#36 'Du bist mein Problem!'

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Es ist Montag und ich muss meinen Vortrag halten. Auf meinem Weg nach vorne an die Tafel werfe ich Jess giftige Blicke zu. Sie erwiedert diese und grinst leicht.

Ich habe keine Lust. Das ist doch scheiße!

Dennoch beginne ich zu reden und versuche den Vortarg so gut wie möglich rüber zu bringen.
"Sie bekommen eine glatte 2 dafür Ms Mey. Gute Arbeit", sagt unsere Lehrerin desinteressiert und sortiert ihre Blätter. Ich nicke und gehe dann zu der nächsten Unterrichtsstunde, in der ich Jess wieder sehen muss. Isaac ist aber auch da. Ich trotte langsam auf meinen Platz und halte kurz bei Isaac an um ihn zu begrüßen. "Und?", fragt er und hebt einen Mundwinkel. "Eine Zwei", antworte ich zufrieden und laufe weiter zu meinen Stuhl. Isaac dreht sich noch einmal um, bevor die Stunde begint und wir zwinkern uns zu.

So scheiße ist der Tag doch gar nicht!

Doch ist er. Spätestens als ich in der Pause den Flur entllang laufe und Jess mich von der Seite anspricht. "Guter Vortrag", sagt sie sarkastisch und läuft Richtung Toiletten.
"Was ist eigentlich dein Problem?", frage ich entnervt und folge ihr. Sie ignoriert mich, also halte ich sie am Arm fest, "Antworte mir!"
"Was mein Problem ist?", wütend wirbelt sie herum und guckst sie mich an, "Du bist mein Problem!".
"Was habe ich dir denn getan?", frage ich mit zittriger Stimme, weil ich wütend bin.
"Das muss ich mir nicht geben", murmelt Jess zu sich selbst und geht in eine Kabine rein.
Oh doch!
"Hallo?", ich klopfe an der Tür, "Ich meine du machst mich hier die ganze Zeit fertig; Du schlägst mich, stellst mich bloß und klaust meine Schulische Arbeit". Unter meiner Haut kocht das Blut. Ich muss mich zusammenreißen nicht irgendwo einzuschlagen. "Und du? Du bist hinterhältig und ruinierst mein Leben!", Jess' Stimme schrillt eine Oktave höher.
"Ich tue dir doch überhaupt nichts"
"Du nimmst mir Isaac weg", ruft sie und öffnet endlich wieder die Tür. Jess läuft zum Waschbecken und ich weiche keinen Schritt von ihr. "Er gehört weder dir noch mir. Er ist ein Mensch und kann selber seine Entscheidungen treffen", sage ich erklärend.
"Hat er eigentlich auch schon", sagt sie wissend.
"Wie bitte?"
"Oder hat er etwa auch schon mit dir geschlafen?", ihr Gesicht ist ruhig.
"Er hat was?", frage ich leicht schockiert. Es fällt mir schwer meine kalte Fassade zu behalten. Jess dreht den Wasserhahn voll auf, dreht ihre Hand etwas und leitet so den Wasserstrahl auf mich um. Ich reagiere zwar schnell, aber nicht schnell genug. Mit nassem T-Shirt und Gesicht stehe ich da. "Schönen Tag noch", sagt Jess und lässt mich fassungslos stehen.
Was zur Hölle.

In der Mensa finde ich Isaac. Er sitzt nicht alleine am Tisch und scheint mich nicht zu bemerken, nichtmal als ich direkt neben ihm stehe. "Können wir mal reden?", frage ich und lege ihm eine Hand auf seine Scuhlter. Er verspannt sich und guckt mich ausdruckslos an, "Nicht jetzt".
Ich stehe unbewegt da, bis ich von dem Tisch weggezogen werde. "Komm", sagt Louise und bringt mich zu einem anderen Tisch. Dieser ist auch besetzt, aber keinen scheint es zu stören, dass wir uns dazu setzen. Verstört gucke ich zurück zu Isaac. "Was ist los Chloe?", fragt sie und guckt mich an. "Keine Ahnung", ich bin mit der Situation überfordert.
"Dann fangen wir mal beim Anfang an. Was ist mit deinem Shirt passiert?"
"Es ist Nass", antworte ich.
"Und warum?", bohrt sie weiter.
"Jess", sage ich kurz als Erklärung.
"Dachte ich mir schon. Sie war gerade bei Isaac und hat ihm irgendwas gesagt. Jetzt ist er mega komisch drauf", sagt Louise und guckt mit gerunzeltem Blick nach hinten. "Sie haben miteinander geschlafen", sage ich tonlos. Ihre Augen werden ganz groß und ihr Mund formt sich zu einem "O".
"Wirklich?", fragt sie.
"Das hat jedenfalls Jess gesagt", murmle ich.
"Dann würde ich da nicht zu viel drauf geben. Sie lügt wie gedruckt, mach dir da keinen Kopf", Lousie legt unterstützend ihrem Arm um mich. "Und was wenn doch? Guck doch wie er sich verhält, total abweisend. Sie hat ihm bestimmt gesagt, dass sie das mir erzählt hat und jetzt will er sich keine Mühe geben, weil ich das weiß. Das war nur ein Spiel für ihn", spekulierre ich wild. Louise schüttelt ihren Kopf, "Das glaube ich nicht. Sie muss ihm etwas anderes gesagt haben."
Ich lasse meine Schultern sinken, "Das werden wir wohl nie erfahren".
Louise versucht mich den restlichen Tag aufzubauen, doch es klappt nicht. Es ist ein Scheiß Tag und nichts kann das ändern.

Nach der Schule hole ich Ann vom Kindergarten ab. Sie freut sich und will Zuhause direkt mit mir weiter spielen. Halbherzig nehme ich mir ein paar Puppen und spiele mit ihr bis Mama auch nachhause kommt. Ab da verkrieche ich mich in meinem Zimmer und komme selbst zum Abendbrot nicht raus. Als Mama an der Tür klopft mache ich nicht auf und schicke sie wieder weg. Mein Herz sinkt immer weiter in sich zusammen, es fühlt sich an wie eine verschrumpelte Rosine.
"Warum kann das Leben nicht einfacher sein? Warum ist das dauernd so?" frage ich den kleinen Bilderrahmen mit Daddys Gesicht. Ich nehme ihn in die Hand und meine Augen füllen sich mit Tränen. "Hilf mir bitte", flüstere ich und halte das Bild an meinen Körper. Ich kauere mich so zusammen und schlafe erst spät ein.

Keine Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt