Senna Quince 3 | Kapitel 18

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Das Zimmer lag im halbdunkeln als ich erwachte und im ersten Moment wusste ich nicht einmal wo ich war.
Das Bett war weich aber ein wenig zu weich, das Zimmer zwar elegant aber unterkühlt, als dass es mein Zuhause sein konnte.
Müde rieb ich mir über die Augen als mir wieder klar wurde, dass ich immer noch im Kapitol war.
Seit vier Tagen lief die Arena nun schon. Für die Dauer waren nur wenige Tribute gestorben. Die Karrieros waren schlechte Jäger, machten es aber mit Grausamkeit gut, weswegen das Kapitol trotz allem begeistert von den Spielen war.
Die Leute hier waren wirklich krank...
Unter den nun insgesamten zehn Tote war leider auch das Mädchen von Johanna und Blight. Der männliche Mentor von Distrikt 7 und ich waren da gewesen, als das Mädche weiter in den Bergen herauf klettern wollte. Ein Moment der Unaufmerksamkeit, ein falscher Schritt und sie war abgerutscht. Schreiend war sie in den Tod gestürzt. Immerhin war es tief genug, sodass ihr Tod schnell war.
Trotzdem hatte es an uns genagt, auch wenn es keiner zugeben wollte. Besonders an mir.
Vor vier Jahren hatte ich keine Probleme damit gehabt selber ein Leben zu beenden. Dabei aber zuzusehen viel mir um einiges schwerer als ich gedacht hätte.
Sonst waren die Tage eher langweilig gewesen. Ein paar Gespräche mit Sponsoren, unseren Tributen Essen und Trinken schicken, sodass sie nicht auf eine gefährliche Jagd mussten und schlafen.
Das war es, was ich seit vier Tagen machte und ich hasse es.
Seufzend blickte ich auf die Anzeige der Uhr, um herauszufinden, wie viel Zeit mir noch blieb, bis ich meine Schicht antreten musste.
6:25.
Verwirrt blinzelte ich einen Moment und schaute dann nochmal auf die Anzeige.
Die Zahl veränderte sich nicht.
Genervt stand ich auf und stampfte ins Bad um mich schnell abzuduschen.
Finnick hatte die dumme Angewohnheit seine vier Stunden Schicht zu überziehen. Normalerweise kam dann Johanna, um mich zu wecken, ehe sie meinen Mentorpartner aus dem Mentorenbereich schleifte.
Irgendwie schien Finnick sie nun auch auf seine Seite gezogen zu haben.
Zumindest vermutete ich dies, als ich mir schnellstmöglich etwas über zog und in den Aufzug stieg.
Es schien ewig zu dauern, ehe ich endlich auf der richtigen Etage war. Nervös wackelte ich mit dem gesunden Bein, während ich überlegte, wie ich am besten reagieren sollte. Ich wusste ja, dass sie mich nur schützen wollten aber deswegen war ich nicht hier. Schließlich hatte ich mich deswegen nicht als Mentor gemeldet, sondern eben um Finnick zu ünterstützen. Nicht er sollte auf mich aufpassen, sondern andersherum.
Das wusste ich aber ich schien es meinen Verbündeten noch deutlich machen zu müssen. Als die Fahrstuhltüren aufgingen, drückte ich deshalb auch meinen Rücken durch und straffte meine Schultern. Ich war schließlich Mitglied des Teams und niemand der bemuttert werden musste. Irgendetwas an der Stimmung im Raum ließ jedoch sofort meine Alarmglocken läuten. Ich war noch nicht einmal um die Ecke, zu den Computern und Bildschirmen abgebogen, als ich auch schon wusste, dass irgendetwas nicht stimmen konnte.
Als ich herein kam treten sich einige Köpfe zu mir herum, jedoch keiner meiner Mentorenpartner. Johanna redete mit Blight und allein ihre Haltung zeigte wie angespannt sie war. Da ich Finnick nicht ausmachen konnte, marschierte ich direkt auf die Mentoren aus Distrikt 7 zu und baute mich hinter ihnen auf.
"Was ist passiert?", verlangte ich mit fester Stimme zu wissen, auch wenn ich die Antwort darauf ein wenig fürchtete.
Blight und Johanna tauschten einige Blicke aus und schienen stumm miteinander zu kommunizieren. Irgendwann seufzte Blight auf und schaute wieder zu mir.
"Sneax ist tot.", meinte er mit seiner immer ruhigen und gelassenen Stimme. "Ich war gerade gekommen, als es passiert war."
Ich brauchte einen Moment um die Worte zu verarbeiten und zu verstehen. Sneax, dieser wundervolle und liebenswürdige Junge war tot. Irgendwann musste es passieren und doch traf es mich hart, weswegen ich nur schweigend darauf wartete, dass Blight weiter sprach.
"Die Allianz von Distrikt 1 und 2 haben sie gefunden. Sneax konnte das Mädchen aus 1 töten, danach hatten sie sie jedoch in der Hand. Der Kerl ist komplett ausgerastet."
Er meinte den Jungen aus Eins, sprach aber nicht weiter. Mein Blick huschte zu Gloss, der ebenfalls anwesend war. Sein Blick machte mir Angst. Nicht weil er hämisch grinste, sondern mich beinahe entschuldigend anblickte. Kurz schluckte ich schwer; wusste nicht ob ich wirklich wissen wollte, was genau passiert war.
"Und weiter?", brachte ich krächzend hervor. Mein Mund schien auf einmal trocken, während mein Herz spürbar in meiner Brust klopfte.
"Er hat Sneax geköpft." Blight sagte die Worte mit der störrischen Ruhe, die er immer an sich hatte und doch konnte ich den Horror in seinen Augen sehen. Johanna wandte ihren Blick von mir ab; schien mich nicht ansehen zu können.
"Was?" Meine Stimme war nur ein Flüstern und doch hörte es sich wie ein Peitschenhieb in der Stille des großen Raumes an.
"Annie war dabei Senna.", erklärte nun Johanna. Sie schluckte ebenfalls schwer, ehe sie fort fuhr. "Ich habe noch nie jemanden so markerschütternd weinen hören. Die restlichen Karrieros waren von der Grausamkeit wohl selber überrascht. Monun schaffte es den Jungen aus 2 umzurennen und mit Annie wegzulaufen aber ihr geht es nicht gut."
Natürlich ging es ihr nicht gut! Ihr bester Freund war gerade vor ihren Augen geköpft worden!
Am liebsten hätte ich die Worte laut heraus geschrien, aber es hätte nichts gebracht, ausser noch mehr mitleidige Blicke.
"Wir haben ihr Schlafsirup geschickt. Die Karrieros sind in die andere Richtung abgehauen. Die beiden sind erst einmal sicher. Sie hatte nur noch apathisch dagesessen und still geweint. Wir dachten, dass wäre erst einmal das Beste für sie.", übernahm nun wieder Blight.
"Danke.", brachte ich hervor, als mir klar wurde, dass die beiden Mentoren aus Distrikt 7 sich um meine Tributin gekümmert hatten.
Für sie da waren, als ich geschlafen hatte.
Der Gedanke war bitter und doch erinnerte er mich an etwas anderes äußerst wichtiges.
"Wo ist Finnick?" Die Worte waren noch nicht einmal komplett aus meinen Mund, als Johanna sich sichtlich verspannte und vielsagende Blicke mit Blight wechselte. Hier war noch etwas anderes passiert. Etwas wichtiges.
"Johanna.", begann ich erneut unter Anspannung. " Wo. Ist. Finnick?"
Die Frau aus Distrikt 7 blickte mich kurz entschuldigend an, ehe sie eindeutig frustriert seufzte.
"Er meinte er würde das jetzt klären.", erzählte sie kryptisch und ich schaute sie verwirrt an. Jedoch nur für einen Moment, eher mir selber klar wurde was mein bester Freund damit gemeint hatte. Ich konnte spüren wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich, als die Erkenntnis mich traf.
"Snow.", kam es leise, fast nur ein Flüstern, über meine Lippen. "Er ist zu Snow gegangen."

Senna Quince 3 | Die 70. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt