"Es wird besser, vertrau mir, Schatz.", meinte sie, während sie den Reis vom Herd nahm. "Sobald du am College bist, ist denen egal, was für ein Mensch du bist. Da sind sie anders." "Das sagen alle, aber ich glaub da nicht dran. Mum, ich hab meinen dritten Schulwechsel hinter mir. Hier in Seattle gibt es keine Schule mehr, in deren Einzugsgebiet ich bin. Und in allen war es bisher das Gleiche. Warum sollte das College da anders ein?", fragte ich sie. Ich nahm die Teller aus dem Schrank und Mum machte uns beiden eine Portion auf diese. "Weil sie da keine pubertierenden Teenager mehr sind, die Angst haben, sie selbst zu sein. Am College sind alle experimentierfreudig, wollen sich selbst definieren. Glaub mir, Engel, die Chancen stehen gut, dass du dort die Liebe deines Lebens findest. Da sind so viele gutaussehende Jungs, du wirst dich nicht sattsehen können." "Mum? Du bist mir echt zu optimistisch.", murrte ich und setzte mich an den Küchentisch. "Irgendjemand muss es doch sein, oder?" "Mhm. Oder wir schließen einfach eine Wette ab, wie lange es dauert, bis ich mit einem blauen Auge nach Hause komme."
Ich traute mich nicht rein. Seit gefühlt einer halben Stunde stand ich bereits vor unserer Haustür. Ich hatte nicht den Schlüssel vergessen, daran lag es nicht. Aber ich weinte wieder. Glücklicherweise stand ich mit dem Rücken zur Straße, sodass mich niemand sehen konnte. Aber wenn Ryder sich spontan entschloss, rauszukommen, würde er mich sehen und auslachen. Er würde es wieder rumerzählen und die Schüler würden noch grausamer werden. Und dabei hatten wir gerade einmal Dienstag. Ich war gerade mal einen Monat in Miami, zwei Tage in der Schule und ich hatte genug. Niemand juckte es, wie ich mich fühlte. Außer Luis. Luis schien sich wirklich um mich zu sorgen, dabei kannten wir uns nicht einmal.
Ich atmete tief durch, wischte die Tränen weg, schloss die Tür auf und versuchte, Ryder aus dem Weg zu gehen. Schnell zog ich meine Schuhe aus und ging zur Treppe, da hörte ich ihn. "Max?" Seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Er durfte mir nicht ins Gesicht sehen. Schnell rannte ich die Stufen nach oben und plötzlich brüllte er meinen Namen. "Max! Komm her!", brüllte er und ich hörte ihn hinter mir die Treppe hochpoltern. So schnell ich konnte verschwand ich in mein Zimmer, knallte die Tür hinter mir zu und lehnte mich gegen diese. Nur wenige Sekunden später hörte ich ihn gegen Diese hämmern. "Max! Komm sofort da raus!" forderte er mit wütender Stimme und ich zitterte am ganzen Körper. Er sollte verschwinden, mich allein lassen! "Max!" Er hörte nicht auf. Ich glitt an der Tür runter, zog die Knie an und legte presste meine Hände gegen die Ohren. Noch immer drang sein Geschrei an mein Ohr, aber es war gedämpft.
Ich bekam nicht mit, wie er verschwand, oder wie er aufhörte. Ich wusste nur, plötzlich war es still. Aber ich blieb noch etwas sitzen, blieb in dieser zusammengekauerten Position. Erst das Vibrieren meines Handys lies mich aufschrecken. Eine Nachricht von Luis. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Er wollte mich in einer Stunde abholen, aber ich wollte nicht, dass ihn jemand sah. Nein, wenn Ryder mich mit einem Mann weggehen sehn würde, dann würde er Eins und Eins zusammenzählen. Und so, wie ich ihn einschätzte, wäre ihm egal, ob sein Ergebnis der Wahrheit entsprach, oder nicht. Ryder würde einen neuen, wunden Punkt in meinem Leben finden und diesen gegen mich nutzen. Morgen wäre ich nicht mehr nur der Neue, die Heulsuse. Morgen wäre ich der Homo aus der Nachbarschaft. Achtung! Ansteckungsgefahr! Haltet euch fern! Ich kannte das Alles doch schon.
Schnell tippte ich eine Nachricht, dass wir uns vor Ort treffen würden, es sei mir einfach lieber, stand endlich auf und ging zu meinem Kleiderschrank. Ich suchte ein paar Outfits raus, zwischen denen ich mich nicht entscheiden konnte. Mein Handy vibrierte erneut und ich schnappte es mir schnell.
'800 Ocean Dr, Miami Beach. Ich erwarte dich. ;)'
Gott sei Dank gab er mir die Adresse. Er hatte wohl heut morgen mitbekommen, dass im Hintergrund weiter Google Maps lief, als er seine Nummer eingetippt hatte. Nun wieder voll mit Vorfreude entschied ich mich schnell für ein einfaches, aber dennoch gutaussehendes Outfit. Eine schwarze, an den Knien zerrissene Jeans und ein weißes Hemd dazu. Die oberen zwei Knöpfe lies ich offen, er sollte schon merken, dass ich ihn versuchen würde zu verführen. Die Ärmel krämpelte ich hoch, denn Gott, in Miami war es warm! Nachdem ich mich umgezogen hatte, sah ich zur Tür. Was, wenn er noch immer davor stand, und wartete, bis ich nachgab? Ich merkte, wie das Zittern langsam wiederkam. Aber ich musste ins Bad, mich fertig machen. Also musste ich wohl in den sauren Apfel beißen. Ich holte tief Luft und öffnete die Tür einen Spalt. Nichts zu hören, nichts zu sehen. Beruhigt öffnete ich die Tür nun komplett und ging ins Bad, wo ich mich fertig machte für mein Date. Natürlich hoffte ich noch immer, dass es ein richtiges Date war.
Gott, wie kam Luis nur auf die Idee, jemanden ausführen zu wollen, der im Gesicht aussieht, als hätte er mit einem Auto gekuschelt, welches mit 100km/h in meine Arme fuhr? Ich sah furchtbar aus! Und.. Luis würde noch immer darauf bestehen, zu erfahren, wessen Werk das war. Egal, ich würde ihm wenigstens die halbe Wahrheit geben, ich konnte ja schlecht sagen, dass das mein Stiefbruder war, weil er mich hat heulen sehen. Allein, weil er dann weiter fragen würde, warum ich geheult habe. Aber ich war noch immer zu instabil, um über den Grund zu reden. Nicht beim ersten Date, denn sonst wäre es definitiv das Letzte. Ich ging zurück in mein Zimmer, steckte mein Geld ein, und ging runter.
Dort waren Luna und Dad, gepaart mit Ryder, im Wohnzimmer. "Wo willst du hin?", fragte Dad, der mich als erstes mitbekommen hatte. Ryder war der nächste und durchbohrte mich mit seinem Blick, aber ich ignorierte ihn und das Zittern, welches sich langsam wieder anbahnte. "Ich hab ein Date. Wartet mit dem Abendessen nicht auf mich.", meinte ich und zog meine Schuhe an. "Warte, ich geb dir etwas Geld mit." Dad stand vom Sofa auf und ging in die Küche. "Nein, ich brauch kein Geld, ich hab genug einstecken. Wirklich." "Keine Widerrede!", hörte ich ihn sagen und nun stand ich im Flur, und musste warten. Das nutzte Ryder natürlich aus, und gesellte sich zu mir. "Max.", hörte ich seine Stimme und zuckte wieder zusammen. "Schau mich an.", verlangte er, aber mein Blick blieb an meinen Schuhen hängen. Ich traute mich nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Er würde lediglich sein Werk betrachten und zufrieden wieder gehen. Oder es verfeinern.
Ich vernahm ein leises Knurren, was wohl dem zu verschulden war, dass ich seinem Befehl nicht nachkam. "Du sollst mich ansehen, hab ich gesagt!", forderte er in einem schreienden Flüsterton. Seine Füße kamen in mein Blickfeld und instinktiv ging ich einen Schritt zurück. Gerade, als seine Hand in mein Blickfeld kam, hörte ich die Stimme meines Vaters. "Hier, das sollte reichen für dein Date.", meinte er und drückte mir einen Hunderter in die Hand. "Dad, nein. Ich brauch das wirklich nicht.", beharrte ich und sah ihn an, die Dollarnote drückte ich ihm wieder in die Hand. Mein Blick hatte ich in der Zeit gehoben und sah Dad bittend an. Er sagte nichts zu meinem Gesicht. Vielleicht hatte er es noch immer nicht wahrgenommen, denn er sah mir nicht wirklich ins Gesicht, eher zu meinen Händen, die das Geld verweigerten. "Ich bestehe darauf." Seine Stimme lies keine weiteren Widerworte zu und um seinen Punkt klar zu machen verschwand er direkt wieder ins Wohnzimmer, was mich wieder mit Ryder allein lies.
Allerdings musste ich jetzt nicht mehr warten. Ich ergriff die Chance, bevor er wieder etwas sagen konnte, und verschwand schnell durch die Tür. Draußen blieb ich einen Moment stehen, holte tief Luft, und gab die Adresse des Cafes in mein Handy ein, ehe ich losging. Das Navi navigierte mich direkt zu meinem Ziel, wo ich bereits den braunhaarigen Wuschelkopf warten sah. Und Gott, er sah noch besser aus, als heute Morgen. Als er mich bemerkte, stahl sich wieder dieses Grübchenlächeln auf seine Lippen und ich musste es augenblicklich erwidern. "Hey Hübscher.", grüßte er mich und ich spürte, wie meine Wangen rot wurden. Ich wurde schon lange nicht mehr hübsch genannt, oder habe generell in letzter Zeit ein Kompliment bekommen. "Hey Sweetheart.", summte ich zufrieden und wir umarmten uns kurz, ehe wir ins Cafe gingen. Der Junge roch so gut.
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My Stepbrother I Boy x Boy I - wird überarbeitet -
Teen FictionVor kurzem hatte er seine Mutter verloren. Nun musste er zu seinem Vater ziehen. Und dieser hatte mittlerweile eine neue Familie. Eine Freundin und ihren Sohn. Einen Sohn, der nicht gerade begeistert vom neuen Familienzuwachs war. Und während Ryder...