#64 'Ich ertrage es nicht, nur mit dir befreundet zu sein'

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Es ist angenehm neben Isaac aufzuwachen. Obwohl ich wach bin, fühlt es sich dennoch wie ein Traum an. Ich drehe mich etwas, damit ich ihn angucken kann und erschrecke mich unheimlich als Isaacs Augen mich mustern. Er war also zu erst wach. „Morgen", raunt Isaac und irgendwie klingt das verdammt heiß. Ich lächle und beiße mir auf die Lippe.
„Guten morgen", ich ziehe mir meine Decke fester an meine Brust und stütze mich auf meinem Arm ab. „Hast du gut geschlafen?", frage ich und ernte direkt einen belustigten Blick Isaacs. „Absolut", grinst er schelmisch, „Und du?".
Ich nicke und werfe dann einen Blick auf die Uhr. „Schon fast ein Uhr", sage ich erstaunt und setze mich hin. Mein Kopf dreht sich leicht und mein Magen rumort. Ich habe ziemlich doll Hunger. Isaac rappelt sich aus dem Bett und zieht sich seine Jeans wieder über. Ich beobachte ihn und versuche, nicht zu stalkerhaft rüber zu kommen. „Soll ich gehen?", fragt Isaac und sieht mich ernst an.
Ich überlege. Das wird bestimmt gleich peinlich, wenn wir gemeinsam die Treppe runter gehen und Mama uns schon wartet. Andererseits bekomme ich direkt ein schlechtes Gewissen, Isaac wegzuschicken und das ganz ohne Frühstück.
„Nein, bleib bitte", entscheide ich mich und lege die Decken fein säuberlich zusammen. Ich öffne die Tür und laufe mit Isaac hinter mir nach unten in die Küche. Es steht bereits ein Teller mit Pancakes auf der Arbeitsfläche. Daneben liegt ein Zettel.

Lasst es euch schmecken.
Kuss, Mama.

Meine Wangen fangen an zu glühen und ich muss verlegen lachen. Mama weiß immer über alles Bescheid und natürlich wusste sie auch, dass Isaac hier ist. Wahrscheinlich stehen seine Schuhe ganz offensichtlich neben der Tür.
Ich krame zwei Teller aus dem Schrank und bringe sie mitsamt Besteck zum Tisch. Isaac holt den Pancaketeller und etwas Sirup. Wir schlagen uns die Bäuche voll und lassen nicht einen Krümmel übrig. „Lecker", mampft Isaac bei seinem letzten Bissen und ich stimme ihm zu.
Wir räumen das dreckige Geschirr weg und wischen den Tisch ab. Mein Bauch ist so voll, dass es schon unangenehm zieht. Ich lege meine Hand auf den Bauch und gucke runter. Böse funkle ich ihn an und bete, dass er sich zusammen reißt und keine weiteren doofen Geräusche macht. Isaac interpretiert meine Geste falsch und nimmt meine Hand in seine. „Du bist so schön Chloe", murmelt er und guckt mich eindringlich an, als wäre es lebenswichtig, dass ich das verstehe. Ich öffne überrumpelt meinen Mund und werde von Isaac unterbrochen. „Du bist wirklich so unglaublich wunderschön. Du solltest dir niemals Sorgen um dein Aussehen, denn für mich gibt es kaum was schöneres".
Ich löse mich leicht lächelnd von ihm und frage: „Was ist denn schöner?". Meine provokante Frage überrumpelt ihn, aber er fängt sich schnell ein. Er kratzt sich verlegen am Kopf und murmelt: „Mir fällt ehrlich gesagt gerade nichts ein". Damit bringt er mich wiederum erneut in Verlegenheit.
Ich danke Isaac und gehe mit ihm ins Bad. Schnell gebe ich ihm eine neue Zahnbürste und werfe dann einen Blick in den Spiegel. Ein kleiner Schreck überfährt mich, als ich meine zerzausten Haare sehe. Sie stehen wild um meinen Kopf herum und auch mein Gesicht sieht nicht besonders gesund aus. Ich habe Augenringe und rot fleckige Wangen. Irritiert schaue ich zu Isaac, aber dieser putzt sich unbeirrt die Zähne.

Wunderschön?

Beim duschen lasse ich Isaac den Vortritt. Als er mit nassen Haaren und einem großen Handtuch um sich geschlungen zurück in mein Zimmer kommt, husche ich ins Bad. Meine Gedanken sausen immer wieder zu Isaac, der gerade nicht viel bekleidet in meinem Zimmer steht. Die lauwarme Dusche beruhigt mich zum Glück und ich fühle mich wesentlich attraktiver, als ich aus der Kabine trete. Ich creme mein Gesicht ein und ziehe mir frische Wäsche an. Bevor ich mein Zimmer wieder betrete klopfe ich an, nicht dass Isaac gerade nackt dasteht. Aber dem ist nicht so. Er sitzt vollständig bekleidet auf meinem Stuhl schreibt auf einen Block.
„Was machst du da?", frage ich und trete hinter ihn. Er dreht seinen Kopf in meine Richtung, hat den Blick aber noch immer auf das Papier gerichtet. Er grinst schief und verdeckt es mit seinem Arm. „Privat", erklärt er leise lachend. „Ach?", frage ich und versuche seinen Arm zur Seite zu schieben. „Ja!", ruft Isaac und steht auf, um mir die Sicht komplett zu verdecken. Er legt seine Hände auf meine Schultern und schiebt mich ein Stück zurück. „Darf ich es bitte lesen?", frage ich fast bettelnd. Ich bin zu neugierig auf das, was Isaac geschrieben hat, aber er schüttelt nur seinen Kopf.
„Noch nicht", sagt er und streicht mich eine feuchte Locke hinters Ohr. Seine Hand verharrt dort und sein Daumen streicht sanft über mein Gesicht. Meine Haut fängt an zu kribbeln und ich hebe leicht meinen Finger an seinen Bauch. Isaacs Augen huschen hin und her. Sie strahlen hell und klar. Dann kneift er leicht seine Augen zusammen, als würde er nachdenken. Er beugt sich nach vorne, bis sich unsere Nasenspitzen berühren. Sein Atem haucht gegen meine Lippen und ich fühle mich wie benebelt von seiner Anwesenheit. „Ich würd' so gerne..", beginnt er und schließt verzweifelt seine Augen. „Was?", wispere ich ohne meinen Blick abzuwenden. Er stupst seine Nase gegen meine und sieht so unglücklich aus. Dann legt er drängend seine Lippen auf meine, als würde sein Leben daran hängen. Als wäre ich seine Luft zum Atmen. Einen Augenblick  gebe ich mich dem Moment hin, bis mich mein Herz anschreit, dass ich es nur schlimmer mache. Ich mache mich selbst kaputt. Mir rollt eine Träne über die Wange und ich löse mich hastig von Isaac. Er sieht todunglücklich aus und fährt sich aufgewühlt durch sein dunkles Haar. „Entschuldige", murmelt es und wendet sich ab. „Isaac ich...", fange ich an, „Ich kann das nicht". Er nickt langsam und geht zu meinem Schreibtisch um das Papier aus dem Block zu reißen und zu zerknüllen. Seine Muskeln sind angespannt. „Ich kann nicht so tun, als wären wir nur Freunde. Ich kann das einfach nicht", die Worte verlassen hastig meinen Mund. Isaac verharrt und dreht sich wieder zu mir um. Seine Hände sind um das Papier geballt. Er guckt mich ein paar Sekunden irritiert an. Langsam hebt er seine Hand und gibt mir das Papier. Erstaunt nehme ich es entgegen.
„Ich auch nicht", murmelt Isaac mit gerunzelter Stirn. Verwirrt gucke ich ihn an. Er nickt zu meiner Hand und ich entfalte das Stück Parier wieder.

Chloe,
Ich bin nicht gut darin, meine Gefühle in Worten zu verpacken und noch schlechter bin ich, wenn es darum geht, sie zu Papier zu bringen. Anders kann ich es aber nicht. Ich ertrage es nicht, nur mit dir befreundet zu sein, ohne einen realen Funken Hoffnung für uns zu sehen. Hin und wieder glaubte ich, dir unendlich nah zu sein, aber irgendwie hat sich diese Freundschaft zu einer Freundschaft plus entwickelt und es gefällt mir gar nicht. Ich meine ja schon, aber ich möchte mehr als das für dich sein. Vielleicht wird das ja nie geschehen, aber ich muss wenigsten das Wissen haben, alles versucht...

Chloe", unterbricht Isaac mein lesen. Er sieht gequält aus. Ich lasse meine Hand sinken und überwinde den Raum zwischen uns mit einem Schritt. Ich lege meine Hände an seinen Nacken. „Wir sind ziemlich doof", murmle ich und muss grinsen. „Das glaube ich auch", raunt Isaac und legt seine Hände auf meine Hüften. Dieses Mal bin ich es, die ihre Lippen auf die von Isaac drückt. Erst sanft und dann verlangender.

Ich liebe diesen Kerl, diesen blöden Idioten.

Isaac brummt auf und zieht mich unendlich nah an sich. Seine Hand liegt nun auf meinem Rücken und strahlt eine angenehme Wärme aus. Ich lasse meine Zunge über seine gleiten und genieße das kribbeln, welches sich immer weiter in meinem Körper ausbreitet. „Also", haucht Isaac zwischendrin. „Ja?", murmle ich und vergrabe meine Hände in seinen noch feuchten Haaren. „Sollen wir jetzt erstmal Daten oder so?", fragt Isaac unsicher und lehnt seine Stirn gegen meine. Ich beiße mir auf die Lippe und grinse breit. „Nein, wir lassen den scheiß einfach aus. Ich weiß auch so, dass ich dich will", meine ich und sehe wie mich Isaac freudig anschaut. „Echt?", fragt er. „Ja echt", bestätige. Isaac atmet erleichtert aus und bekommt dann ein funkeln in den Augen. „Wenn das so ist", raunt er und zieht mich zum Bett auf seinen Schoß, „Dann können wir ja gleich zu den Sachen übergehen, die Freund und Freundin machen."
Ich hebe grinsend meine Augenbrauen und ziehe mir selbstsicher meinen Pulli aus. „Gut", hauche ich in sein Ohr und genieße Isaacs Berührungen. Bei ihm fühle ich mich sicher und stark.

Keine Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt