Einen wunderschönen guten Sonntag alle zusammen!
Tadaaa... da bin ich wieder! :D
Vielen lieben Dank für eure Geduld und erst recht für all eure unheimlich lieben Feedbacks zum letzten Kapitel. Und natürlich ein herzliches Willkommen an meine neuen Leser - schön, euch hier begrüßen zu dürfen!! <3
Endlich geht es auch hier mal wieder weiter, ich entschuldige mich mal wieder für die lange Wartezeit. ABER wisst ihr was? Ich habe endlich eine neue gute Fee für diese Geschichte gewinnen können, die ab jetzt ein wachsames Auge auf mein Geschreibsel hat und mir nötigenfalls in den Hintern tritt. Hehe.
Ein herzliches Willkommen im Team, Silberwölfchen! *-*
Vielen Dank, dass du hier mitmischen willst und dich nicht von meiner schrägen Persönlichkeit abschrecken lässt, auf gute Zusammenarbeit! ;P
So, jetzt wünsch ich euch allen ganz viel Spaß beim Lesen! Ich hab lange überlegt, ob ich dieses Kapitel nicht besser teilen sollte, weil es so lang geworden ist... aber wie ihr seht, hab ich mich dagegen entschieden. Es gehört einfach zusammen; mein innerer Monk sagt das und der hat immer recht. xD
Habt einen schönen Sonntag, bis zum nächsten Mal!
GlG
Ancarda
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~ Sina ~
„Was meinst du damit?", hake ich leise nach und sehe ihn besorgt an. Zumindest ist es mehr als deutlich, dass dieser ganze unglückliche Streit auch Izou schwer auf der Seele liegt... und Marco ihm nach wie vor etwas bedeutet. „...also falls du mit mir darüber reden willst, versteht sich!"
Nachdenklich sieht er mich daraufhin an, ehe er schließlich mit einem resignierten Lächeln zurücklehnt.
„Im Normalfall bin ich tatsächlich niemand, der mit Fremden einfach so über so private Dinge spricht... aber... nachdem ich mich beim letzten Mal von Anfang an wie der allerletzte Arsch verhalten habe, bin ich es Marco wohl schuldig, mich diesmal gleich wie ein potenzieller Schwager zu verhalten, was?", entgegnet er etwas selbstironisch, greift zu der Teekanne und schenkt uns beiden nach, ehe er zu erzählen beginnt.
„Also gut, um das Ganze besser verstehen zu können, muss ich etwas weiter ausholen. Wie du ja sicherlich sehen kannst, bin nicht unbedingt das, was man unter normal versteht... deshalb bin ich letztendlich auch im Heim gelandet. Weißt du, meine leiblichen Eltern haben sich immer einen Sohn gewünscht, und nach vier Mädchen endlich mich bekommen. Zu ihrem Leidwesen wurde aber recht bald klar, dass ich ganz und gar nicht der Sohn war, den sie hätten haben wollen - ich hab gern die Kleider meiner Schwestern angezogen, am liebsten mit ihren Puppen gespielt und mich an der Schminke meiner Mutter vergriffen. Alle Versuche meiner Eltern, mich in einen echten Jungen zu verwandeln, haben nicht gefruchtet... weder war ich ein Fan von Fußball oder Baseball, noch wollte ich kurze Haare haben oder in ‚coolen' Jungs-Klamotten rumrennen. Ich hab jedes Mal geheult, wenn ich zwangsweise zum Friseur musste und es war jeden Tag ein wahrer Kampf, mich in Jeans und T-Shirt zu zwängen. Weder Belohnungen noch Strafen oder Prügel haben bei mir gefruchtet... ich bin von Natur aus ziemlich dickköpfig, eigenwillig und beratungsresistent, wie du vermutlich sehr schnell merken wirst. Tja, und als ich mich dann mit vierzehn auch noch als homosexuell geoutet hab, war ich schneller im Heim, als ich die Koffer packen konnte..."
Nicht nur er verzieht dabei bitter das Gesicht, auch ich unterdrücke nur mühsam ein erbostes Schnauben. Es ist doch immer wieder erschütternd zu hören, wie oberflächlich die sogenannte Liebe mancher Eltern zu ihren eigenen Kindern ist... wobei man wohl kaum von echter Liebe sprechen kann, wenn die persönlichen, religiösen oder gesellschaftlichen Normen wichtiger sind als das Glück und das Wohlergehen des eigenen Kindes! Davon kann ich selbst ja auch ein Lied singen. Oder Sabo.
„Ich werde nie verstehen, wie einem das eigene Kind so wenig bedeuten kann... wie Eltern ihr eigenes Fleisch und Blut nur lieben können, wenn es auch exakt ihren Vorstellungen oder Erwartungen entspricht! Das ist bitter. Tut mir wirklich sehr leid für dich, Izou...", murmle ich aufrichtig betroffen, woraufhin er mich nachdenklich betrachtet.
„Eigene Erfahrung oder Erlebnisse aus der Arbeit?", will er ruhig wissen. Diesmal bin ich es, die seufzt - und ihm offen antwortet, nachdem er ja auch mir gegenüber so unerwartet offen ist.
„Eigene Erfahrungen... ich war auch nicht die brave, folgsame Tochter, die meine Eltern sich gewünscht haben. Nur leider haben sie mich nicht ins Heim gesteckt, denn da wäre ich eindeutig besser dran gewesen!" Und das ist nichts als die Wahrheit, das hätte mir einiges erspart. Aber natürlich wäre das meinen Erzeugern nie in den Sinn gekommen; was hätte das nur für ihren Ruf bedeutet! Unwillkürlich entkommt mir ein angewiderter Laut, ehe ich mich wieder zusammenreiße und den Faden wieder aufnehme. Um mich geht es hier schließlich nicht. „Und im Heim hast du dann Thatch und Marco kennengelernt, richtig?"
Izou nickt und seine Mundwinkel zucken automatisch nach oben.
„Richtig. Ich war damals so ziemlich auf alles eingestellt, als ich in diesem Heim angekommen bin: auf blöde Sprüche, noch mehr Mobbing, Schläge, Gelächter und ein liebloses, heruntergekommenes Leben im Oliver-Twist-Stil. Was man sich als Kind oder Jugendlicher unter „Kinderheim" eben so vorstellt... aber nie hätte ich gedacht, dass ich so herzlich von meinem späteren Vater empfangen werden würde! Oder dass ich mir das Zimmer mit zwei anderen teilen würde, die nicht ein einziges, abfälliges Wort über meine Klamotten verlieren, mich stattdessen in ihre Mitte nehmen und mit mir erst mal ne Führung durch das ganze Anwesen machen. Apropos: hast du das Heim überhaupt schon mal gesehen?", will er mit sichtlich glänzenden Augen wissen, was mir sofort wieder einen ziemlich schmerzhaften Stich versetzt. Ich verkneife mir ein Seufzen.
„Nein, noch nicht...", gebe ich zu und versuche, mir meine Geknicktheit nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Izou zieht zwar fragend eine Braue hoch, fährt aber ohne zu zögern fort.
„Es ist wirklich ein altes Anwesen, das Vater hat umbauen lassen. Neben dem großen Haupthaus, wo sich die Zimmer der Kinder, die Bäder, die Küche, der Speisesaal und die Aufenthaltsräume befinden, gibt es noch ein Gästehaus, in dem die Betreuer und Vater wohnen, außerdem eine Sporthalle, ein Schwimmteich, ein Fußballplatz und einen Spielplatz für die kleineren Kinder. Alles zwar alt, aber tadellos gepflegt und gemütlich. Du wirst es ja noch selber sehen. Auf jeden Fall hat es selbst meine optimistischen Hoffnungen weit übertroffen. Und... ja, zum ersten Mal in meinem Leben war ich wirklich so richtig glücklich!" Er lehnt sich mit einem fast übermütig klingenden Lachen zurück und zupft seinen Kimono glatt. „Marco und Thatch wurden meine besten Freunde. Wir haben viel Unsinn gemacht, gelacht und noch mehr geredet. Du kannst dir nicht vorstellen, wie gut es mir getan hat, ernst genommen zu werden. Akzeptiert zu sein. Weder die beiden noch Vater haben mir jemals das Gefühl gegeben, mich für irgendwas rechtfertigen zu müssen... und die Begründing für meinen eigenwilligen Kleidungsstil: „weil es mir so gefällt", hat ihnen vollkommen gereicht. Keiner von ihnen hat je versucht, mich zu irgendwas anderem zu überreden oder die Nase gerümpft oder auch nur skeptisch geschaut. Sogar im Gegenteil: sie haben mich beim Shoppen begleitet und mit mir zusammen Stoffe ausgesucht, als sie erfahren haben, dass ich gern nähe. Und als ich alt genug war, hat Vater mir geholfen, eine Lehre in einer Schneiderei machen zu können. Ach, das waren eindeutig die schönsten Jahre meines Lebens..."
Mit einem warmen Lächeln höre ich ihm gebannt zu. Seine glänzenden Augen untermauern diese Aussage nur noch und ich kann nicht anders, als mich für den jungen Izou zu freuen. Ich kann mir eben doch sehr gut vorstellen, wie er sich damals gefühlt haben muss... nach Jahren voller Lieblosigkeit und Alleinsein plötzlich so viel Wärme und Zuneigung zu bekommen! So ähnlich ist es mir ja schließlich erst vor Kurzem auch ergangen, nachdem ich hierhergezogen und bei Shanks und Marco in der Praxis angefangen hab.
„Klingt auch wirklich schön...", stimme ich ihm versonnen zu und nehme einen weiteren Schluck von dem köstlichen Tee. Izou nickt, doch dann wird er plötzlich wieder ernst und er sieht mich auf einmal seltsam an. Irgendwie zögernd und... widerstrebend? Abschätzend? Unschlüssig? Ich kann es nicht wirklich deuten. Besorgt lege ich den Kopf schief. „Stimmt was nicht? Du musst nicht weitererzählen, wenn dir das unangenehm ist... es reicht wirklich, wenn du es Marco...", setze ich erneut an, werde jedoch abrupt unterbrochen.
„Ich hab mich in ihn verliebt", gesteht Izou so unverblümt, dass ich beinahe meine Teetasse fallen lasse. Baff sehe ich ihn an; nicht nur wegen der ziemlich unerwarteten Information, sondern auch wegen der Tatsache, dass er mir etwas SO Persönliches erzählt! Mir hat es grade wortwörtlich die Sprache verschlagen, weshalb ich lediglich ein wenig intelligentes „Äääh..." zustande bringe.
Immerhin entlockt es ihm ein belustigtes Schnaufen, auch wenn sein Lächeln zynisch und eindeutig ein wenig bitter wirkt.
„Unerwartet, ich weiß... zumindest für dich. Im Grunde war es aber fast nur logisch, dass ich mich in einen der beiden Menschen verliebe, die mich als erste vorbehaltlos so akzeptiert haben, wie ich bin... und mich sogar aufrichtig gernhatten. Es hat eben Marco getroffen. Wobei ich mir im Nachhinein nicht ganz sicher bin, ob es tatsächlich ehrliche Liebe war oder ob ich nicht vielmehr in meine Vorstellung von ihm verliebt war...", erklärt er leise und seufzt tief. „Ich hab damals sehr zu ihm aufgesehen, weißt du? Er ist ein Jahr älter als ich und hat zu der Zeit mit Herzblut und unglaublich viel Ausdauer und Zielstrebigkeit für sein Abitur geackert. Ich hatte ja viele Geschichten gehört, wie er gewesen ist, bevor der Unfall mit Thatch passiert ist... und es hat mich so beeindruckt, wie hart ein Mensch an sich arbeiten und dadurch sich selbst und sein Leben verändern kann! Und das, ohne dass er je irgendwie überheblich oder mürrisch oder abweisend geworden wäre. Im Gegenteil, er hat Vater viel im Heim unterstützt und sich zusammen mit mir, Thatch und einigen anderen, älteren Hasen um die neu ankommenden Kinder gekümmert oder ihnen Nachhilfe in der Schule gegeben. Und auch für mich hatte er zu jeder Zeit ein offenes Ohr, wenn ich in meiner Arbeit wieder wegen meines Äußeren Sprüche gedrückt bekommen hab. Ich hab ihn eben einfach angehimmelt und sicherlich auch idealisiert. Vielleicht hätte sich das irgendwann von allein wieder gelegt - oder ich hätte eine freundliche Abfuhr von ihm kassiert, wenn ich vielleicht irgendwann den Mut gefunden hätte, ihm das zu sagen. Aber dann kam Celine..." Schon allein bei der Erwähnung ihres Namens verzieht er angefressen sein hübsches Gesicht... und mir geht es da kein bisschen anders. Ich bin dieser Frau nie begegnet, aber trotzdem hat sie sich auf der Liste der von mir meistgehassten Personen einen Platz in den Top fünf gesichert, gleich hinter Black und meinen Eltern... vermutlich sogar noch vor unserem ach-so-feinen Adoptivbruder Stelly, dieser schleimigen Kröte.
„Bah. Um Marcos Willen wünschte ich wirklich, er wäre diesem Biest nie begegnet! So eine miese Betrügerin hat er einfach nicht verdient!", zische ich erbost in Gedanken an das grausam-falsche Spiel, das sie mit so einem wundervollen Menschen wie Marco abgezogen hat. Izou gibt einen zustimmenden, verächtlichen Laut von sich.
„Das wünschte ich auch. Aber er ist ihr begegnet und hat sich auch noch Hals über Kopf in sie verliebt. Bedauerlicherweise..."
„Ja... leider. Nur hat er ja nicht wissen können, in was für eine falsche Schlange er sich da verliebt... im Gegensatz zu dir", seufze ich - und da wird Izous Gesicht wirklich bitter. Sehr, sehr bitter.
„Falsch. Ich hab sie nicht durchschaut", korrigiert er mich leise, weshalb ich zuerst irritiert die Stirn runzle... doch dann weiten sich meine Augen verstehend. Oh.
„Du... warst eifersüchtig, oder? Nur deshalb konntest du sie nicht leiden...", spreche ich meine Ahnung bekümmert aus und ernte ein knappes Nicken, während er mit grimmigem Gesicht seine Tasse an die Lippen hebt und einen tiefen Schluck nimmt.
„So ist es. Zu der Zeit wäre es völlig egal gewesen, in welche Frau er sich verliebt hätte... ich hätte auch dich dafür gehasst, an seiner Seite zu sein", gibt er erneut völlig unverblümt zu, ehe er sich mit einer angestrengt wirkenden Geste über die Schläfe reibt. „Es war reiner Zufall, dass Celine wirklich ein Miststück war und meine Verachtung verdient hatte... aber das wusste ich lange Zeit nicht. Ich konnte sie einfach nur deshalb nicht leiden, weil sie mir Marco streitig machte und mehr Zeit mit ihm verbracht hat als ich. Und ich hab meine Abneigung ihr gegenüber wirklich bei jeder Gelegenheit raushängen lassen. ICH war also zuerst der Arsch, indem ich mich so ätzend verhalten und Marco damit genauso verletzt hab. Ich... ich hab ihm sein Glück einfach nicht gegönnt und hab es sabotiert, wo immer ich nur konnte. Was letztendlich aber eher dazu geführt hat, dass er noch mehr Zeit mit ihr und immer weniger mit seiner Familie verbracht hat, weil er verständlicherweise keinen Nerv mehr hatte, dass ich Celine ständig angegangen bin. Was sie gleich auch noch zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat, indem sie regelmäßig in Krokodilstränen ausgebrochen ist und das unschuldige Opfer gespielt hat, selbst wenn ich überhaupt nichts getan hatte. Sie war gewieft, ich intrigant... und Marco der Leidtragende. Himmel, wenn ich mir das selber so anhöre, will ich mir gar nicht vorstellen, wie er sich gefühlt haben muss! Wie sehr er drunter gelitten hat..."
Diesmal greife ich tatsächlich nach seinem Arm und drücke ihn mitfühlend; auch wenn ich all die neuen Informationen zu ihrem Streit noch verarbeiten muss - ich kann es einfach nicht sehen, wenn jemand sich so sehr selbst geißelt!
„Izou... jeder macht Fehler, und Marco doch in dem Fall auch. Es war eine wirklich unglückliche Situation, die auf wirklich blöde Art und Weise eskaliert ist...", versuche ich ihn zu trösten. Das Ganze geht mir verdammt nah, aber zugleich wird auch die Hoffnung größer, dass die beiden diesen viel zu lang andauernden Streit nun endlich beilegen können. Denn eins kann ich nun mit Sicherheit sagen: nicht nur Marco leidet darunter und bereut sein Handeln, sondern Izou genauso.
Eben jener sieht mich ein wenig überrascht an, doch dann findet zumindest ein kleines Lächeln den Weg zurück auf seine Lippen.
„Das ist sehr charmant ausgedrückt für die Katastrophe, in der das alles geendet hat... aber danke für die Aufmunterung", entgegnet er mit einem Zwinkern, das mich verlegen meine Hand zurückziehen lässt.
„Wann hast du dann angefangen, wirklich misstrauisch zu werden? Oder war das auch nur ein Zufall?", hake ich stattdessen nach und nehmen einen weiteren Schluck von meinem Tee, um seinem Blick auszuweichen. Er schnaubt belustigt, wird dann aber wieder ernst.
„Nein, es war kein Zufall. Ich hab ein paar Mal mitbekommen, wie Celine Marco um Geld für irgendwas gebeten hat... und einmal hab ich Marco fragen hören, wie viele Schulden sie denn jetzt noch hat. Ihre Antwort war ziemlich vage... das hat mich dann doch tatsächlich misstrauisch gemacht. Vor allem aber hat es mir endlich einen Grund gegeben, Nachforschungen über sie anzustellen - bis dato war das der letzte Rest Anstand, den ich ihr gegenüber noch gewahrt hatte. Und... ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich richtig gefreut hab, als ich tatsächlich fündig wurde. Natürlich hat es mich in erster Linie unglaublich wütend gemacht, dass sie Marco so übel hintergeht, aber da war auch eine Menge boshafte Genugtuung, weil ich nun endlich in der Lage war, ihre Beziehung tatsächlich und ein für alle Mal zu zerstören..." Bei den letzten Worten schließt er kurz geknickt die Augen. Als er sie ein paar Sekunden später wieder öffnet, wirkt er niedergeschlagen. „Weißt du, es hätte wirklich, wirklich viele Möglichkeiten gegeben, wie ich oder auch jemand anderes aus unserer Familie ihm die Wahrheit über Celine hätte erzählen können... ich hätte ihn um ein ruhiges Gespräch bitten können, am besten mit Vater oder Thatch, oder ich hätte es gleich ganz Vater überlassen sollen. Ich bin sicher, er hätte wie auch sonst immer die absolut richtigen Worte finden können, um es ihm so schonend wie möglich beizubringen. Aber nein, ich hab den beschissensten Weg von allen gewählt: ich bin einfach eines Tages unangekündigt bei ihm aufgetaucht und hab ihm meine Beweise regelrecht um die Ohren gehauen. Schonungslos und ohne Umschweife, und ein: ‚ich wusste doch von Anfang an, dass sie ein Miststück ist', hab ich mir natürlich auch nicht verkneifen können. Und jetzt sag mir ehrlich, Sina: wie hätte er denn anders darauf reagieren sollen, als mich hochkant rauszuschmeißen und mir zu sagen, was für ein lügnerisches Arschloch ich bin?!"
Seine dunklen Augen bohren sich sichtlich gequält in meine, sodass ich reflexartig den Mund öffne, um ihn irgendwie in Schutz zu nehmen... doch dann schließe ich ihn wieder und seufze bekümmert.
„Gar nicht...", murmle ich widerstrebend und reibe mir erneut über die Schläfe. Das ist leider wirklich die traurige Wahrheit; auf diese Art hätte wohl niemand anders reagiert, auch ich nicht... obwohl ich es später ebenfalls bereut hätte. Izou atmet schwer aus.
„Eben. Ich hab ihm doch gar keine andere Wahl gelassen! Ganz egal, was er später auch rausgefunden hat: in diesem Moment hat er sie geliebt und für ihn gehörte sie zur Familie - und Marco verteidigt seine Familie bis aufs Blut. Das wusste ich doch aus eigener Erfahrung ganz genau... aber ich wollte das nicht so sehen. Ich wollte sie nie in der Familie haben und deshalb hab ich diese Tatsache wohl auch so vollständig ausgeblendet, als ich ihn derart gedankenlos und brutal damit konfrontiert hab. Hätte ich nur ein bisschen darüber nachgedacht... ich hätte es kommen sehen müssen. Egal wie wahr meine Anschuldigungen auch gewesen sein mögen: es war vollkommen klar, dass er sofort in den Verteidigungsmodus gehen würde, wütend wird und mir nach allem, was ich bis zu diesem Zeitpunkt schon ihr gegenüber gebracht hab, einfach nicht glauben will und mich hochkant rausschmeißt!" Frustriert schüttelt er den Kopf und sieht mich dann grimmig an.
„Und weißt du, was das Schlimmste war? Statt wenigstens zu diesem Zeitpunkt endlich vernünftig zu werden und IRGENDWEM von diesem Vorfall zu erzählen... bin ich noch am selben Abend sauer und beleidigt nach Madrid zu einer völlig unwichtigen Modenschau geflogen und hab mich dort selbst bemitleidet, dass Marco diese hinterhältige Frau wichtiger ist als ich!" Erneut verbirgt er sein Gesicht hinter seinen Händen; seine Stimmte trieft nun geradezu vor Selbsthass. „Sina, du hast keine Ahnung, wie mies es mir ging, als Thatch mich ein paar Tage später angerufen und mir von Marcos Zusammenbruch erzählt hat. Ich weiß nicht, ob oder wie viel er dir über diese Zeit erzählt hat, aber das war... Herrgott, es war wirklich furchtbar. Es hat ihn regelrecht zerstört! Und ich habe dazu beigetragen. Ich war ein... wirklich mieser, beschissener Bruder, nur weil ich meine Eifersucht nicht unter Kontrolle halten konnte! Marco hätte wirklich jedes Recht der Welt, auf MICH wütend zu sein... und bis jetzt dachte ich auch, er wäre es nach wie vor. Was wohl auch der Grund ist, warum ich seither nicht versucht habe, mit ihm zu reden... gefühlt habe ich es einfach nicht verdient, ihm wieder nah zu sein! Und jetzt von dir zu hören, dass ER sich bei MIR entschuldigen will und... und sich auch noch schlecht fühlt meinetwegen... ah, das macht mich grade echt fertig!"
Nach diesen Worten verstummen wir beide erst mal.
Angestrengt fahre ich mir über die Stirn und versuche zu verdauen, was ich grade alles gehört hab. Und das war ja wirklich eine Menge! Vor allem eine Menge Unvorhersehbares... und sehr, sehr Persönliches. Izou hat also alles drangesetzt, um Marco und Celine auseinanderzubringen - im Nachhinein zwar berechtigterweise, aber entgegen von Marcos Überzeugung eben nicht deshalb, weil er ihren miesen Charakter gleich durchschaut hätte, sondern weil er in Marco verliebt und eifersüchtig gewesen ist. Puh... was für eine denkbar unglückliche Situation. Ohne Celine hätten die beiden das bestimmt relativ komplikationslos lösen können, da bin ich mir ziemlich sicher. Schließlich hatten Marco und Izou ja eine sehr gute Beziehung zueinander und grade Marco ist der Inbegriff von Unkompliziertheit und Taktgefühl. Aber soweit durfte es ja nicht kommen.
Zumindest verstehe ich jetzt dank des neuen Blickwinkels die ganzen Geschehnisse deutlich besser als vorher. Und ja, ich kann mir inzwischen auch ziemlich genau vorstellen, wie Izou sich gefühlt haben muss, als er von Marcos Zusammenbruch erfahren hat... man müsste schon blind und taub sein, um nicht zu bemerken, wie wichtig er ihm auch jetzt noch ist.
Nachdenklich trinke ich meinen Tee aus und drehe die leere Tasse zwischen den Fingern herum. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Izou mir, einer quasi völlig Fremden, das alles so unverblümt erzählt hat. Nur leider ist mir grade auch völlig schleierhaft, wie ich nun darauf reagieren soll... oder wie ich den beiden weiterhelfen kann. Wobei: braucht es das überhaupt? Marco will ja ohnehin mit ihm reden und jetzt weiß ich doch, dass Izou dieser Streit ebenfalls sehr belastet und ihm ja eigentlich gar keine Vorwürfe macht. Vielleicht wird das Ganze ja doch sehr viel einfacher, als Marco gedacht hat? Ooooh, das würde mich so freuen für die beiden!
„Ich schätze... ihr habt euch nachher viel zu erzählen, was? Ihr werdet doch wieder miteinander reden, jetzt, wo du weißt, dass Marco überhaupt nicht sauer auf dich ist?", durchbreche ich schließlich etwas zögerlich, aber ungemein hoffnungsvoll die Stille. Izou lässt seine Hände wieder sinken und sieht mich mit einem noch etwas matt wirkenden, schiefen Lächeln an.
„Ich hätte ihn nie abblitzen lassen, wenn er wieder mit mir hätte reden wollen. Wenn ich nicht geglaubt hätte, dass er - zu Recht - wegen meinem eigenen Verhalten nichts mehr mit mir zu tun haben wollen würde, dann wäre ich schon lange selbst auf ihn zugegangen und hätte IHN um Verzeihung gebeten. Auf Knien, wenn nötig", entgegnet er ernsthaft und schüttelt mit einem ungläubigen Schnauben den Kopf. „Himmel, ich hätte nie gedacht, dass er sich die ganze Sache so hindrehen würde, dass ER in seinen Augen am Ende der Alleinschuldige ist! Wenn ich das gewusst hätte... hätte ich ihn schon sehr viel eher sehr kräftig getreten! Und wäre dann auf die Knie gegangen..."
Mir entkommt ein leises Prusten bei seinen letzten Worten, während parallel dazu mein Herz vor Freude schneller schlägt. Die beiden werden sich wirklich endlich wieder vertragen!! Oh Gott, ich bin so verdammt froh... ich weiß ganz genau, wie viel Marco das bedeuten wird!
„Ich bezweifle stark, dass das nötig sein wird. Übertreib es bitte nur nicht mit dem Treten, ich hätte ihn gern am Dienstag einigermaßen heil zurück, ja?", bitte ich ihn belustigt, was ihn jedoch überrascht die Brauen hochziehen lässt.
„Wieso Dienstag? Bist du dieses Wochenende gar nicht dabei?", will er wissen - und mein Lächeln fällt. Oh nein... für einen ganz kurzen Moment hatte ich mein eigenes Dilemma komplett vergessen, aber jetzt ist das schlechte Gewissen sofort wieder da. Schuldbewusst weiche ich seinem Blick aus.
„Nein... ich bleib hier. Aber du musst sicher bald los, oder? Ich will dich nicht aufhalten, es ist bestimmt schon spät!", werfe ich mit einem schnellen Blick auf meine Handyanzeige ein, doch Izou lehnt sich demonstrativ zurück.
„Die eigentliche Party beginnt erst um acht; ich brauche maximal eine knappe Stunde dorthin und gepackt hab ich auch schon; mein Koffer ist im Auto. Also nein, ich habs keineswegs eilig...", entgegnet er zu meinem Bedauern - und mustert mich nun auch noch genau, wie ich aus den Augenwinkeln heraus deutlich sehen kann. „...somit haben wir genug Zeit, damit du mir erzählen kannst, weshalb du so aussiehst, als würdest du dich schon vor deinem ersten Familientreffen nach Kräften drücken wollen. Es ist unmöglich, dass Marco dich nicht eingeladen hat; also warum bist du überhaupt noch hier und nicht bei ihm?"
Uuuuund schon rächt sich diese Begegnung für mich. Verdammt... was soll ich darauf jetzt sagen? Ich kanns ja nicht einmal abstreiten, weil er bedauerlicherweise auch noch vollkommen recht hat. Unglücklich verziehe ich das Gesicht.
„Ja, so gesehen... drücke ich mich wohl tatsächlich davor. Und ich fühl mich auch verdammt schlecht deshalb, aber... es geht grade einfach noch nicht. Ich habs mit Marco besprochen, er versteht es... reicht das?", druckse ich widerstrebend herum und verkneife mir ein missmutiges Seufzen. Ich hasse es, über meine Unfähigkeit zu sprechen... ich habs schon bei Marco gehasst, aber mit seinen lieben Worten und Gesten hat er es schließlich doch aus mir herausgekitzelt. Dementsprechend wenig Lust hab ich allerdings, das Ganze nochmal zu widerholen.
Was Izou allerdings wenig kümmert.
„Nein, das reicht mir ganz und gar nicht", lautet seine schlichte Antwort. Auf meinen unwilligen Laut hin verschränkt er auch noch lässig die Arme hinter dem Kopf und grinst. „Wenn dir das Ambiente dafür nicht passt, können wir zum Reden immer noch in den Horror-Keller gehen! Also schieß los: wo liegt das Problem, weswegen du nicht mitwillst? Wenn du dich deshalb ohnehin mies fühlst, kann das hier ja keine gute Lösung sein mit dem Hierbleiben - und drüber reden ist immer die beste Medizin. Erst recht nach allem, was ich DIR grade so erzählt hab!"
Ungläubig sehe ich ihn an.
„Hey, das hab ich doch überhaupt nicht von dir verlangt! Wieso tust du es dann jetzt bei mir?", empöre ich mich - vollkommen zu Recht! - doch ein einziger Blick in seine unnachgiebigen, stahlgrauen Augen sagt mir, dass ich auf Granit beiße.
„Ich weiß, aber du muss mich auch verstehen: nach dem Desaster mit Marcos Ex macht es mich leider erst mal etwas misstrauisch, wenn sich seine neue Flamme gleich beim ersten Familienfest kneift. Und außerdem bin ich ein super Problemlöser - vorausgesetzt zumindest, ich verursache sie nicht grade selbst. Also schütte mir dein Herz aus und ich werde sehen, ob ich nicht etwas gegen dein schlechtes Gewissen machen kann!", entgegnet er und breitet mit schalkhaft glänzenden Augen auch noch einladend die Arme aus. Ich schüttle fassungslos den Kopf, nicht wissend, ob ich das jetzt charmant oder ärgerlich finden soll, dass er mir Rat anbietet und zugleich die moralische Pistole auf die Brust setzt.
„Was jetzt: traust du mir nicht und willst mir auf den Zahn fühlen - oder sorgst du dich als potenzieller, fürsorglicher Schwager bereits um mich und willst mir helfen?", will ich sarkastisch wissen, was sein Grinsen nur breiter werden lässt.
„Kommt drauf an, welche Nummer zieht denn besser bei dir?"
„Du bist echt ein..."
„...Arsch?" Jetzt lacht er auch noch laut auf. „Ja, das bin ich allerdings, hat Marco das nie erwähnt? Ich seh schon, er hätte dich wirklich besser vor mir warnen müssen als übermäßig gut von mir zu sprechen!" Mit einem gewieften Lächeln beugt er sich vor und schnippt mir spielerisch gegen die Stirn. „Sina, als homosexueller Crossdresser kommst du in diesem Leben nur weiter, wenn du zu einem gewissen Prozentsatz ein Arsch bist und auf die Meinungen und Befindlichkeiten der meisten anderen pfeifst. Ich habs dir vorhin schon gesagt: ich bin dickköpfig, eigenwillig und dazu auch noch gänzlich beratungsresistent... und damit ziemlich sicher auch der hartnäckigste und nervigste von Marcos Brüdern. Also raus damit, wo liegt dein Problem? Meine einzigartige Menschenkenntnis sagt mir, dass du es mir ja doch erzählen wirst, wenn ich dir lang genug auf die Eierstöcke gehe!"
Gegen meinen Willen muss ich lachen, während ich zugleich gegen den Drang ankämpfe, ihn mit meiner Teetasse zu bewerfen. Plus Kanne. Argh, was zum Henker ist das nur für ein Kerl?! Und wieso mag ich ihn, obwohl er tatsächlich ein ziemlich penetranter, unberechenbarer Arsch ist?
„Marco bekommt auf jeden Fall auch einen Tritt von mir, eben WEIL er mich nicht vor dir gewarnt hat - obwohl das mehr als angebracht gewesen wäre!", prophezeie ich deshalb düster, was ihn erheitert glucksen lässt.
„Wird also ein ziemlich hartes Wochenende für ihn. Na, dann leg mal los!", fordert er mich erneut auf und sieht mich verschmitzt-abwartend an. Ich verdrehe geschlagen die Augen und atme tief durch, während ich mich innerlich wappne. Blöderweise ziehen nämlich BEIDE Begründungen für seine Hartnäckigkeit bei mir! Ich kann absolut verstehen, dass ihn mein Verhalten nach all dem Mist mit Celine misstrauisch macht... und zugleich glaube ich ihm auch, dass er jemand ist, der sich um die Menschen in seiner Umgebung kümmert, und nicht einfach so aus Sensationslust fragt. Was soll ich also anderes machen, als ihm auch die Wahrheit zu sagen? Besser, ich bringe es schnell hinter mich... und so nüchtern wie möglich.
„Ich hab echt Panik vor eurem Vater", bringe ich den Kern des Problems also direkt auf den Tisch und atme schwer aus. Auf seinen überraschten Blick hin verziehe ich frustriert das Gesicht. „Ich hab dir vorhin schon gesagt, dass meine Eltern scheiße waren... und zwar wirklich SO scheiße, dass... dass sich wirklich alles in mir dagegen sträubt, jemals wieder irgendeine Art von Elternfigur in meinem Leben zu haben! Allein der Gedanke daran treibt mir den Schweiß auf die Stirn! Versteh mich nicht falsch, Izou... ich freue mich unheimlich für Marco und für euch alle, dass ihr so einen tollen Vater habt und ich glaube euch, wenn ihr sagt, dass er ein wunderbarer Mensch ist, und ich will auch auf gar keinen Fall irgendwie zwischen Marco und ihm stehen! Nur... mir macht die Vorstellung, ihm zu begegnen, echt Angst. Ich hab keine Ahnung, wie ich reagieren würde und... ich will ihm auch nicht vor den Kopf stoßen oder unbeabsichtigt unhöflich sein, weil er ja überhaupt nichts für meinen Knacks in der Birne kann! Und darum... darum bin ich zuhause geblieben. Auch wenn..." Hart schlucke ich, während ich erneut das Bild von der kurzen, aber überdeutlichen Enttäuschung in Marcos Augen vor mir sehe. „...Marco enttäuscht ist, obwohl er's versucht, nicht zu zeigen und Verständnis für alles hat. Aber ich weiß doch, wie gern er mich euch allen vorgestellt hätte... und er will es auch erst tun, wenn ich persönlich dabei bin, also zwinge ich ihn obendrein auch noch indirekt dazu, unsere Beziehung geheim zu halten! Also ja, ich fühle mich wirklich furchtbar mies deshalb - und das ist noch eine witzlose Untertreibung. Und bei dem verzweifelten Versuch, mich irgendwie mit Frustshopping abzulenken, bin ich dir in die Arme gefallen... reicht dir das jetzt?", beende ich meinen Bericht niedergeschlagen und reibe mir angestrengt über die Schläfe.
Izou schweigt zunächst eine Weile, doch ich spüre seinen nachdenklichen Blick auf mir.
„Was war denn der Punkt, mit dem dich deine Eltern so dermaßen tief enttäuscht haben, dass es solche Auswirkungen hatte? Ganz allgemein formuliert?", will er schließlich ruhig wissen, lehnt sich nach vorn und stützt sein Kinn auf seine Handfläche. „Diesmal musst du aber nicht antworten, wenn du nicht willst, keine Sorge..."
Ich schnaube bitter.
„Sie haben mir nicht geglaubt... und mir nicht geholfen. Nicht einmal, als... nicht einmal, als ich sie so verdammt dringend gebraucht hätte. Stattdessen haben sie mich eine Lügnerin genannt... gesagt, dass ich überdramatisiere und mich nicht so anstellen soll. Und dann haben sie mich einfach stehen gelassen...", antworte ich stockend und sehe im Geiste den wütenden, ungläubigen Blick meines Vaters und den entsetzten Ausdruck meiner Mutter vor mir - entsetzt nicht wegen mir oder meinem Befinden, sondern wegen der potenziell rufschädigenden Anklage meinerseits.
„Um Himmels Willen, Kind - sag das doch nicht so laut! Wie kannst du nur so etwas Ungeheuerliches behaupten? Willst du uns so dringend ruinieren? Reiß dich bitte zusammen, das kann unmöglich wahr sein. Du bist ja noch schlimmer als dein Bruder mit seinen haarsträubenden Anschuldigungen!"
Mit einem entschlossenen Kopfschütteln verjage die unerwünschten Erinnerungen an diesen Moment. Weder meine Tränen noch mein Flehen haben sie irgendwie erreicht... deutlicher hätten sie mir kaum zeigen können, wie wenig ich ihnen jemals bedeutet hab. Darum nein, nie wieder werde ich mich so erniedrigen und jemanden um Hilfe anbetteln!
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Izou sanft meine Hand umfasst. Diesmal bin ich es, die ihn überrascht ansieht, was ihm ein schiefes Lächeln entlockt.
„Da haben wir mit unseren Eltern wohl beide ziemlich tief in die Schüssel gegriffen, was?", fasst er die Sache pragmatisch zusammen, was mir immerhin wieder ein leises Schnauben entlockt.
„Ja, allerdings... aber hey, wäre ich wegen dem ganzen Mist nicht aus England geflohen, hätte ich Marco nie getroffen...", entgegne ich, und allein der Gedanke an diesen unglaublichen Mann lässt mein Lächeln zurückkehren.
„...und hättest jetzt auch nicht mich am Hals!", fügt Izou verschmitzt hinzu, was mich nun wirklich auflachen lässt.
„Stimmt. Hab ich deine misstrauische Seite dann damit wenigstens besänftigt?"
Auf diese Frage hin lehnt er sich demonstrativ entspannt zurück und lächelt - allerdings auf eine Weise, die mich seltsamerweise irgendwie Unheil ahnen lässt.
„Hast du, keine Sorge. Damit bleibt also nur dein ausgesprochen kluger, gutaussehender und lösungsorientierte Schwager übrig - und der wird jetzt mit dir die Koffer packen und dich zu Marco bringen!", erklärt er fröhlich... und lässt meine Heiterkeit damit sofort wieder gänzlich verschwinden. Hat der Typ nicht alle Latten am Zaun?! Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Furcht und Empörung starre ich ihn an.
„Ähm... hast du mir grade zugehört? Ich... ich kann da nicht hin!! Mach es doch nicht schlimmer für mich, als es sowieso schon ist!", zische ich ihn erbost an, was ihn jedoch nicht weiter zu stören scheint. Mit viel zu wissenden, schalkhaften Augen begegnet er meinem Blick gelassen.
„Ich habe dir sogar sehr genau zugehört. UND ich kenne meinen lieben Bruder... also kann ich mir auch ziemlich genau vorstellen, dass er dich bei eurem Gespräch darüber ausschließlich mit Samthandschuhen angefasst hat und außer größtem Verständnis und ganz viel Zuneigung nicht mal den allerkleinsten Versuch unternommen hat, dich zu ermutigen, das Ganze rational zu betrachten oder dich gar zum Mitkommen zu überreden, damit du dich deinen Ängsten stellst, hab ich recht?", vermutet er gewitzt und beobachtet mich sehr genau. Auf mein überrumpeltes Schweigen hin wird sein Lächeln breiter. „Dachte ich es mir. Wie wir vorher schon festgestellt haben, ist sein Familiensinn riesig - und für ihn gehörst du sicherlich schon längst zur Familie, darum betrachtet er unseren Vater ganz selbstverständlich auch schon als deinen. Aber Fakt ist..." Er lehnt sich so weit wie möglich über den Tisch und tippt provokativ gegen meine Stirn. „...du gehörst eben noch NICHT zur Familie. Und Edward Newgate ist auch NICHT dein Vater!"
Perplex und ziemlich überrumpelt von dieser vollkommen nüchternen Aussage blinzle ich ihn an.
„Ich... nicht...?", flüstere ich mit plötzlich zugeschnürter Kehle, während ich versuche, das Gesagte einzuordnen. Izou lehnt sich wieder zurück und sieht mich offen an.
„Nein. Es ist MARCOS Familie und MARCOS Vater. Du bist seine neue Partnerin - nicht mehr und nicht weniger in diesem Moment. Ob oder wann du zu unserer Familie gehören willst oder nicht, bleibt allein deine Entscheidung... und die wirst du auch nicht heute oder morgen oder übermorgen treffen, ganz egal, ob du an diesem Fest teilnimmst oder nicht", erklärt er sachlich und mustert mich aufmerksam. „Marco hat dir aber genau dieses Gefühl unbewusst vermittelt, stimmts? Eben weil seine Familie alles für ihn ist, kann er da nur schlecht objektiv sein - und weil du ihm ja ziemlich sicher sehr viel bedeutest, will er natürlich, dass du dazugehörst... auch wenn er es nicht laut ausspricht. Aber das setzt dich ganz schön unter Druck, hab ich recht?" Fragend legt er den Kopf schief - und bei allem, was mir heilig ist: ich kann nicht in Worte fassen, welche unfassbar große Erleichterung mich in diesem Moment durchströmt. Ehrlich! Für die meisten anderen wären diese Worte wohl hart oder verletzend und eine gefühlte Zurückweisung gewesen, aber nicht für mich. Sogar ganz im Gegenteil... mir kracht hier grade wirklich ein ganzer Gebirgszug von meinem Herzen. Einer, von dem ich nicht mal wusste, dass er da war!
Schwer atme ich aus und streiche mir fahrig über die Augen.
„Ist schon irgendwie schräg, wenn sich jemand drüber freut, dass er irgendwo NICHT dazugehört, oder?", murmle ich selbstironisch und sehe mit einem schiefen Lächeln zu Izou, der amüsiert schnaubt.
„Schon irgendwie, aber vergiss nicht, in welcher Gesellschaft du dich befindest - alle aus meiner Familie sind irgendwie schräg. Oder haben einen ziemlichen Schaden, immerhin ist keiner zum Spaß in einem Heim für Schwererziehbare gelandet. Aber was solls, letztendlich haben wir einander, und das ist alles, was zählt! Und in den Kreis der Vollzeitverrückten darf ich dich doch immerhin herzlich aufnehmen, oder?"
Mir entkommt ein Glucksen.
„Ah, ja... ich glaube, da bin ich ganz gut aufgehoben...", entgegne ich erheitert. Zufrieden klatscht Izou in die Hände und steht schwungvoll auf.
„Na wunderbar! Dann räumen wir hier noch kurz auf und dann fahren wir zu dir, um deine Sachen zu holen!", erklärt er geschäftig, was meine Züge jedoch direkt wieder entgleisen lässt.
„Wir...WAS? Nein! Ich hab noch nie gesagt, dass ich mitgehe! Glaubst du ernsthaft, du hast meine Angst wie durch Zauberei mit ein paar Worten verschwinden lassen können?", wehre ich empört ab, stehe aber trotzdem auf, um ihm beim Abräumen zu helfen. Der Angesprochene hebt jedoch nur unbeeindruckt eine Braue.
„Nein, mir ist klar, dass du immer noch Schiss hast. Aber du schaffst das schon! Ich kann auch die ganze Zeit Händchenhalten, wenn dir das hilft... wir geben sicher ein süßes Pärchen ab, wenn wir gemeinsam die Gangschaltung betätigen!", schlägt er rotzfrech vor - und nimmt mir flink die Teekanne aus der Hand, um sie in die Spüle zu stellen.
Schade. Sehr schade.
„Danke, aber ich verzichte. Auf deine Hand und deine zweifelhafte Hilfe. Ich fahr da nicht hin, und damit endet diese Diskussion!", stelle ich schnippisch klar, drehe mich entschieden von ihm weg und schnappe mir meine Handtasche. Mein schlechtes Gewissen plagt mich schon schlimm genug, und er? Macht alles doppelt so schlimm und lässt mich noch mehr an meiner Entscheidung zweifeln! Ernsthaft, Marco wird sich nach diesem Wochenende mehr als nur einen Tritt einfangen, weil er bei all seinen sentimentalen Beschreibungen seines Bruders offenbar ein ganz entscheidendes Detail vergessen hat! Doch ich habe noch nicht einmal einen Schritt Richtung Tür gemacht, als...
„Na schön, dann trägst du ab heute eben den Titel ‚feiges Huhn auf Lebenszeit'!"
Abrupt halte ich inne, drehe mich erneut zu ihm und sehe ihn ungläubig an. Das war doch jetzt nicht... er zitiert jetzt nicht ernsthaft... nein, oder? Er grinst lausbubenhaft.
„Jeden Morgen, wenn du aufwachst, sag ich ‚guten Morgen, feiges Huhn!' und auf deiner Hochzeit singe ich Gaaaack gack gackgack, Gaaaack gack gackgack..."
Doch, er macht mir hier echt den Homer Simpson! Er hat den kleinen Spiderschwein-Anhänger an meiner Handtasche gesehen und hält mich offenbar für kindisch genug, damit er mir die ganze Misere hier als Mutprobenwettbewerb verkaufen kann, oder? Oh nein, mein Freund. Das funktioniert nicht!! Egal wie gern ich aus Zeichentrick- oder Animationsfilmen zitiere! Mit manisch zuckendem Augenlid, aber ansonsten eisern ausdruckslosem, hart erarbeiteten Shanks-Pokerface atme ich tief durch.
„Wenn du willst, dass ich nackt auf einem Skatebord zu Krusty-Burger fahre, bist du nah dran!", entgegne ich trocken, was ihn vergnügt auflachen lässt.
„Wunderbar, dann sind wir ja nur noch einen Flügelschlag davon entfernt, dass du dich angezogen zu mir ins Auto setzt und dich ganz bequem zu Marco chauffieren lässt", lautet seine unverfrorene Antwort. Auf meinen Todesblick hin feixt er - und gleich darauf flattert dieser theoretisch erwachsene Mann ernsthaft mit den Ellbogen, wunderschön unterstrichen von seinem wehenden Kimono-Ärmeln. „Gaaaack gack gack! Komm schon, sei kein feiges Hühnchen! Gack gaaack..."
Und verdammt, nicht mal Shanks' hartes Training ist dem gewachsen. Gänzlich gegen meinen Willen pruste ich los und muss derart heftig lachen, dass mir die Tränen über das Gesicht laufen und ich mich am Tisch festhalten muss, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das war grade das mit Abstand Albernste, das ich in meinem ganzen Leben je gesehen hab - UND WIESO FUNKTIONIERT DAS AUCH NOCH?!?!
„Ich... ich hasse dich... ernsthaft... ich hasse dich!", japse ich schließlich atemlos, gefangen in einer völlig aussichtslosen Mischung aus Unglaube, Heiterkeit, Empörung und nervöser Resignation. Was diesem Mistkerl keineswegs entgeht.
„Na, zum Glück bleibt mir die ganze Autofahrt noch Zeit, um das wieder zu ändern", strahlt er mich sichtlich zufrieden an und zwinkert mir verschmitzt zu. „Vielleicht kann ich ja direkt schon einen Anfang machen, indem ich dir ein neues Outfit spendiere? Plus Makeup, deins ist nämlich seltsamerweise ein klein wenig verwischt. Hast du geweint?"
Diesmal habe ich keinerlei Skrupel, ihn mit meiner Handtasche zu bewerfen, was ihm immerhin ein verdientes „AU!" entlockt. Entrüstet starre ich ihn an.
„So veränderst du ganz sicher nichts!", zische ich und sammle meine Tasche wieder ein. Dabei fällt mein Blick zufällig auf die Kleiderstange von vorhin und ich lasse mir seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Auch, wenn mir der Popo grade mächtig auf Grundeis geht bei dem Gedanken daran, auf was ich mich hier dank diesem Mistkerl grade einlasse: vielleicht kann ich daraus ja wenigstens auch noch etwas Schönes für mich ziehen? „...es sei denn, du spendierst mir dieses Kleid. Das wäre dann zumindest VIELLEICHT ein Anfang..."
Sofort wird Izous Miene berechnend.
„Oh, das geht leider nicht. Jetzt, wo ich so drüber nachdenke, ist das viel zu teuer, um es einfach wegzugeben... aber du darfst dir gern ein anderes Outfit aussuchen. Oder aber du arbeitest das Kleid bei mir ab, indem du mir Modell stehst! Was hältst du davon?", bietet er mir GROSSZÜGIG an, was meine Brauen steil nach oben schießen lässt.
„Verstehe ich das grade richtig, dass du mich hier erst quälst, indem du mich zu etwas nötigst, das mir Angst macht, mir dann eine Entschädigung anbietest und mich dann völlig kaltherzig eben jene Entschädigung - die Einzige, die ich haben will! - bei dir abarbeiten zu lassen und mich so auch noch um einen Zusatzverdienst prellst?", fasse ich trocken zusammen. Gespielt grübelnd tippt er sich ans Kinn.
„Ich hätte es etwas charmanter formuliert, aber... ja, so in etwa kommt das hin", gibt er frei heraus zu - und entlockt mir damit ein gespielt enttäuschtest Seufzen.
„Dann muss ich leider ablehnen, auch die neue Schminke. Bring mich einfach so zu Marco, er wird mich ganz sicher ganz lieb trösten, wenn ich total verweint und ängstlich an deiner Seite auf der Party auftauche...", entgegne ich unschuldig... und ebenfalls gänzlich schamlos. Gleich darauf muss ich mich arg beherrschen, um nicht laut „HA!" zu rufen, als Izous triumphierendes Lächeln abrupt erlischt - und ich für einen winzigen Augenblick einen Anflug von Nervosität in seinem Blick sehen kann. Sieh an, da hat wohl jemand doch ein bisschen Schiss vor dem großen Br... Mooooment. Mein Ausdruck wird lauernd. „Warte mal, mein lieber Schwager... kann es sein, dass du mich nur so dringend mitnehmen willst, weil du doch irgendwie Angst davor hast, wieder mit Marco zu reden, und mich als Zeichen deiner Reue wie eine Art Opfergabe präsentieren willst?!"
Izou schweigt einen Augenblick lang verblüfft, doch dann zucken seine Mundwinkel verdächtig und ein unschuldiges Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.
„Erneut hätte ich es charmanter ausgedrückt, aber... ja, möglicherweise hat auch das zu einem gewissen Prozentsatz eine Rolle gespielt. Aber zu mindestens achtzig Prozent mach ich es, weil ich es tatsächlich für das Richtige halte! Oder zu siebzig...", antwortet er mit bestechender Ehrlichkeit, die mich halb empört, halb belustigt schnauben lässt. Dieser Typ ist wirklich unberechenbar... aber gerade deshalb hab ich nicht vor, diese Chance ungenutzt zu lassen. Entschlossen verschränke ich die Arme.
„Soll also heißen, dass ich DIR mit meiner Anwesenheit genauso helfe würde wie mir selbst - oder besser gesagt Marco. Interessant. Also wie lautet dann nun dein verbessertes Angebot? Bisher hab ich außer Panik nämlich noch nichts von dieser ganzen Sache", stelle ich klar und sehe ihn herausfordernd an. Er neigt anerkennend den Kopf, während er mich mit glänzenden Augen mustert.
„Hmmm... also schön, machen wir einen Deal", entgegnet er dann geschäftig. „Ich biete dir also ein neues Outfit für heute Abend an PLUS dem Kleid. Das wäre für die Geburtstagsparty nämlich leider etwas overdressed; Vater hält überhaupt nichts von Förmlichkeiten und deshalb zieht da auch niemand was Besonderes an. UND ich biete dir eine bezahlte Arbeit in meinem Atelier an... ohne Horror-Keller und Splatter-Film!"
Mit einem breiten Schmunzeln lasse ich mir sein Angebot durch den Kopf gehen. Es kostet mich ziemliche Mühe, nicht entzückt loszuquietschen; immerhin hab ich nicht nur dieses göttlich schöne Kleid gänzlich umsonst ergattert, sondern darf auch noch weitere schöne Klamotten anziehen - MIT Nebenverdienst! Wobei... nein, umsonst ist es ja nun eigentlich nicht. Als ich daran denke, was auf mich zukommt, schnürt es mir augenblicklich wieder die Kehle zu und ich frage mich, ob ich das wirklich durchziehen kann. Offenbar ist mir die Panik auch anzusehen, denn Izou, der mich keine Sekunde lang aus den Augen gelassen hat, tritt auf mich zu und klopft mir beruhigend auf die Schulter.
„Ganz ruhig, das wird schon. Denn hey, denk doch nochmal ganz objektiv nach: im Grunde gibt es gar keine bessere Gelegenheit, um das Kennenlernen möglichst unkompliziert hinter dich zu bringen! Auf der Party werden mehrere hundert Leute sein, was gar nicht viel Zeit für ausführliche Gespräche lässt. Vater wird dich herzlich begrüßen, sich wie ein Kind an Weihnachten freuen, mich und Marco gründlich verhauen und sich dann glücklich seinem Sake widmen. Zumal mit absoluter Sicherheit auch noch jeder unserer Brüder und Freunde dich als Marcos neue Freundin kennenlernen wollen wird... du wirst also gut beschäftigt sein. Und dabei permanent dankbar dafür sein, dass du NUR eine Eltern-Phobie hast und keine Berührungsängste oder Sozialphobien, das wäre nämlich ein weitaus größeres Problem. Denk immer dran, dass das einfach nur Marcos Vater ist und nicht deiner! Zumal er sich dir auch in keiner Weise aufdrängen wird; er hat ein noch besseres Gespür für Menschen als ich", erklärt er absolut aufrichtig, ehe sein Blick erneut spitzbübisch wird. „Oder muss ich tatsächlich nochmal gackern?"
Allein die Erinnerung lässt mich erneut losprusten und ich schüttle entschieden den Kopf.
„Nein, auf gar keinen Fall! Du verdirbst mir den ganzen Simpsons-Film, ich kann den jetzt schon nicht mehr anschauen, ohne an dein Geflatter zu denken!", beschwere ich mich gespielt tadelnd und beiße mir noch immer stark zweifelnd auf die Lippen. Man, ich hab noch immer so wahnsinnigen Schiss, aber was Izou gesagt hat, klingt ja irgendwie schon einleuchtend... vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm, wie ich es mir ausgemalt hab? Wenn es wirklich nur wenig direkten Kontakt mit Marcos Vater gibt... dann krieg ich das irgendwie hin, oder? Und Sabo ist ja auch da, und Ace und Thatch... und es wird das Marco eine Riesenfreude machen, wenn er mich doch vorstellen kann. Nein, es würde ihn sogar wirklich glücklich machen. Dieser Gedanke - und die Vorstellung seines atemberaubenden Lächelns - ist es, der mich meinen ganzen Mut zusammenkratzen lässt. „Also gut, dann beschließen wir diesen Hühner-Deal, du Gockel. Wir fahren zusammen da hin; du sorgst dafür, dass ich Fahrt, Ankunft und Begrüßung überlebe, ohne ohnmächtig zu werden oder doch wegzurennen, und ich spiele dein Opferlamm und verzeihe dir, dass du mich hier auch noch schamlos ausbeuten wolltest. Und mich gequält hast. Wobei..." Nachdenklich halte ich inne, als mir da noch ein Gedanke kommt... einer, der mir ein sehr breites Lächeln auf die Lippen zaubert. „...jetzt, wo ich drüber nachdenke... die Arbeit bei dir nutzt dir ja genauso viel wie mir, also zählt das nicht. Es gäbe da allerdings noch etwas anderes, was ich als kleine Gegenleistung akzeptieren würde!"
Halb neugierig, halb skeptisch sieht er mich an.
„Und das wäre...?", will er interessiert wissen, weshalb ich mich ein Stück zu ihm neige und ihm meine Bedingung ins Ohr flüstere. Kaum bin ich fertig, lacht er erheitert los.
„Ist das wirklich so ein Problem?", will er höchst amüsiert wissen, was ich mit einem vollkommen ernsten Nicken quittiere.
„Ist es, glaub mir. Also?"
Noch immer grinsend hält er mir die Hand hin.
„Einverstanden. Von meiner Seite aus steht der Hühner-Deal, wie siehts mit dir aus? Machen wir Marco eine doppelte Freude oder bist du doch ein feiges Huhn auf Lebenszeit?", fragt er, sehr wohl wissend, dass er mir damit erneut sowohl die moralische Keule überzieht als auch meine leider doch zu stark ausgeprägt kindische Seite herausfordert.
„Du bist ein Arsch und ich hasse dich!", lautet deshalb mein trockener Kommentar, als ich mit einem ausgesprochen flauen Gefühl im Magen einschlage. Seine Antwort darauf ist jedoch lediglich ein übermütiges Lachen, als er den Arm um meine Schulter legt und mich zurück in den Verkaufsraum bugsiert.
„Ach, was. Wird sicher halb so schlimm! Wir suchen dir jetzt ein paar Klamotten aus, machen dich wieder hübsch und holen schnell deine restlichen Sachen, dann sind wir auch schon unterwegs. Du siehst übrigens ein bisschen blass um die Nase aus, brauchen wir einen Kotzbeutel fürs Auto, geliebte Schwägerin?"
Ich schwöre, wenn ich nicht ganz sicher wüsste, dass ich diesen Blödmann für die kommende Fahrt und die Ankunft als zu groß geratenen Therapiehund brauchen werde, er hätte seinen Splatterfilm noch bekommen. Ohne Umweg in den Heizungskeller.
„Dir zuliebe werd ich ihn garantiert verfehlen, Schwager..."
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Trust in Me
FanfictionReallife - Nach einer katastrophalen Beziehung hat Marco das Interesse am weiblichen Geschlecht verloren. Zumindest, bis er nach seinem Urlaub eine neue Arzthelferin in seiner Praxis vorfindet. Sofort weckt der kupferhaarige Wirbelwind sein Interess...