Mittlerweile sind wir um die zwanzig Leute. Es ist laut, aber nicht zu laut und ich habe Spaß. Isaac erzählt mir einen Witz nach dem anderen und mein Bauch tut vom lachen schon ganz weh.
„Na", Liam taucht neben uns auf und grinst breit, „Wie läuft's?". Ich verdrehe die Augen und gucke dann in meinen leeren Becher. „Ich hol mir kurz noch was", sage ich und schwenke das Plastikding vor ihren Nasen. Liam kneift seine Augen zu und flüstert mir leise „Verräter" zu. Ich kichere und begebe mich in die Küche. Die Kupplungsversuche von ihm muss ich mir jetzt nicht antun. Nicht jetzt, wo es mir gerade gut geht.
Ich nehme mir eine schwere Flasche und halte sie mir vors Gesicht. Kritisch betrachte ich den Inhalt. „Das ist Rum", klärt mich Louise auf, die nun an der Arbeitsfläche lehnt. „Gut", murmle ich und gieße mir einen Teil ein. Louise reicht mir eine Cola und tauscht sie gegen den Rum. Stumm machen wir unsere Drinks und nippen daran. Ich hole tief Luft und sage: „Es tut mir leid".
„Hm?"
„Es tut mir leid. Ich habe mich wie ein Arsch verhalten und das hast du echt nicht verdient. Keine Ahnung, wieso ich dich weggestoßen habe, wahrscheinlich wurde mir alles zu viel. Vielleicht suche ich gerade auch einfach nur Ausreden, ich weiß es nicht. Ich kann es mir jedenfalls nicht erklären, warum ich so war, aber trotzdem tut es mir leid."
Louise guckt nachdenklich und nickt schließlich langsam. „Es hat trotzdem echt scheiße wehgetan, weißt du? Ich dachte, ich hätte in dir endlich eine richtige Freundin gefunden, aber dann bist du direkt wieder verschwunden. Und warum? Wegen den Typen?", sie schaut mich verletzt an.
„Nein, nicht wegen Jungs", ich seufze auf. „Ich denke es ist eher wegen...", unmerklich fasse ich mir an den Bauch, an meine Narben.
„Du bist schwanger?", Louise reißt ihre Augen auf. „Und dann trinkst du? Sag mal spinnst du?", sie nimmt mir wütend meinen Becher weg.
Ich brauche kurz um mich von dem kleinen Schock zu erholen, dann fange ich an zu lachen. „Um Gottes Willen, nein!", schmunzle ich und sage dann etwas ernster: „Es ist nur..". Ich hebe mein Oberteil etwas an und Louise wirft einen Blick auf meine Schnitte. „Scheiße Mann", sie gibt mir meinen Becher zurück, „Ist alles ok?".
„Ja, mach dir bitte keinen Kopf. Ich hab schon eine Therapie angefangen", meine ich.
„Gut", sagt Louise. Sie scheint noch etwas durch den Wind zu sein. Dann hebt sie ihren Becher und prostet mir zu. „Dann auf das verkackte Leben!". Ich lächle und stoße meinen Becker gegen ihren, „Auf das verkackte Leben".Ich mache mich wieder auf den Weg zum Wohnzimmer. Isaac unterhält sich angeregt mit Liam und ich bleibe in etwas Entfernung stehen, um das ganze zu beobachten. Immer wieder schüttelt Isaac seinen Kopf. Er sieht genervt aus, dennoch lässt Liam nicht locker und redet weiter auf ihn ein. Seine Hände gestikulieren nachdrücklich, als würde er Isaac etwas offensichtliches zeigen sollten. Isaac lässt seine Hand in seine Haare gleiten und guckt sich hilfesuchend um.
Unsere Blicke treffen sich und ich trinke schnell einen Schluck, um nicht stalkerhaft rüberzukommen. Isaac schaut mich mit verengten Augen an.Habe ich was falsch gemacht?
Er löst den Blick und guckt wieder zu Liam. Dieser lacht, klopft ihm auf die Schulter und geht Richtung Küche, also in meine Richtung. „Keine Ahnung was da zwischen euch passiert ist, aber es sieht verdammt kompliziert aus. Er sagt mir kein Wort!", meint Liam und bleibt bei mir stehen. Intuitiv gucke ich wieder zu Isaac, der auch mich wieder anstarrt. „Ja", murmle ich wehmütig. „Du magst ihn so richtig, oder?", fragt Liam und zieht somit meine Aufmerksamkeit wieder auf mich. „Mehr als das", flüstere ich und weiß nicht ob Liam das überhaupt versteht.
„Wieso kommt ihr dann nicht einfach zusammen? Ehrlich, ich check's nicht".
Seufzend sage ich: „Das ist kompliziert und macht Sinn, denke ich".
Liam lacht. „Ich glaube, du denkst im Moment sehr wenig".
„Wie meinst du das?", frage ich verwundert. Er deutet auf meinen Becher. „Wie viel hast du schon getrunken?".
Ich gucke in die schwappende Flüssigkeit und stelle erstaunt fest, dass nicht mehr viel übrig ist. Wie kann das sein?
„Viel", murre ich und kippe auch den Rest runter. Dann gehe ich in die Küche, während mir Liam folgt. Ich fülle unsere beiden Becher und wanke kurz. „Vielleicht hattest du schon zu viel", überlegt Liam.
„Und vielleicht hast du nur Angst, dass dich eine Frau unter den Tisch trinkt".
„Du bist ziemlich stur", stellt Liam fest. Ich zwinkere ihm zu und halte mich am Tisch fest. Er seufzt, nimmt meinen Arm und schiebt mich aus der Küche. „Was soll das?", frage ich empört. „Ich spiele heute nicht deinen Babysitter. Das darf Isaac machen, denn egal was zwischen euch war, so wie er gerade drauf ist, tut er euch beiden nicht gut.", er lässt meinen Arm los und ich stolpere ein paar Schritte nach vorne, direkt auf Isaac zu. „Also viel Spaß", mit einem breiten Grinsen lässt Liam uns alleine. Naja alleine sind wir nicht direkt, da noch einige andere im Raum sind, aber das tut ja nichts zur Sache.
„Worüber habt ihr geredet?", fragt Isaac gerade heraus.
Mein Gehirn hat einen Aussetzer und ich antworte ehrlich: „Keine Ahnung, das Leben oder so". Ich kichere und fahre mir langsam durchs Haar. Argwöhnisch betrachtet er mich. „Stell das weg", bittet er mich schließlich und ich tue ihm den Gefallen und platziere mein Getränk auf einen Tisch. „Es ist gleich Mitternacht", berichtet Isaac weiter und lächelt leicht. Ich gucke auf eine Uhr, die an der Wand hängt und muss erstaunt feststellen, dass es bereits kurz vor zwölf ist. „Oh, lass uns raus gehen", schlage ich vor und Isaac nickt. Auch die anderen ziehen sich ihre Schuhe und Jacken an und wir stellen uns gemeinsam ins Freie. Ich muss mich ab und zu bei Isaac festhalten um nicht hinzufallen. Es ist mir peinlich, als ich merke, dass Liam recht hat. Ich habe etwas viel getrunken. Aber gerade jetzt, in diesem Moment fühle ich mich berauscht und von Glücksgefühlen überseht. Mutig lasse ich meine Hand gegen Isaacs streifen und beobachte seine Gesichtszüge. Er beißt sich auf die Lippe und ich lege meine Hand in seine. Wie selbstverständlich umfasst er sie und guckt mich an. Sein Blick ist warm und zart. Wie könnte man sich nicht in ihn verlieben? Wir Lächeln uns an und im Hintergrund höre ich die Gruppe die letzten Sekunden runter zählen.„Zehn"
Seine Augen huschen hin und her.
„Neun"
Mein Grinsen wird breiter.
„Acht"
Isaac drückt meine Hand.
„Sieben"
„Sechs"
„Fünf"
Mein Herz pocht schneller.
„Vier"
„Drei"
Wie kann ein Mensch nur so schön sein?
„Zwei"
„Eins"
„Frohes neues Jahr!", höre ich es mehrmals rufen, aber meine Aufmerksamkeit liegt ausschließlich bei Isaac. „Frohes neues", sage ich, aber es ist so laut, aufgrund der vielen Raketen und Böllern, dass Isaac sicher nichts versteht. Auch er sagt etwas und dann umarmen wir uns.
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Keine Cinderella Story
Teen FictionEin Umzug; das bedeutet eine neue Stadt und auch neue Leute. Eigentlich ein perfekter Start für einen Neubeginn, doch ganz so unbeschwert ist Chloes Leben nicht. Nach dem Tod ihres Vaters fühlt sie sich einsamer denn je, obwohl ihre Mutter und ihr...