Auktion

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Natürlich fand ich am Buffet keine Tanzpartnerin. Dafür entdeckte ich ein paar köstliche Häppchen mit Käse und Schinken. Zum Nachtisch gönnte ich mir drei kleine Eclairs. Ich aß langsam. Sehr langsam sogar. So langsam, bis sich das Unausweichliche nicht mehr aufschieben ließ.

“Bevorzugst du einen bestimmten Tanz?”, fragte mich Kyle, nachdem ich meinen Teller geleert hatte.

“Möchtest du das wirklich durchziehen?”

Kyle grinste. “Du hast doch nicht etwa Angst?”

“Nennen wir es Respekt”, entgegnete ich, in der Hoffnung, Kyle würde sich umstimmen lassen. Doch dem war nicht so.

“Sieh es als Mutprobe. Oder besser noch als Wette. Wer zuerst aufgibt, verliert.”

“Und dann? Was bekommt der Gewinner?”

Kyle dachte einen Moment nach. Dann antwortete er: “Der Gewinner hat einen Wunsch frei. Ohne Einschränkungen!”

“Also gut”, ließ ich mich widerwillig auf Kyle's Spiel ein. Ich war mir sicher, dass wir keine Minute auf der Tanzfläche überleben würden. Doch ich sollte mich irren.

“Lass uns auf etwas Langsames warten”, schlug Kyle vor, während wir das schmutzige Geschirr zurückgaben. “Ich bin kein sehr guter Tänzer.”

Ich nickte zustimmend und hoffte insgeheim, dass bis zur Auktion nur noch schnelle Songs kämen. Doch natürlich war das nicht der Fall.

Gemeinsam gingen wir in Richtung Tanzfläche. Als ein neues Lied begann, reichte ich Kyle meine Hand. Er zog mich dicht an seinen kräftigen Körper heran und wir begannen uns im Takt der Musik zu bewegen. Ich ließ mich von ihm führen, passte mich seinen Bewegungen an, sodass es nach außen hin wirkte, als wären wir geübt in solchen Tänzen. Natürlich waren wir alles andere als professionell, doch zumindest deutlich besser, als manch anderes Paar, wie mir nach einem kurzen Blick zur Seite bewusst wurde.

Während wir tanzten, spürte ich, wie dutzende Augen auf uns gerichtet waren. Blitze durchbrachen das schwummrige Licht, als wir uns im Kreise drehten. Die Reporter waren begeistert.

Olga würde mich umbringen! Wenn nicht heute, dann spätestens morgen beim Frühstück. Sie würde mich wortwörtlich auseinandernehmen. Ich war so gut wie tot!

Auf einmal kam Kyle noch näher heran. Seine Lippen berührten mein Ohr, als er flüsterte: “Sieh dich nicht um. Vertraue mir.”

Zögerlich wandte ich den Blick von den blitzenden Kameras ab und schaute stattdessen in seine waldgrünen Augen. Kyle lächelte mich an. Diesmal jedoch nicht herausfordernd, sondern vielmehr liebevoll. So als würde er mich verstehen. Als gäbe es nur ihn und mich an diesem verwunschenen Ort. Als wären wir ganz alleine hier und die Musik würde nur für uns spielen.

Ich lächelte automatisch zurück. Mein Umfeld war vergessen. Glück durchströmte mich von Kopf bis Fuß. Ich spürte, wie es in meinem Bauch heftig zu kribbeln begann und wusste zugleich, dass nichts und niemand dieses Gefühl unterbinden konnte. Ich liebte ihn! Liebte ihn mehr, als alles andere auf der Welt. Und ich wollte, dass er niemals ...

Ein plötzlicher Schrei unterbrach den romantischen Moment. Die Musik verstummte. Überrascht schaute ich mich um und entdeckte gleich darauf eine junge Frau, deren weißes Kleid mit Rotwein bekleckert war. Vollkommen aufgelöst, rannte sie durch den Ballsaal und schrie: “Das wirst du noch bereuen!”

“Du undankbares Miststück!”, rief ihr ein grauhaariger Mann hinterher. Ich erkannte ihn sofort wieder. Es war Herr Mettich. Offenbar hatte er sich doch noch nicht mit seiner Tochter versöhnt.

“Ich schätze, die Zwei stehlen uns gerade die Show”, bemerkte Kyle.

“Vermutlich. Aber wir sollten ohnehin langsam gehen. Die Auktion beginnt gleich”, entgegnete ich erleichtert. Scheinbar hatte jemand meine Gebete erhört.

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt