Senna Quince 3 | Kapitel 24

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Die Heimkehr nach Distrikt Vier war bittersüß.
Bereits vor Sonnenaufgang war ich wach und angezogen.
Jetzt, wo Annie aus den Spielen war und Sneax nicht mehr bei ihr, schlief sie nur noch einigermaßen friedlich in Finnicks Armen. Deswegen war ich alleine aber wirklich schlafen konnte ich nicht.
Natürlich wollte ich nach Hause zu Tarek und zu meinem geliebten Meer aber gleichzeitig hatte ich die ganze Zeit Snow in meinem Nacken. Das Wissen, bald zu sterben, machte das Leben eindeutig nicht Lebenswerter. Natürlich hatte ich Angst! Ich wollte nicht wirklich sterben. Ich hatte nur die Wahl zwischen mir oder Annie und Finnick. Ich würde es immer wieder so tun.
Es war schwerer, als ich gedacht hätte, niemanden von dem Pakt mit Snow zu erzählen. Ein schwacher Teil von mir wollte es den anderen sagen, damit sie ebenfalls die Zeit, die sie noch mit mir hatten, genießen konnte. Aber ich hatte auch Angst, dass sie wütend auf mich waren, besonders Tarek. Wenn er sich in den letzten Tagen von mir zurück ziehen würde, wäre das mein Untergang. Dann konnte ich auch gleich von den Klippen im Distrikt springen und es hinter mich bringen.
Allein sich von Johanna und Blight zu verabschiede war schwer gewesen. Ich konnte sehen, dass die Siegeri aus Distrikt Sieben etwas ahnte. Johanna war ein schlaues Mädchen, sie wusste, dass etwas nicht stimmte, konnte aber nicht genau sagen, was ich angestellt hatte. Mir war klar, dass sie, nach meinem Tod, Eins und Eins zusammen zählen würde. Ob das etwas gutes oder schlechtes war, konnte ich nicht sagen. Aber ich konte es auch nicht ändern. Wenn es so weit war, würde ich bereits nicht mehr Leben.
Seufzend legte ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe und blickte dabei zu wie die Sonne langsam über den Horizont kletterte. Ich wusste, dass wir sehr früh ankommen würden, aber ich konnte immer noch nicht das Meer sehen. Eigentlich wusste ich, dass es noch eine ganze Weile dauern würde, aber die Sehnsucht war einfach so groß.
„Huch, du bist ja schon wach.", riss Florinas Stimme mich aus meinen Gedanken.
Natürlich war sie auch schon wach. Wahrscheinlich hatte sie sich die letzten drei Stunden gestylt, damit auch ja jedes Jahr dort saß, wo sie es haben wollte. Schließlich wären bei unserer Ankunft überall Kameras und da wollte sie sicher nicht, dass auch nur eine Haarsträhne etwas tat, was sie nicht wollte.
„Ich konnte nicht mehr schlafen.", gestand ich ehrlich und fuhr mir durch die Haare.
Immerhin hatte ich sie gekämmt, ehe ich mich hier hin gesetzt hatte, so dass Florina keinen Herzinfarkt erleiden würde.
„Du freust dich bestimmt nach Hause zu kommen. Und dann erst die baldige Hochzeit.", begann sie zu schwärmen und für einen Moment hatte ich Angst, dass sie sich einfach selber einladen würde.
Florina verschwand jedoch irgendwo in ihrem Kopf, wo sie wahrscheinlich von ihrer eigenen, sicher ganz anderen, Hochzeit träumte. Was es auch war, ich war froh, dass sie wieder ruhig war und ich weiter die Vorbei ziehende Landschaft begutachten konnte.
Auch wenn das Meer noch nicht zu sehen war, kam ich doch nicht umhin zu sehen, wie schön mein Heimatdistrikt war. Damals, als ich die Spiele gewonnen hatte, konnte ich meine Heimfahrt nicht wirklich genießen. An sich war ich erst vor einem halbe Jahr wirklich zurück gekehrt. Annie ging es gerade nicht anders und ich fragte mich ob das sensible Mädchen sich je ganz von den Ereignissen in der Arena erholen würde.
Der Meinung war ich auch noch, als sie und Finnick ebenfalls eine Stunde später zu uns stießen.
Obwohl ihr Stylingteam sich schon eindeutig um Annie gekümmert, sah sie doch mehr aus, wie ein zierlicher Geist neben Finnick. Sie klammerte sich an seinen Arm und ließ ihn auch nicht los, als sie sich an den mittlerweile gedeckten Frühstückstisch setzten.
Ohne ihre Finger von seiner Haut zu entfernen, bereitete Finnick ihr ruhig etwas vor und stellte es dann vor Annie. Wie ein Kind aß sie brav. Immerhin etwas. So würde sie nicht verhungern. Ich hoffte, dass sich ihr Zustand schnell verbessern würde. Vielleicht half ihr die Hochzeit auch in der Hinsicht ein wenig.
Wie sie meinen Tod überstand... Ich konnte nur hoffen, dass es sie nicht zu sehr mitnahm und sie und Finnick sich gegenseitig stüzten.
Mit gezwungenen Lächeln setzte ich mich den beiden gegenüber und tauschte ein paar Blicke mit Finnick aus. Er musste mir nicht sagen, dass er sich ebenfalls Sorgen um das Mädchen, welches er eindeutig liebte, machte. Gleichzeitig konnte ich immer noch die Schuld in seinen Augen sehen. Weil er rebelliert hat musste Annie das Ganze überhaupt durch stehen. In dem Moment wurde mir klar, dass ich es ihm auf keinen Fall sagen konnte. Egal wie sehr ich mir wünschte, dass mein bester Freund wusste, warum dies alles passieren würde, konnte ich es ihm einfach nicht zumuten. Er würde sich auch dafür die Schuld geben und daran zerbrechen. Einer der beiden musste aber stark bleiben. Deswegen musste ich ihm im Dunklen lassen, auch wenn es mir schwer fiel.
Selber brachte ich nichts zu esse herunter, während Annie ein wenig aufzuleben schien. Die Nächte waren meistens am härtesten, besonders kurz nach der Arena. Es war schwierig, aus Alpträumen aufzuwachen, besonders wenn man immer noch im Kapitol war. Egal ob man bereits nach Hause fuhr, oder in seinem Siegerhaus lebte; dass Kapitol war immer da.
Die Zeit zog sich wie Kleber und ich hatte das Gefühl, wir würden nie nach Hause kommen, als Finnick aus dem Fenster blickte und seine Augen regelrecht zu leuchten begannen. Schon ehe ich mich umgedreht hatte, um ebenfalls zu sehen, was er sah, wusste ich, dass wir endlich das Meer sahen. Trotzdem war es schöner, als ich es in Erinnerung hatte.
Die reflextierenden Sonnenstrahlen, die Wellen; alles schien perfekt. Das Lächeln kam wie von selber auf mein Gesicht bei diesem wundervollen Anblick.
Finnick, Annie und ich. Das was wir uns vorgenommen hatten, hatten wir geschafft, wenn auch anders als geplant. Doch das war in diesem Moment egal.
Zuhause. Wir waren endlich wieder Zuhause.


Senna Quince 3 | Die 70. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt