"Chloe! Essen ist fertig", Ann reißt mich aus dem Schlaf. Murrend stehe ich auf und trotte runter in die Küche. Der Tisch ist schon gedeckt und auch das Essen steht dampfend da. Dankbar fange ich langsam an zu essen. Als mein Blick jedoch auf die Uhr fällt, schlinge ich den Rest einfach runter ohne viel zu kauen. Es ist kurz vor sieben!
"Bin noch verabredet, ich mach mich fertig. Sorry, hab euch lieb", sage ich noch mit Essen im Mund und springe auf. Hektisch renne ich ins Bad und spüle meinen Mund ordentlich aus. Dann versuche ich meine Haare durchzukämmen, doch das Resultat ist eine noch verwuscheltere Frisur. „Argh", rufe ich verzweifelt und spritze mir stattdessen etwas Wasser ins Gesicht um wieder runter zu kommen. Mein Blick landet wieder im Spiegel und ich versuche meine Gedanken zu ordnen. Brauche ich etwas anderes zum anziehen? Mein Kleiderschrank bietet nicht viel an, weswegen ich so angezogen bleibe.
„Das gibt's doch nicht. Ich kann mich nicht mal mehr für ein Date fertig machen", schimpfe ich mit mir selbst und greife zu dem dunklen Haarband, welches ich mit Jess gekauft hatte. Es ziept, als ich es mir umbinde, weil ich mir einige Haare rausreiße. Nervös gucke ich mich in meinem Zimmer um und überlege, was ich noch brauche. Dann klingelt es jedoch schon an der Tür und ich schnappe mir wahllos eine Tasche.
Als ich die Tür überschwänglich öffne, guckt Isaac etwas verdutzt. "Du siehst irgendwie gestresst aus", meint er und verkneift sich ein Lachen. "Vielleicht ein bisschen", murmle ich und schlüpfe in meine Schuhe. "Bye", sage ich zu Mama, die mittlerweile an der Tür steht. Sie schmunzelt und drückt mir zum Abschied einen Kuss auf den Kopf. Ich trete mit gerötetem Gesicht nach draußen und fahre mit nervös durchs Haar.
"Ganz ruhig, bin doch nur ich", scherzt Isaac und legt seinen Kopf schief.
Ich muss lachen und gucke ihn nun richtig an. Er hat sich umgezogen, sieht aber immer noch sehr casual aus. Zum Glück! Das wäre peinlich geworden, wenn ich in Alltagskleidung rumlaufen würde und er fein rausgeputzt wäre.
Isaac bemerkt, dass ich ihn betrachte und sieht mich fragend an.
"Schick", meine ich und lasse mich von ihm zu einem Auto führen. "Deins?", frage ich und schnalle mich an. "Von meinem Dad, er ist gerade auf Geschäftsreise."
Die weitere Fahrt löchre ich ihn mit allen möglichen Fragen, hauptsächlich über ihn und seine Interessen. Es stellt sich als schwieriger heraus, als ich dachte, weil Isaac entweder gar nicht antwortet oder nur ganz knapp.
"Komm schon, ich will dich kennen lernen", sage ich scherzhaft, kann meine Verletzlichkeit nicht verbergen.Isaac seufzt und fährt sich mit seiner Hand übers Gesicht. „Entschuldige, du hast Recht. Ich versuch mir Mühe zu geben. Fang bitte noch mal von vorne an, ich konzentriere mich." Ich nehme mit einem Nicken seine Entschuldigung an. Abermals beginne ich mit meinen Fragen und Isaac ist dieses mal tatsächlich zugänglicher. Ab und zu fällt es ihm schwer die richtigen Worte zu finden, was er mit einem Lachen zu überspielen versucht.
„Heute ist irgendwas mit dir, oder?", frage ich vorsichtig und beobachte seine Gesichtszüge, welche sich unmittelbar schmerzhaft verziehen. „Ja", sagt er leise. Isaac sieht in diesem Moment verletzlich aus. So kenne ich ihn gar nicht. „Möchtest du darüber reden?", frage ich und schaue ihn an. Das Auto steht mittlerweile perfekt eingeparkt am Straßenrand. Isaac guckt mich traurig an und schüttelt seinen Kopf. „Nicht heute".
„Okay", meine ich und gucke ihn aufmunternd an. Ihm ist die Situation sichtlich unangenehm, weshalb er seine Tür öffnet und „Lass uns gehen" sagt. Ich folge ihm und wir betreten ein gut besuchtes Kino. "Was gucken wir denn?", frage ich und krame in meiner Tasche.
"Such dir einen aus."
Ich werfe einen schnellen Blick auf das Programm und nehme den, der als nächstes läuft. "Ein Horrorfilm?", grinst Isaac und schlendert zur Kasse. „Klar, warum nicht", antworte ich fröhlich und stoße versehentlich gegen ihn. „Entschuldigung", murmle ich leicht beschämt. Isaac grinst nur schief. "Popcorn? Nachos? Was möchtest du?"
"Popcorn bitte, salzig", meine ich und schon wirft mir Isaac wieder diesen einen bestimmten Blick zu. Eine Mischung aus Verwirrung und Belustigung. "Ich geh kurz mal", sage ich und zeige Richtung Toilette. Isaac nickt und schlendert Richtung essen. Ich hingegen drücke ihm einen Geldschein in die Hand und laufe zum Klo. Dort verbringe ich die Hälfte der Zeit damit, meinen Puls runter zu bringen. "Es ist nur ein Date. Bleib cool". Was lasse ich mich hier so aus der Bahn werfen? Ich blicke noch einmal in den Spiegel und gehe dann zurück zu Isaac. "Ist Cola ok?", fragt er und hält mir Popcorn und Getränk hin.
"Klar, wie viel bekommst du noch?"
Isaac schüttelt seinen Kopf, gibt mir den Schein zurück und meint: "Ich lad dich heute ein." Ausnahmsweise nehme ich die Einladung dankend an. Wir gehen zum Saal, der schon recht voll ist. "Dort drüben sitzen wir", sagt Isaac zu mir und geht voran. Wir sitzen genau in der Mitte, mit perfekten Blick auf die Leinwand. Ich mache es mir im Sitz gemütlich und stoße meinen Pappbecher gegen Isaacs. Er zwinkert mir zu und trinkt, ohne mich aus den Augen zu lassen. Wieso sieht er dabei so verdammt heiß aus? Ist das überhaupt möglich, beim trinken sexy auszusehen?
Doch lange kann ich mich nicht mit meinen Gedanken beschäftigen, denn es wird dunkel und der Film beginnt. Anfangs sind die Bilder noch hell und strahlend, aber schnell wird alles düster und auch die Musik verheißt viel Unheil. Der erste stirbt und lautes Lachen raunt durch den Saal.
Und der nächste.
Und wieder einer.
Und noch einer.
Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, doch es sind schon weit mehr als zehn Tote. Doch statt zu lachen wie jeder andere, sitze ich angespannt da und starre nach vorne. Jedes mal bevor einer stirbt atme ich nur noch ganz flach und kralle mich in den Armlehnen fest. Ich weiß nicht, ob ich wegen dem Film Angst habe oder ob der Film meine Angst nur triggert. Eigentlich ist es ja auch egal, denn das einzige was zählt ist, dass ich Angst habe.
Anscheinend bemerkt das auch Isaac. Er grinst und hält mir seine Hand hin. Ich ergreife sie und bohre meine Finger in seine Hand. Es ist fast unerträglich hier in diesem Saal zu sitzen. Die Luft ist stickig und ich kann mich nur schwer konzentrieren. Mir ist sowohl heiß, als auch kalt. Unwohl Rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her. Isaac guckt mich fragend an, aber statt ihm mein komisches Verhalten zu erklären, greife ich meine Tasche und stehe auf. Ich drängle mich an den Leuten vorbei, die genervt ihre Beine einziehen. Als ich den Saal endlich verlasse atme ich erleichtert auf. Ich gehe ein paar Schritte weiter und lasse mich hinter der nächsten Wand nieder.
"Chloe. Ist alles in Ordnung?" Isaac setzt sich mir gegenüber. Ich schüttle den Kopf und bleibe stumm. "Rede doch bitte mit mir! Habe ich was falsch gemacht?", versucht es Isaac erneut. Ich hole tief Luft und verscheuche meine festgefahrenen Gedanken. "Nein. Es ist schon ok. Tut mir leid, dass ich das jetzt versaut habe", antworte ich.
"Hey, ist doch nicht schlimm! Das Ende ist ja sowieso klar. Ehm. Möchtest du darüber reden?", fragt Isaac leicht verunsichert. Ich verneine und stehe seufzend auf. Wir verlassen das Kino und laufen schweigend die Straße entlang. "Willst du noch mit zu mir kommen?", bricht Isaac schließlich die Stille.
"Ich weiß nicht genau."
"Ach komm, vielleicht können wir den Abend ja noch retten", grinst er. Ein kleines lächeln huscht über meine Lippen, also stimme ich zu. Irgendwas hat Isaac an sich, dass ich immer wieder wie eine blöde Grinsen muss.
Das Haus, in dem Isaac wohnt ist dunkel und still. Niemand ist da.
"Wie gesagt, mein Dad ist auf Geschäftsreise", erklärt Isaac, als er meinen irritierten Blick bemerkt. "Oh", ist alles was ich sage. Nun sitzen wir auf seinem Bett und starren den Boden an. Die Situation ist etwas unangenehm also stehe ich wieder auf und gehe auf seine Schränke zu. Ich merke wie Isaac mich beobachtet, also öffne ich langsam die erste Schublade.Klamotten.
T-Shirts und Hosen.In der nächsten Schublade sind Socken. Bevor ich die letzte öffnen kann, lacht Isaac: "Also wenn du an meinen alten Unterhosen interessiert bist, dann nur zu." Mit roten Kopf wende ich mich zum nächsten Schrank. Ich öffne beide Schranktüren und erstarre.
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Keine Cinderella Story
Teen FictionEin Umzug; das bedeutet eine neue Stadt und auch neue Leute. Eigentlich ein perfekter Start für einen Neubeginn, doch ganz so unbeschwert ist Chloes Leben nicht. Nach dem Tod ihres Vaters fühlt sie sich einsamer denn je, obwohl ihre Mutter und ihr...