Chapter 45

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Soley

Cassiopeia drückte mir einen Kleiderstapel in die Hand und ich verschwand schnell im Ankleideraum. Ich streifte mir alle Sachen über und schnallte mir ebenfalls den Ledergurt um, obwohl ich kein Schwert hatte. 

Ich trat aus dem Ankleideraum und endete Cassi, wie sie sich ihre langen Haare zu einem Zopf flocht. Sie drehte sich zu mir um und strahlte begeistert. 

„Es steht dir gut!", rief sie und kam auf mich zu.

„Warum sehen wir so aus, als würden wir in einen Kampf ziehen?", fragte ich lachend.

„Wir müssen jetzt immer auf einen Angriff vorbereitet sein. Ich glaube, Arez hat es dir schon erzählt.", antwortete sie und ich nickte zustimmend. 

„Gut, dann werde ich dir jetzt eine wunderschöne Frisur machen.", sagte sie und klatschte in die Hände. Ich setzte mich auf einen kleinen Stuhl und Cassi bürstete meine Haare. Sie flocht sie zu einem Kranz hoch und steckte sie anschließend mit tödlich aussehenden Haarnadeln fest. 

„Perfekt.", sagte sie und ich betrachtete mich neugierig im Spiegel.

„Du hast dich mal wieder selbst übertroffen.", lobte ich sie. Dann fiel mein Blick wieder auf ihr Schwert. 

„Ist es ein Erbstück?", fragte ich und zeigte darauf. 

„Ja, es wurde von Generation zu Generation weiter vererbt. Leider habe ich noch keinen Erben, deshalb muss ich wahrscheinlich bald eine Heirat eingehen.", antwortete sie und ihr Blick wurde wieder traurig. 

„Ich bin mir sicher, du findest den perfekten Mann!", sagte ich um sie aufzumuntern und tatsächlich zupfte ein zaghaftes Lächeln an ihren Lippen. 

„Ansonsten habe ich ein Testament geschrieben, an wen ich mein Königreich übergebe.", sagte sie und lächelte geheimnisvoll. Ich schüttelte lachend den Kopf und sagte nichts weiter dazu. Sie zog das Schwert von ihrem Rücken und präsentierte es mir. Grünes Feuer waberte um die Klinge und es sah so scharf aus, dass es wahrscheinlich sogar Stein zerteilte. 

„Du kannst jede Waffe mit deiner Magie verstärken.", erklärte Cassi und schnallte das Schwert wieder auf ihren Rücken. 

„Dann werde ich das auch mal mit meinem Bogen ausprobieren.", sagte ich grinsend und Cassi nickte zustimmend. 

„Begleitest du mich zu meinem Zimmer? Arez wollte mich abholen, doch er kann einfach uns beide mitnehmen.", schlug ich vor und sah wie Cassiopeia kurz zögerte.

„Ich bin mir sicher, es macht ihm nichts aus.", fügte ich hinzu und sie gab sich einen Ruck. Gemeinsam gingen wir aus ihrem Zimmer und schlugen den Weg zu meinem ein. Bei meiner Zimmertür angelangt hielt ich Ausschau nach Jax, doch er war nicht mehr da. 

„Komisch.", murmelte ich. 

„Was?", fragte Cassi verwundert.

„Eigentlich stand Jax hier an der Tür.", antwortete ich nachdenklich und überlegte ob er auch noch hier gestanden hat, als ich aus meinem Zimmer gestürmt war. Doch er war mir nicht hinterher gelaufen, also war er da wohl auch schon weg gewesen. 

Gemeinsam gingen wir in mein Zimmer und setzten uns aufs Bett. Jetzt hieß es warten. 

Mein Bogen leuchtete mir vom Schrank aus entgegen, wo ich ihn nach dem Training angelehnt hatte. Ich nahm ihn in die Hand und legte ihn vor mir aufs Bett. Dann hob ich eine Hand und hielt sie über den Bogen. 

„Wie stelle ich das an?", fragte ich und drehte mich zu Cassi. 

„Du musst einfach versuchen, deine Magie durch deine Hände in den Bogen gleiten zu lassen. Deine Magie umgibt deinen gesamten Körper, du musst es einfach nur in den Bogen fließen lassen.", erklärte sie und ich machte mir selbst Mut. Dann kniff ich konzentriert die Augen zusammen und griff nach der warmen Quelle in mir. Ich zog die Magie mit mir und ließ sie aus meinen Händen über den Bogen fließen. 

Das Ganze verlief so reibungslos, dass ich erstaunt und stolz die Augen aufriss. 

„Hervorragende Arbeit! Du verbesserst dich immer mehr.", lobte Cassi mich und mein Blick fiel wieder auf meinen Bogen. Lilane Rauchschwaden umfingen ihn und ich hielt ihn bewundernd in die Luft. 

Doch meine Bewunderung galt nur für kurze Zeit, denn fast zeitgleich ertönte ein lauter Knall und Schreie wurden laut. Cassiopeia und ich schraken auf und in Windeseile hatte Cassi schon die Tür aufgerissen. Ich schnappte mir meinen Bogen und den Köcher mit den Pfeilen. Den Köcher befestigte ich auf meinem Rücken und den Bogen hielt ich kampfbereit in der Hand. Dann schloss ich zu Cassi auf, die sich langsam aus der Zimmertür wagte. 

Ich erschrak als ich die eingerissene Mauer sah und die drei Wesen, die durch die Flammen stiegen. Es waren definitiv Werwölfe.

„Cyrian greift wohl schon früher an.", knurrte Cassiopeia und zog ihr Schwert. Ich machte es ihr nach und legte einen Pfeil in meine Bogensehne. Die Wölfe entdeckten uns und sprangen mit gefletschten Zähnen auf uns zu. Cassiopeia spießte einen der Wölfe mit einem Schlag auf und drehte sich dann blitzschnell um, um auch den zweiten anzugreifen. Doch der wich aus und beide rannten auf mich zu. 

Ich schoss einem mitten in den Schädel, woraufhin ich meinen Würgereiz unterdrücken musste. Doch der andere stürmte auf mich zu und ich hatte keine Zeit, einen weiteren Pfeil zu zücken. Also wich ich mit einer Drehung aus und ließ mein Feuer über ihn nieder regnen. 

Sein Jaulen klang auch noch eine Minuten später nach seinem Tod in meinen Ohren und ich senkte den Blick zu Boden, um nicht auf die drei Leichen zu starren. 

Ich hatte gerade zwei Menschen getötet. Werwölfe.

Aber theoretisch waren es auch Menschen.

„Hey, es ist okay.", sagte Cassiopeia und hob mein Kinn. Ich blickte in ihre Augen und sah nicht meine beste Freundin. Ich sah eine berechnende, starke Königin, die alles für ihr Volk tun würde. 

Sie hielt mir einen Edelsteinbesetzten Dolch hin, den ich etwas verwirrt in die Hand nahm. 

„Er wird dir im Nahkampf mehr helfen als dein Bogen.", erklärte sie und ich nickte dankend. Plötzlich kamen Schritte näher und wir drehten uns beinahe gleichzeitig zu der Person um. Arez stand mit gezogenem Schwert vor uns und entspannte sich sichtlich, als er uns erkannte. 

Er kam auf mich zu und schloss mich in die Arme. Erleichtert ließ ich mich gegen ihn fallen und sog. seinen Geruch tief ein. Er roch nach Zuhause, Regen und Wald.

„Geh zurück in dein Zimmer, dort bist du sicher.", sagte Arez und schob mich zur Zimmertür. 

„Ganz sicher nicht.", protestierte ich und versuchte mich gegen ihn zu stemmen, doch er hob mich mühelos hoch und trug mich in mein Zimmer. Bevor ich noch etwas erwidern konnte, zog er die Tür vor meiner Nase zu und verriegelte sie von außen. 

„Das kann doch nicht dein Ernst sein!", rief ich und hämmerte gegen die Tür. Ich stöhnte frustriert auf und fing an in meinem Zimmer auf und ab zu gehen. Dann kam mir der Balkon in den Sinn und ich rannte darauf zu. 

Doch das was ich draußen erblickte, ließ meinen Atem stocken.

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The Alphas ThroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt