Senna Quince 3 | Kapitel 21

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Die eiskalten Augen des Präsidente musterten mich weiter, als ich ihm keine Antwort schenkte.
Er wartete einen Augenblick, seufzte dann jedoch.
„Nun ich hätte nicht erwartet, dass Sie freiwillig hier herkommen Senna und doch stehen Sie nun vor mir. Womit habe ich diese Ehre verdient?"
„Sie wisse genau warum ich hier bin.", gab ich zurück. Meine Stimme klang hart und unnahbar. Sie spiegelte genau das Gegenteil von dem, wie ich mich eigentlich fühlte.
Immerhin das schaffte ich gerade irgendwie.
„Eigentlich nicht Senna. Ist es wegen ihrem Freund Finnick? Er scheint ein wenig durch den Wind zu sein, in letzter Zeit.", begann der Präsident ruhig.
„Können wir das lassen?", knurrte ich wütend, ehe ich es verhindern konnte.
Snow schaute natürlich gespielt verwirrt.
„Was meinen Sie?"
„Sie wissen genau was ich meine.", erklärte ich nun weiter, da ich sowieso nicht zurück konnte. „Finnick hat ihre Regeln gebrochen und sie bestrafen ihn mit Annie in der Arena."
„Aber Senna-"
„Nicht!", knurrte ich erneut und unterbrach den Präsidenten. Etwas was er eindeutig noch nicht erlebt hatte, so erstaunt wie er mich anblickte.
„Bitte nicht.", versuchte ich es ruhiger, während ich meinen Körper mit meinen eigenen Armen umfasste. „Lassen sie die Spielchen, dafür hab ich heute keine Zeit. Ich hab ihre Strafe verschwiegen hingenommen, habe ruhig vor mich hingelebt. Verdien ich nun nicht zumindest jetzt auch die Wahrheit, wie damals? Warum Maze sterben musste und ich weiter leben sollte? Wir würden uns beide eine Menge Zeit sparen, wenn wir einfach die Wahrheit sagen. Ich will keine Rache oder an die Öffentlichkeit gehen. Alles was ich will ist Finnick und Annie zu retten."
Snow blickte mich schweigend an und lehnte sich langsam in seinem Stuhl zurück. Eine ganze Weile schaute er mich einfach nur an, schien zu versuchen in meinen Kopf zu sehen.
„Sie haben Recht Senna.", gab er endlich ruhig zu. „Finnick hat sich nicht an die Regeln gehalten und musste bestraft werden. Sein Interesse an dem Mädchen, Annie, ist mir nicht unbemerkt geblieben, weswegen ich es für das Beste hielt, sie dafür zu nehmen."
„Finnick weigert sich jetzt nicht mehr Ihnen zu gehorchen.", fasste ich zusammen, während ich den Mann vor mir nicht aus den Augen ließ.
„Korrekt." Snow nickte, doch auch sein Blick hielt mich gefangen. Als wenn man von einer Schlange beobachtet wurde und sie sich überlegte, ob man den Angriff wert war. „Er hat sich für seine Weigerung mir gegenüber entschuldigt und ist in seinen Dienst zurück gekehrt."
Er sagte nichts weiter, doch es war genug um meine Vermutung zu bestätigen.
„Sie haben nicht vor Annie da raus zu holen.", stellte ich ruhig fest, auch wenn mein Herz erneut zu rasen begann. „Es war nie der Plan Finnick dadurch wieder gefügig zu machen oder?"
Snows Lippen verzogen sich zu einem schrecklichen Grinsen, was mir die Kälte über den Rücken laufen ließ.
„Sie waren schon immer ein schlaues Mädchen Senna.", gestand er gelassen. „Das wir ihn wieder zurück holen würden war so oder so klar. Ob er freiwillig mitmacht oder wir ihn noch mehr zwingen müssen als sonst, spielt dabei keine Rolle. Aber niemand widersetzt sich meinen Regeln und meiner Macht, mag es auch noch so klein sein. Das wissen sie doch am Besten, oder nicht Senna?"
Und wie gut ich dies wusste. In Frustration ausgesprochene Worte hatten mir das Leben gebracht, was ich lebte. Verkrüppelt und mit dem Wissen, dass Leben meines Freundes auf dem Gewisse zu haben. Nur weil zwei Karrieros, Lieblige des Kapitols, die Spiele als Falsch dargestellt hatten und nicht mehr nach den Regeln des Kapitols spielen wollten. Nur weil wir beschlossen hatten, für Maze zu sterben...
„Dabei haben sie jedoch eins nicht bedacht.", warf ich ein, da ich genau mit dieser Aussage gerechnet hatte.
Zwar hatte ich auf etwas anderes gehofft, aber innerlich kannte ich den Präsidenten und seine kalte Bösartigkeit zu gut.
Immerhin hatte ich nun mit meiner Aussage seine volle Aufmerksamkeit. Aufrecht setzte er sich wieder auf.
„Inwiefern?", wollte er wissen und ich holte einen Moment lang tief Luft.
„Sie wollen ihm Annie nehmen, um ihn zu zeigen, dass er sich nicht wehren kann und jedes aufbegehren Menschen Schaden wird, die er liebt.", fasste ich zusammen und wartete bis der Präsident nickte. „Nur das Annie mehr für ihn ist, als nur ein Mensch, den er liebt. Töten sie Annie, töten sie ihn. Selbst wenn sie ihn zu irgendetwas zwingen wollen, wird er sich wahrscheinlich einfach das Leben nehmen, um von ihnen weg zu kommen. Wie würde das Kapitol darauf reagieren? Wenn ihr Liebling den Freitod wählt, obwohl er doch alles hat?"
Snow schien erneut einen Moment zu überlegen, kniff dann aber die Augen zusammen.
„Ich werde ihren Freund aber nicht ohne Strafe entkommen lassen. Jemand muss für seinen Verrat sterben, womit wir wohl in einer Pattsituation wären Sena."
„Vielleicht auch nicht.", murmelte ich leise und schuckte schwer. Für eine Sekunde schloss ich die Augen. Ich sah Tarek vor mir; das Leben, was wir zusammen haben könnten. Doch ich wusste, dass Finnick niemals ohne Annie überleben würde. Dazu hatte Finnick Freunde. Johanna brauchte ihn, Mags... so viele Menschen.
„Sie können mich haben."
Meine Worte waren nur ein Flüstern und doch besiegelten sie ein Schicksal, welches ich nicht erwartet hatte. Ich würde sterben, für Finnick.
„Und wie soll dies mir helfen Senna?"
„Sie wollen jemanden Tod sehen, der Finnick nah ist. Gleichzeitig wollen sie nicht, dass er sich noch einmal verweigert.", zählte ich vorsichtig auf. „Retten sie Annie. Finnick wird denken, es war seine Entschuldigung und Deal, der sie gerettet hat, weswegen er sich ihnen nicht mehr verweigern wird. Ich zahle Finnicks Strafe mit meinem Leben."
„Und wie soll ich ihre Tributin retten, ohne dass ganz Panem weiß, dass ich die Spiele manipuliert habe?", fragte Snow weiter.
Auch dafür hatte ich eine Idee. Der Gedanke, der mir gekommen war, als ich bei Johanna und Blight gewesen war und der mir zu meinem Plan noch gefehlt hatte.
„Der Damm in der Arena.", stellte ich deswegen fest. „Die Karrieros sind nicht mehr zusammen. Niemand der anderen Tribute wird jagen, wodurch die Spielmacher eingreifen müssen. Anstatt Mutationen zu schicken überfluten sie die Arena. Niemand wird darauf kommen, dass Annie dadurch gerettet werden soll. Jedoch ist sie bei weitem die beste Schwimmerin. Sie wird bis zum Schluss durchhalten. Alle anderen ertrinken, sie kommt raus."
Der Präsident beugte sich wieder zurück, lächelte aber eindeutig zufrieden, während ich begann zu zittern.
„Sie haben das ganz genau durchgeplant Senna, nicht wahr? Sie wollen sich also wirklich für ihren Freund opfern?"
„Ja.", brachte ich hervor. Annie würde leben. Finnick würde über meinen Tod hinwegkommen und auch auf Tarek aufpassen. Wir waren jung. Tarek würde sich wieder verlieben, zumindest hoffte ich das. Finnick und Annie würden die Kinder großziehen, die ich niemals haben konnte.
„Unter einer Bedingung." Die Worte kamen aus meinem Mund, ehe ich darüber nachgedacht hatte.
Die rechte Augenbraue des Präsidenten ging nach oben, doch er schwieg.
„Ich möchte in Distrikt 4 sterben. Mir ist bewusst, dass sie ihre Mittel haben, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Alles was ich will, ist Tarek heiraten zu dürfen."
„Damit der Junge, als ihr Witwer, über das Haus und ihre monatlichen Gelder verfügen kann.", schlussfolgerte der Präsident korrekt und ich nickte ängstlich.
Es war das einzige, was ich für den Mann den ich liebte tun konnte, auch wenn ich wusste, dass er es mir niemals verzeihen würde.
Während der Präsident erneut überlegte, sah ich die Zeit, die ich mit dem Jungen aus Distrikt 4 verbringen durfte an mir vorbei rauschen. Zu wenig. Es war einfach zu wenig Zeit gewesen...
„Nun gut Miss Quince.", riss der Präsident mich aus meinen Gedanken und ich blickte ihn erneut an, auch wenn Tränen meinen Blick verschwimmen ließen. „Wir haben einen Deal."

Senna Quince 3 | Die 70. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt