"Du bist nie da! Ich muss immer alleine spielen", Ann guckt mich traurig an und sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen. "Tut mir leid Prinzessin, ich versuche mir mehr Zeit für dich zu nehmen, ja? Wir machen einfach einen nur Ann und Chloe Tag, zu jedem neuen Wochenbeginn. Wie findest du das?"
Sofort fangen ihre Augen an zu strahlen und ich bekommen das angenehm warme Gefühl in meinem Bauch zurück. "Jetzt lass uns essen machen", sage ich, doch Ann schüttelt den Kopf. "Mama und ich haben schon gegessen, du musst deins noch mal warm machen."
Also nehme ich einen Teller mit Essen und stelle ihn in die Mikrowelle. Da Ann wieder auf ihr Zimmer gegangen ist, ziehe auch ich mich zurück und verschanze mich oben. Ich schließe die Tür ab, was mir auf einmal so unheimlich wichtig vorkommt, und setze mich aufs Bett. Beim essen gucke ich wieder ein paar Serien am Laptop weiter. Insgesamt ist alles wie immer. Ruhig und langweilig. Und genau das löst ein komisches Gefühl in mir aus. Mir wird urplötzlich schlecht, weshalb ich zur Tür sprinte und versuche sie aufzumachen. Verzweifelt renne ich zum Klo und übergebe mich. Zitternd halte ich mich am Rand der Toilette fest, bis die Übelkeit langsam nachlässt. Ich spüle und wische mir über den Mund. Der ekelhafte Geschmack lässt mich erneut würgen, doch ich kann mich zurück halten. Ich greife nach meiner Zahnbürste und schrubbe meinen Mund ordentlich sauber. Der Blick im Spiegel lässt mich erstarren. Ich bin noch blasser als sonst und mit tiefen Augenringen. Nicht schön. Gar nicht schön. Nicht mal ansatzweise schön! Wut sammelt sich in mir und ich werfe die Zahnbürste durch den kleinen Raum. Eine Woge purer Verzweiflung packt mich und ich schmeiße weitere Sachen aus meinen Badschränkchen. Aber die Wut geht nicht weg. Und ich weiß auch genau wieso. Weil ich auf mich selbst wütend bin.
Ich bin schuld an allem.
Ich bin nicht gut.
Ich bin nicht nett.
Ich bin nicht hübsch.
Ich bin nicht schlau.
Ich bin nur kaputt und krank. Diese beschissene Erkenntnis lässt mich erneut zur Klinge greifen, was ich leider direkt wieder bereue und mich in meinem endlosen Teufelskreis wiederfinde.
Ich habe keine Ahnung wie ich ins Bett gekommen bin, aber als ich erwache dröhnt mein Kopf und meine Hüfte schmerzt. Ich gucke mich um und mein Blick fällt sofort auf die Uhr.10:53.
what?!Gut, dann halt keine Schule heute. Ich krieche nach einer Stunde hin und her wälzen aus meinem Bett und mache mich auf den Weg ins Bad. Mir springt das totale Chaos entgegen, als ich die Tür öffne. Alle Türchen sind aufgerissen und leer geräumt. Der Inhalt ist auf dem Boden verteilt, genauso wie ein paar Klingen und getrocknetes Blut. Übelkeit breitet sich wieder aus, doch da mein Magen leer ist, muss ich nicht wieder über der Toilette hängen. Schnell räume ich auf und putze alles wieder halbwegs sauber. Hunger verspüre ich keinen, deshalb gehe ich wieder in mein Zimmer und räume dort weiter auf. Als ich meine Decke ausschüttle erwartet mich der nächste kleine Schreck. An meiner Decke klebt dunkles Blut, das sich unmöglich wieder rauswaschen lässt. "Na toll, und jetzt?", überlege ich laut. Schnell streife ich mir was über und verlasse mit Geld und Schlüssel das Haus. Mit dem Rad fahre ich in die Stadt und gucke mich um.
Bettwäsche, Bettwäsche, Bettwäsche.
Ich murmle immer weiter vor mir hin, bis ich tatsächlich auf einen passenden Laden stoße. Ich nehme das erstbeste Set mit zur Kasse und verschwinde schnell aus dem Shop. Es ist mir unangenehm, weil ich mich entblößt fühle, so als wüsste der Verkäufer ganz genau wieso ich neue Wäsche brauchte.
Vollkommen unaufmerksam fahre ich die Straßen entlang nachhause, weshalb mich das Hupen eines Autos fast zu Tode erschreckt. Ich trete sofort in die Bremsen und gucke mich um. Doch keine Gefahr, das Auto steht an der anderen Straßenseite und fährt nicht einmal! Genervt will ich weiter fahren, doch dann höre ich das Surren des automatischen Fensters und ein lautes: "Hey! Hey! Chloe!". Ich linse zum Auto rüber und sehe Isaac, der sich über den Fahrer rüber lehnt und mich zu ihm winkt. Seufzend gehe ich rüber und erkenne den Fahrer als einen aus unserer Klasse. Doch er guckt mich nur finster an und nickt. "Machst du auch blau?", grinst Isaac. "Sozusagen", sage ich einigermaßen wahrheitsgemäß. "Lust auf ein Abenteuer?", fragt mich nun der andere und sieht mich direkt an. Ich will gerade ablehnen, doch Isaac ist schon ausgestiegen und hat mir mein Fahrrad abgenommen. "Oh du hast so was von Lust auf Spaß", lacht er und verfrachtet mein Rad in den Kofferraum. "Bitte nicht", maule ich, während Isaac mit die Tür öffnet und mich in den Wagen schiebt. Ich bin so energielos, dass ich es nicht mal mehr schaffe richtig zu protestieren. "Was machen wir denn jetzt?", frage ich nach einer Viertelstunde Autofahrt. "Wirst du gleich sehen", murmelt Isaac und diskutiert leise weiter mit dem anderen. Verstehen kann ich natürlich nichts. Wir halten vor einem großen Haus an. Ringsum sind viele Bäume und Büsche und ich glaube weiter hinten noch einen Wald entdeckt zu haben. Wir steigen aus und überqueren die Straße. "Okay der Plan sieht so aus: Ich bekommen einen 'Anfall' und du holst Hilfe aus genau diesem Haus." Isaac zeigt an mir vorbei und redet weiter. "Wir müssen Sie lange genug ablenken, bis Stev die goldene Ente zurück hat".
Mein Gehirn reagiert langsam, aber dann fängt es an zu rattern. "Ihr klaut? Und du willst, dass ich da mit mache? Spinnst du oder was?", fahre ich ihn an, doch Isaac unterbricht mich sofort.
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Keine Cinderella Story
Teen FictionEin Umzug; das bedeutet eine neue Stadt und auch neue Leute. Eigentlich ein perfekter Start für einen Neubeginn, doch ganz so unbeschwert ist Chloes Leben nicht. Nach dem Tod ihres Vaters fühlt sie sich einsamer denn je, obwohl ihre Mutter und ihr...