene Jugendliche, die versuchten, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen.
In Distrikt 7 wurde ein Junge gezogen, der von der Statur an Sneax erinnerte. Vielleicht ein wenig größer, dafür aber auch schlanker. Was mir aber besonders auffiel, waren die sanften Gesichtszüge. Fast schon das genaue Gegenteil von dem Jungen aus Distrikt Zwei, weswegen er mir sofort sympathisch war.
Alles in allem hatten wir jedoch ziemliches Pech... gelinde gesagt.
Die meisten Distrikte hatten Jugendliche, die mindestens 16 Jahre alt waren. Es schien, als wenn sich ganz Panem gegen uns verschworen hätte. Oder hatte der Präsident so viel Macht, dass er die komplette Ernte manipulieren konnte?
Vielleicht gab es Jugendliche, die nie eine wirkliche Chance hatten? Aber warum? Weil einer ihrer Verwandten einmal etwas falsche gesagt oder laut gedacht hatte, so wie ich in meinen Spielen?
Florina war es, die als erstes sprach, als die Ernte vorbei war.
„Na das sah doch interessant aus, oder?"
„Wundervoll.", behauptete ich brummend, was mir einen strafenden Blick von ihr einfing.
„Ich bin müde.", murmelte Annie und Finnick blickte sofort besorgt zu ihr.
„Es war ein langer Tag.", sprang ich zur Hilfe. „Sneax und du solltet schlafen gehen. Die Betten sind wirklich mehr als bequem."
Dankbar lächelte mich Annie an. Sneax sprang regelrecht von seinem Platz, hielt dann aber inne um Annie an die Hand zu nehmen und mitzuziehen.
Ich war mir sicher, dass die beiden in einem Zimmer schlafen würde, so wie es Maze, Finnick und ich getan hatten.
„Wir sollten auch schlafen.", riss mich genau da die Stimme meines besten Freundes aus meinen Gedanken.
Noch immer leicht abwesend, nickte ich und schaute auf.
Ich hatte nicht einmal mitbekommen, wie auch Florina aus dem Zimmer verschwunden war. So nervig auch ihre Stimme sein konnte, so leise war sie doch auf diesen hochhackigen Schuhen, die eher Waffen glichen.
Schnell stand ich ebenfalls auf und gemeinsam mit Finnick verließ ich den Fernsehwagong.
Vor seinem Zimmer blieben wir stehen und ich blickte ihn fragen an. Ich wollte sicher nicht in das neue Zimmer, dass mir nur klar machte, was ich alles verloren hatte, um dort zu landen.
„Dein Angebot steht noch?", fragte ich deswegen vorsichtig.
Finnick schmunzelte nur und öffnete seine Tür, um mich mit reinzuziehen.
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Senna Quince 3 | Die 70. Hungerspiele
Fanfiction_Teil 3_ Endlich scheint Sennas Leben wieder in geordneten Bahnen zu laufen. Den Tod ihres Vaters einigermaßen verkraftet und die Halluzinationen hinter sich gelassen, lebt sie mit Tarek zusammen in ihrem Siegerhaus. Doch gerade da kommt Finnick m...