Chapter 43

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Soley

Ohne Vorwarnung hob Cassi eine Hand und schon im nächsten Moment, war sie verschwunden. Verdutzt starrte ich auf die Stelle, wo sie eben noch gestanden hatte.

„Cassi?", rief ich leise und nahm einen leichten Windhauch neben mir war. Ich zuckte erschrocken zusammen und sprang einen Schritt zur Seite. Ein helles Lachen ertönte und schon im nächsten Moment tauchte Cassi wieder neben mir auf. 

„Du kannst ja ängstlich gucken.", lachte sie und hielt sich den Bauch vor Lachen. Ich verzog die Miene und rollte genervt mit den Augen. Cassi strich sich die Lachtränen aus den Augen und klatschte einmal in die Hände. 

„Also, im Buch findest du die genaue Anleitung dazu. Du wirst von mir keine Tipps mehr bekommen.", sagte sie und deutete mit einer Hand auf das Buch. Ich warf zögernd einen Blick darauf, während sie mir aufmunternd zu nickte. 

„Bald werde ich wieder zum Onyx zurückreisen, also wirst du alleine klar kommen müssen.", fügte sie so beiläufig hinzu, dass ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckte. 

„Aber warum bleibst du nicht hier?", fragte ich und könnte mir ein Leben ohne sie hier gar nicht vorstellen. Mit wem sollte ich sonst lachen und den Tag verbringen? Mit wem sollte ich mich sonst über alle anderen Leute aufregen?

„Soley.", sagte sie mit einem sanften Ausdruck in den Augen und einen Hauch Trauer. Doch weswegen?

„Ich habe ein Königreich zu führen.", sagte sie und lächelte schief. Doch ihr Lächeln verrutschte und sah eher wie eine schaurige Grimasse aus. 

„Möchtest du denn regieren?", fragte ich und sah sie aufmerksam an. 

„Nein. Doch ich muss es tun.", antwortete sie ehrlich und deutete dann mit einem Nicken wieder auf das Buch. Ich wandte mich seufzend dem Buch zu und studierte den Zauber ausgiebig. Ich musste es eigentlich hauptsächlich mit meiner Vorstellungskraft und der Magie in mir anstellen. 

Greif einfach nach der Magie und stell dir vor, wie du unsichtbar wirst...

Doch es war gar nicht mal so einfach wie es klang und nach drei erfolglosen Versuchen stöhnte ich frustriert auf. 

„Befreie dich von deinen Gedanken und konzentriere dich einzig und allein auf den Zauber, den du sprechen möchtest. Du darfst dich auch in stressigen Situationen nicht aus der Ruhe bringen, denn sonst kannst du das mit der Magie knicken.", sagte Cassi und setzte sich auf einen der großen Steine. Sie ließ die Füße im Wasser baumeln und sah dabei so entspannt aus, dass ich mich wieder dem Zauberbuch zu wandte. 

Ich atmete tief durch und konzentrierte mich entschlossen auf das Buch. Ich murmelte leise den Zauber und griff dabei nach der warmen Magiequelle tief in mir drin. Plötzlich bemerkte ich ein Kribbeln, das durch meinen ganzen Körper verlief und ich musste ein Kichern unterdrücken.

Dann drehte ich mich zu Cassi um, in der Hoffnung sie würde mich nicht sehen. War ich wirklich unsichtbar? Ich sah an mir selbst herunter und sah nichts. 

Ich war unsichtbar! 

Vor Freude quietschte ich und hopste auf und ab. 

„Gute Arbeit, du hast es geschafft! Aber du darfst keinen Ton machen, wenn du dich unsichtbar machst. Dein Feind kann dich sonst hören und enttarnen.", sagte Cassi und deutete mit ihre, Zeigefinger auf mich. Wieder ging ein Kribbeln durch meinen Körper hindurch und als ich an mir hinunter sah, war ich wieder sichtbar. 

„Wie bemerke ich jemanden, der sich getarnt hat und kein Geräusch macht?", fragte ich neugierig. 

„Diejenigen, die den Tarnzauber benutzen, strömen eine besondere Aura auf und besonders wachsame Zauberinnen und Zauberer, können diese Aura spüren. Doch dieser Prozess erfordert viel Training und ist sehr anstrengend.", antwortete Cassi und erhob sich von ihrem Stein. Sie klappte das Buch wieder zu und ging zum Ausgang. 

„Für heute sind wir fertig. Morgen können wir an einem weiteren Zauber üben.", sagte sie und ich folgte ihr. Dennoch hätte ich gerne weiter gezaubert. Meine Magie war noch nicht im geringsten fertig mit zaubern und ich würde am liebsten das ganze Haus in Brand stecken, nur damit meine Magie nicht mehr unter meiner Haut brodelte. 

Wir gingen die dunkle Treppe wieder hinauf und ich atmete erleichtert auf, als wir durch den Mauereingang zurück in die Bibliothek gelangten. 

„Gute Arbeit heute. Ich muss leider noch zu einem Treffen der Ratsmitglieder, wir sehen uns später.", sagte sie und winkte mir zum Abschied zu. Dann verschwand sie schnell durch die Tür zum Flur. Ich sah ihr noch kurz nach, bevor ich mich auf den Weg zu meinen Gemächern machte. 

Seufzend öffnete ich meine Zimmertür und ging direkt raus auf den Balkon. Der Schlossgarten kam unter mir in Sicht und ich überlegte mir kurzerhand, mich umzuziehen und in den Garten zu gehen. 

Also verschwand ich schnell in meinem begehbaren Kleiderschrank und zog mir ein neues Kleid an. Dieses Mal in schwarz, mit langen Ärmeln. Das orangefarbene hatte Staub am Unterrock abbekommen, aber bei dem Tunnel den wir genommen hatten, kein Wunder. 

Ich machte mir nicht die Mühe meine zerzausten Haare zu kämmen, sondern ging hektisch durch die Tür. Vielleicht könnte ich ja vorher auch einmal die Waffenkammer besuchen. 

Auf den Weg nach unten traf ich auf eine Bedienstete, die sich mit großen Augen verbeugte. 

„Eure Hoheit.", begrüßte sie mich und ich erstarrte bei der Anrede. 

„Ich bin mit dem König weder verlobt, noch verheiratet.", erwiderte ich. Und dennoch liebe ich ihn...

„Ich bitte um Verzeihung.", sagte die Bedienstete kleinlaut und sie tat mir sofort leid.

„Könntest du mir bitte die Waffenkammer zeigen?", fragte ich in einem sanfteren Ton und die Bedienstete nickte freundlich. Ich folgte ihr die Treppe hinunter und in einen Gang  nach rechts. Drei Türen weiter kamen wir bei einem großen Raum an und ich staunte, als ich die vielen Waffen an den Wänden sah. 

Doch mein Blick fiel sofort auf einen silbernen Bogen, der mich wie magisch anzog. Ehrfürchtig ging ich darauf zu und nahm ihn in beide Hände. 

„Perfekt.", murmelte ich lächelnd und machte mich auf die Suche nach einem Köcher und Pfeilen. Nachdem ich alles zusammen gesammelt hatte ging ich mit einem vorfreudigen Lächeln  in den Schlossgarten hinaus auf den Trainingsplatz. Dort stellte ich mich bei den Zielscheiben auf und spannte den Bogen. 

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❤️

The Alphas ThroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt