Kapitel 30

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Nach zwei Monaten ohne Sex musste ich wieder zu meiner alten Form zurückfinden. Ich hatte schon öfters Flauten die Mal zwei oder drei Wochen anhalten konnten, doch was darüber hinausging war strickt und einfach Orgasmusverweigerung. Heute Abend würde ich mir holen, was ich die letzten Wochen verpasst hatte. Ich drehe mich zu James, um ihm zu signalisieren, dass ich wieder im Spiel bin.

Meinen ersten Sex on the Beach kippe ich, mit dem Kopf im Nacken, in einem Zug. An der Bar sitzt ein großer, blonder Mann der gut in mein übliches Raster passt. Ich remple ihn absichtlich an, als ich mich neben ihn stelle. Er hebt den Blick und seine blauen Augen - umrandet durch eine weiße Maske - scannen mich von oben bis unten.
"Oh tut mir leid. Ich wollte nur eben einen neuen Drink bestellen." Ich berühre ihn leicht an der Schulter, um ihm genauer zu signalisieren, was meine Absichten sind. Seine Augen glühen und seine Lippen verziehen sich zu einem seitlichen Grinsen.
"Lass mich dir einen ausgeben", antwortet er zwinkernd. Ich nicke. Wenn ich jetzt keinen groben Schnitzer mache, klappt das mit ihm und mir, zumindest für diese Nacht. Ich lächle und winke Zack zu uns, der mit einem Wissenden Blick auf uns zukommt.
"Ich bin übrigens Marie", erkläre ich, ihm meine Hand entgegenstreckend.
"Ich bin Jace. Bist Du öfters in diesem Club?" Jace ist selbstbewusst, sieht gut aus und weiß es, doch er macht nicht den Eindruck, als wäre er ein eingebildeter Schnösel. Daran wie sein Blick meinen Körper scannt, kann ich sehen, dass er interessiert ist. Und auch ich, bin alles andere als abgeneigt.
"Ehrlich gesagt, war ich erst einmal hier. Bin nicht lange geblieben, hatte 'nen Stalker an der Backe", lockere ich die Stimmung mit einer weiteren Berührung an seinem Oberarm auf. Ich merke selbst wie aufgesetzt ich wirke, ich bin verspannt und unkonzentriert, wirke fahrig und als hätte ich es nötig, doch ich kann es nicht kontrollieren. Normalerweise fällt es mir um so vieles leichter. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal mit einer meiner "Eroberungen" vorher unterhalten musste. Zumeist fand man sich auf der Tanzfläche und dann war schnell klar, in welche Richtung es ging. Bei diesen Gedanken kommt mir dann auch die rettende Idee.

Wenige Minuten später finden wir uns auf der Tanzfläche wieder, beide mit einem Drink in der Hand. Ich hätte gleich hier jemanden ansprechen sollen, das vermeidet das peinliche Vorgeplänkel. Jace hat sich hinter mir positioniert und legt seine freie Hand auf meine Hüfte. Gemeinsam bewegen wir uns zur Musik. Meine Hüften lasse ich kreisen und spüre dabei seine wachsende Erektion an meinem Hintern. Es hat etwas Befriedigendes, er findet mich anziehend. Das Tanzen lockert meine Muskeln, wodurch ich endlich wieder in meine alte Form zurückfinde. Ich streife sie mir über, wie eine zweite Haut. Die selbstbewusste Marie, die jetzt auf der Jagd nach gutem, unverbindlichem Sex ist.

Ich presse meinen Körper enger an seinen. Seine Erektion presst sich immer härter gegen meinen Arsch. Es gibt mir ein gutes Gefühl ihm zu gefallen und zwar auf einer Ebene, auf der ich das zulassen kann. Rein sexuell. Lippen pressen sich auf meine Halsbeuge und ich verliere mich in dem Gedanken wie sehr ich es mochte, wenn Alexander das gemacht hat. Wie seine Hände an meinem Körper entlang gewandert sind. Diese Gedanken sind jedoch Gift für mich, ich darf sie nicht zulassen. Ich sollte mich auf Jace konzentrieren. Doch ich muss daran denken, wie andersartig seine Lippen sich anfühlen. Wie wenig mich seine Bewegungen stimulieren. Er sieht heiß aus, hat wunderschöne Augen, den Charme eines Jägers und an meinem Rücken kann ich seine gestählten Bauch- und Brustmuskeln fühlen, doch er zieht mich nicht an. Mir fehlt das elektrisierende Gefühl, wenn er mich berührt. Aber anstatt mich von ihm abzuwenden, fortzugehen und mir jemanden zu suchen, der diese Gefühle bei mir auslösen kann, versperre ich mich und möchte es jetzt wissen. Ich werde diesen Mann verführen und er wird mir einen Höhepunkt schenken, der mich Alexander vergessen lässt, koste es was es wolle.

Ich wurde die letzten Wochen von Allen wie ein rohes Ei behandelt. Jeder hatte das Thema vermieden, um mich nicht zu verletzten. Alle dachten sie ich hätte ihn schon längst vergessen. Sogar James hatte nicht hinter meine Schutzmauer sehen können. Ich vermisste ihn unglaublich, aber ich wollte diesen zerstörerischen Gefühlen nicht mehr nachgeben. Wir würden doch nur wieder dort landen, wo wir uns zuletzt getrennt hatten. Alexander wollte nicht nur Sex, doch das war das Einzige, was ich wollte. Bedingungslosen Sex, keine Beziehung.

Niemals wollte ich mich so sehr fallen lassen, wie meine Mum es einmal getan hatte. Niemals wollte ich so verletzt werden. Niemals wollte ich so mitleiderregend, schwach und ungeliebt wirken, wie sie. All das konnte ihr nur ein einziger Mann antun. Ein Mann, von dem sie dachte, er würde sie lieben. Ein Mann, der schwor sie nie zu verlassen. Ein Mann, der sie mit einem Kind allein zurückließ.

Ich drehe mich zu Jace um. Mach das ich alles vergesse, flehen meine Augen. Am Rande spüre ich die Vibration meines Handys in meiner Tasche, doch ich ignoriere es. Jace kann und wird mir heute Nacht helfen. Er packt mich mit seiner Hand am Hintern, drückt mich näher an sich und seinen steifen Schwanz. Meine Arme lege ich ihm um den Hals, greife mit meiner freien Hand in sein Haar. Diesmal bricht das Klingeln meines Handys nicht ab, wie die Male zuvor. Ich ziehe die Augenbrauen gedankenverloren zusammen, überlege wer mich versuchen könnte zu erreichen. Währenddessen hat sich Jace wieder zu mir gebeugt, knabbert an meinem Hals.

Kurz nach dem abebben des Vibrationsalarms beginnt es von neuem. Resigniert gebe ich nach, rücke leicht von Jace ab, der mir - so glaube ich zumindest - gerade einen Knutschfleck verpasst. Auf meinem Handydisplay erscheint die Nummer meiner Mum. Ohne über meine Umgebung, oder den Kerl an meinem Hals, nachzudenken, gehe ich ran.
"Hey Mum, ist grad schlecht. Ist es wichtig?" Ich bin mir nicht sicher ob ich richtig höre, aber es scheint als würde sie weinen. Ich rücke von Jace ab und halte mein linkes Ohr zu, um besser verstehen zu können. Das Schluchzen wird lauter. "Mum, bleib dran. Ich geh schnell nach draußen, hier drin kann ich dich nicht verstehen." Ich schiebe mich durch die Menge, und bekomme Panik in den Menschenmassen um mich herum, die mich immer wieder Richtung Tanzfläche zu schieben scheinen. Warum weint sie? Hat sie Steve verlassen? Das wird er ihr doch nicht antun, nachdem er sie hierher, in ein fremdes Land gebracht hat. Ich werde ihm die Eier ausreißen, sollte es so sein.

Vor dem Club angekommen, lehne ich mich, in einer ruhigen Ecke, an die Hauswand. Einmal tief durchatmen.
"Mum, ich bin draußen. Was ist passiert?"
"Ach Schatz", ihr Schluchzen schwillt wieder an. Ich kann kaum verstehen was sie sagt. "Mich hat gerade ein Oberarzt aus Deutschland angerufen." Mein Magen verkrampft sich. Wenn ein Oberarzt, um diese Uhrzeit anruft, dann kann es nichts Gutes heißen. Ich versuche mir abzuleiten, was das bedeuten könnte. Liegt jemand im Krankenhaus? Die Zeitverschiebung, die sollte ich mit einberechnen. Verängstigt versuche ich auszurechnen wie viel Uhr wir haben, schaffe es aber nicht.
"Sie sagen, sie hatte wieder einen Herzinfarkt. Sie wollen sie morgen operieren. Sie liegt auf der Intensivstation, es steht wirklich schlecht...", wieder bricht sie ab. Die Verzweiflung in ihrer Stimme hämmert mir die Realität knallhart ins Gesicht. Ich rutsche an der Hauswand entlang zu Boden. Tropfen bilden sich auf meinen Oberschenkeln, nach ein paar Sekunden realisiere ich, dass es meine Tränen sind. Gerade heute Abend hatte ich noch mit ihr telefoniert...

Du hast sie zu sehr aufgeregt. Sie hat den Herzinfarkt nur wegen Dir bekommen. Es ging ihr gut, bis du mit deiner dummen Idee kommen musstest.

Neben mir erkenne ich eine Gestalt die sich zu mir runterbeugt. Es ist James. Seine starken Arme legen sich um mich, drücken mich fest an sich.
"Steve und ich werden morgen Früh, um sechs Uhr, gleich den ersten Flug nehmen. Möchtest du uns begleiten Liebling?" Ich nicke ohne zu verstehen, dass es meine Mum nicht sehen kann. James nimmt mir das Handy aus der Hand, klärt alles nötige mit ihr, ohne von mir abzulassen.
"Marie!", ruft jemand und als ich aufblicke, folgt der nächste Schock des Abends. Emily kommt mit Alexander auf mich zugerannt.

Mr. Blacks geheime Leidenschaft | BAND 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt