Stranger

Mistake

Als Minho nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag nach Hause kam, spürte er die Erschöpfung in jedem Muskel seines Körpers. Sein Kopf war immer noch voll von Gedanken an die Nacht mit Jisung, an das Chaos, das sich seitdem in ihm aufgestaut hatte. Er hatte gehofft, die Arbeit würde ihn ablenken, doch es war, als würde sich die Verwirrung nur tiefer in ihm verankern.

Als er die Wohnungstür aufschloss, bemerkte er sofort, dass Chan bereits zu Hause war. Minho war sich nicht sicher, wie er ihm begegnen sollte. Sie hatten seit seinem Geständnis – seit er Chan erzählt hatte, dass er Jisung kannte und von ihrem One-Night-Stand – nicht mehr miteinander gesprochen. Chan wusste nicht, dass Minho die Nacht bei Jisung verbracht hatte. Vielleicht dachte er sogar, Minho hätte wie er die Nacht durchgearbeitet.

Chan saß auf der Couch, sein Laptop auf dem Schoß, doch als Minho hereinkam, schloss er ihn und stellte ihn zur Seite. Sein Blick war unsicher, fast zögerlich, als er Minho musterte. Es war klar, dass er etwas sagen wollte, und Minho ahnte bereits, worum es ging.

„Minho," begann Chan vorsichtig, seine Stimme klang rau, als ob er den richtigen Weg suchte, sich zu entschuldigen. „Es tut mir leid... für meine Wut. Ich hätte nicht so reagieren sollen." Er sah Minho an, fast flehend. „Jisung und ich... wir waren nie offiziell ein Paar. Und du... du wusstest nicht, dass dein One-Night-Stand er war. Du hast ihn damals nicht gekannt. Es war unfair von mir, dir die Schuld zu geben."

Minho blieb still, ließ Chan ausreden. Die Spannung zwischen ihnen war spürbar, aber nicht so feindselig wie zuvor. Minho erinnerte sich an die Wut, die Chan ihn hatte spüren lassen, als er die Wahrheit erfuhr – die Verwirrung und der Schmerz, der zwischen ihnen gehangen hatte, seit er gestanden hatte, dass Jisung dieser „unbekannte" Mann aus seinem Urlaub war.

Chan fuhr fort, sein Ton wurde weicher: „Ich habe Jisung erst nach diesem One-Night-Stand kennengelernt, und wir hatten auch nie darüber gesprochen. Wie hättest du es wissen sollen?" Chan schüttelte leicht den Kopf, als ob er versuchte, die ganze Situation zu verstehen und zu verarbeiten. „Ich... ich weiß, dass ich überreagiert habe."

Minho sah Chan an, und für einen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen. Ein Teil von Minho wollte sich in diesem Moment nur zurückziehen, sich in sein Bett legen und die Realität hinter sich lassen. Die ganze Situation hatte ihm viel abverlangt, emotional wie auch körperlich. Er war erschöpft, und das Gespräch mit Chan, so notwendig es auch war, ließ ihn sich noch schwerer fühlen.

„Danke, dass du das sagst," sagte Minho schließlich leise, seine Stimme heiser vor Müdigkeit. „Aber ich brauche Zeit. Ich kann das gerade nicht alles verarbeiten." Er sah Chan kurz an, dann wandte er sich ab und ging in Richtung seines Zimmers.

Chan nickte langsam, auch wenn Minho es nicht sah. „Klar... ich verstehe," sagte Chan, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Er wusste, dass Minho Zeit brauchte, um mit allem klarzukommen, aber er hoffte, dass sie das irgendwann gemeinsam durchstehen würden.

Minho erreichte sein Zimmer, öffnete die Tür und ließ sich müde auf das Bett fallen. Der Gedanke an Jisung, an Chan und an alles, was zwischen ihnen stand, ließ ihn nicht los, aber im Moment konnte er nichts anderes tun, als zu schlafen und zu hoffen, dass die Dinge morgen klarer erscheinen würden.

Felix erreichte die Wohnung von Chan und Minho und klingelte, noch leicht außer Atem von der Hektik des Tages. Als die Tür summte, nahm er die Treppen zwei Stufen auf einmal und erreichte schnell die Wohnung. Chan öffnete die Tür und begrüßte Felix mit einem freundlichen Lächeln.

„Hey, Felix. Komm rein," sagte Chan und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen. Felix nickte und trat kurz in die Wohnung, wusste aber, dass er nicht viel Zeit hatte. „Ich kann nur kurz bleiben. Ich muss gleich zum Flughafen," sagte Felix, während er das zusammengefaltete Shirt aus seiner Tasche zog. „Ich wollte nur das hier vorbeibringen. Ich dachte, es gehört dir."