Liebe

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Ich erstarrte. Geschah das gerade wirklich oder war ich längst eingeschlafen und hatte nur einen weiteren unanständigen Traum? Ich fühlte Kyle's warmen Atem auf meiner Haut. Spürte den sanften Druck seiner Lippen. Es fühlte sich unglaublich real an.

Plötzlich begann mein Herz wie wild zu rasen. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Inneren aus, so als würden tausende, winzig kleine Schmetterlinge über mich hinweg flattern. Das hier konnte unmöglich ein Traum sein. Es war real!

Instinktiv schlang ich meine Arme um Kyle, zog ihn fest an mich heran und erwiderte den Kuss voller Hingabe. Eine Million Gedanken stürmten gleichzeitig auf mich ein und Aufregung machte sich in mir breit. Ich konnte nicht fassen, was ich hier gerade tat. Es war eine vollkommen neue Erfahrung für mich.

Kyle blieb auffallend ruhig. Er reagierte auf mein ungestümes Verhalten mit Sanftmut und Geduld. Seine linke Hand wanderte zu meinem Kopf und streichelte mein Haar. Es war eine vertraute Geste, die mich vermutlich beruhigen sollte. Allerdings verfehlte sie ihre Wirkung, denn während seine Finger sich in meinem Haar verfingen, veränderte er seine Position. Er verlagerte sein Gewicht und senkte sich langsam herab, bis ich ihn schließlich direkt auf mich spüren konnte. Seine Beine lagen nunmehr dicht neben meinen.

Mit Vorsicht bewegten sich seine Lippen. Es verging eine halbe Ewigkeit, bis er sie endlich öffnete und mich erstmals mit seiner Zunge berührte. Begierig ließ ich ihn ein. Ich wollte mehr, viel mehr, doch Kyle nahm sich Zeit. Behutsam erkundete er meinen Mund und entfachte damit ein loderndes Feuer in meiner Brust. Eine fiebrige Hitze ergriff von mir Besitz. Ich begann förmlich zu glühen. Zugleich verschwanden alle meine Gedanken in einem großen, schwarzen Loch. Ich vergaß meine Ängste, meine Zweifel und meine Sorgen. Selbst Raum und Zeit waren für mich in diesem Augenblick nicht mehr existent. In meinem Kopf gab es nur noch Platz für eines: Liebe!

Je länger Kyle mich küsste, desto mehr wuchs mein Verlangen. Meine Lust steigerte sich in unermessliche Höhen. Doch er machte keine Anstalten, irgendwie weiter zu gehen. Dabei war ich zu allem bereit. Zumindest zu fast allem. Ich wollte ihn fühlen, wollte ihn berühren, wollte ihn besitzen! Er sollte endlich mein sein. Jetzt und für immer.

Zu meinem Leidwesen konnte Kyle keine Gedanken lesen. Oder er hatte einfach nur andere Pläne. Jedenfalls unterbrach er auf einmal den Kuss und schaute mich schweigend an. Ich hielt den intensiven Blick seiner waldgrünen Augen nicht lange stand. Ungeduldig fuhren meine Hände seinen Rücken hinauf. Das hauchdünne Netzhemd, welches ich dabei unter meinen Fingerspitzen spürte, vergrößerte meine Sehnsucht nur noch mehr.

“Ich schätze, wir passen ganz gut zueinander”, stellte Kyle fest.

“Scheint so. Ehrlich gesagt habe ich nicht erwartet, dass du auf Männer stehst.”

Seufzend richtete sich Kyle auf. “Tue ich nicht. Aber ich stehe auf dich!”

Seine Worte gefielen mir nicht, aber sie erklärten seine Zurückhaltung. “Bedeutet das etwa, du musst dich erst an die Tatsache gewöhnen, dass du mich magst?”, fragte ich leicht verunsichert nach.

“Keine Sorge. Ich hatte ganze fünf Jahre Zeit, um mich daran zu gewöhnen.”

Überrascht riss ich die Augen auf. “Bitte was?”

“Wie gesagt, du gingst mir nicht mehr aus dem Kopf. Darum wollte ich dich auch unbedingt wiedersehen. Nenne es von mir aus Liebe auf den ersten Blick.”

“Und ich habe die ganze Zeit über versucht, mich zurückzuhalten, damit du bloß nicht merkst, was ich für dich empfinde." Peinlich berührt schloss ich die Augen.

Kyle grinste. “Darin warst du nicht sonderlich gut. Ich habe dich schon am Sonntagmorgen durchschaut. Übrigens sind die Wände deines Badezimmers nicht schallgeschützt.”

SeelenverwandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt