Das Date war toll. War es wirklich. Aber es funkte zwischen uns nicht wirklich, zumindest nicht auf der romantischen Art. Schade eigentlich, Luis war ein wirklich toller Mann. Und ja, im Vergleich zu mir war er das wirklich. Er war 23 und ich 17. Das war nicht das Problem, wir hatten drüber gesprochen. Keinen von uns störte, dass ich Minderjährig war. Wir trafen uns in der Woche fast täglich und es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass wir einfach nur Freunde waren. Wir hatten uns geküsst und es war wirklich schön, nach so langer Zeit wieder die Lippen eines Anderen auf meinen zu spüren. Aber spätestens da haben wir gesagt, dass eine Freundschaft sinnvoller war.
Luis wollte mit seiner Schwester über das Wochenende auf ein Konzert fahren. Aber er hatte noch niemanden für Sparkle gefunden. Ich hatte mit Luna und Dad gesprochen, sie wollten ebenfalls über das Wochenende weg, ohne Ryder und mich, daher hatten sie mir das OK gegeben, Sparkle über das Wochenende zu uns zu nehmen. Ryder hatte sich dazu nur grummelnd geäußert und seinen Kartoffelpüree gegessen. Ihm war es also scheinbar egal. Er hatte die Woche über immer wieder versucht, mich anzusprechen. Allerdings habe ich das nicht zugelassen. Ich versteckte mich immer wieder vor ihm, egal, was er davon hielt. Er machte mir Angst. Und dass er immer direkt wütend wurde, wenn ich nicht sofort reagierte, machte die Situation nicht besser. Immerhin hatte er mich nicht noch einmal verprügelt.
In der Schule hingegen wurde es nicht besser, immerhin konnte ich die fehlende Gewalt definitiv als vorläufige Besserung abstempeln. Aber verbal hatten sie nicht nachgelassen. Sie hackten weiter darauf herum, dass ich rumflennte. Aber das tat ich nicht mehr. Ryder konnte mich unmöglich dabei erwischen, denn ich verdrängte die Tränen. Nur unter der Dusche lies ich es geschehen. Denn dort konnte er es nicht sehen, niemand würde es erfahren. Meine blauen Flecken wurden langsam gelblich, waren aber dennoch gut zu sehen. Und die Schüler hatten in dieser einen einzigen Woche viele Spitznamen für mich gefunden, die weh taten. Lea hatte in dieser Woche kaum noch ein Wort mit mir gewechselt. Ich wusste nicht, ob es Zufall war, weil wir einfach kaum gemeinsame Kurse hatten, oder ob sie mich mied.
Ich hatte schon mitbekommen, dass sie hier viele Freunde hatte, aber ich wollte einfach nicht glauben, dass es daran lag. Ich redete mir ein, dass es einfach an unseren Kursen lag und daran, dass unsere Spinde in verschiedenen Gängen lagen. Dass es anders war, als früher, obwohl wir damals eine ähnliche Situation hatten. Ich schreckte aus meinen Gedanken, als es an der Tür klingelte. Es war Freitag Nachmittag, Luna und Dad waren bereits heut morgen abgereist. Das musste Luis sein. Ich rannte die Treppe hinunter, Ryder hatte ich in der Küche gesehn, sehr beschäftigt mit seinem Handy. Ich öffnete die Tür und strahlte Luis an. "Hey Sweetheart!", summte ich und wurde in seine Arme gezogen. "Hey Hübscher", schnurrte er mir ins Ohr und küsste meine Wange, ehe ich mich Sparkle widmete. "Hey Großer.", grüßte ich ihn und wuschelte ihn durchs Fell. Es war so weich, dass ich nicht mehr aufhören wollte. So ging es mir oft, wenn ich mit Tritos einen faulen Nachmittag hatte und durch sein Fell strich. Nur, dass dieser eher sanftes Streicheln dem Wuscheln gegenüber bevorzugte. Sparkle hingegen liebte es, wenn man richtig durch sein Fell wuschelte. "Hier ist das Futter und die Beutel drin. Denk dran, er liebt große Runden.", erinnerte mir Luis und überreichte mir eine Tasche. "Sein Spielzeug hab ich auch eingepackt, aber ich glaubte, dass mein Kater am Ende vielleicht der interessantere Spielpartner sein könnte.
Ich machte Sparkle von der Leine los und verabschiedete mich von Luis. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, war der Hund bereits verschwunden und aus der Küche ertönte ein geschockter Schrei und ein dumpfer Ton, als sei etwas umgefallen. Schnell eilte ich hin und sah Sparkle auf Ryder, schwanzwedelnd, und diesen abschleckend. Und Ryder versuchte verzweifelt, die Schnauze wegzudrücken. Und Gott, das sah so gut aus, ich konnte mein Lachen für einen Moment nicht zurückhalten. Als Ryder mir seinen finsteren Blick schenkte, änderte sich das aber wieder ganz schnell. Sofort verstummte ich und versuchte, Sparkle von ihm wegzubekommen. Als er sich endlich von Ryder lösen konnte, saß er brav neben mir, lies den anderen aber nicht aus den Augen. "Gott, du meintest das echt ernst mit dem Köter? Schon schlimm genug, dass du ein Katzenvieh anschleppst.", murrte er, nachdem er sich aufgesetzt hatte. Hatte er gerade Tritos beleidigt? Mein Kater kam in die Küche getappst, vermutlich, um herauszufinden, was hier los war. Dabei schmiegte er sich schnurrend an Ryder, welcher diesen ohne weiteres kraulte und dann mich ansah. "Was?", fragte er, da ich nun die Augenbraue hochgezogen hatte.
"N-nichts..", stotterte ich und packte die Tasche aus, die Luis mir mitgegeben hatte. Als ich mich wieder umdrehte, saß Ryder auf dem Boden und kuschelte mit den beiden Fellträgern, die sich überraschend gut verstanden. Und der Anblick erwärmte mein Herz. Ryder sah so... zufrieden mit sich selbst und dem Leben aus. Er lächelte und kraulte Sparkle hinter dem Ohr. Dieser Anblick war zum Verlieben. Wer auch immer sich in diesen Jungen verlieben würde, der tat mir leid. Moment, sah ich da ein Lächeln? Das.. war wirklich zum Dahinschmelzen. Mein Herz klopfte etwas schneller, wie so oft in Ryders Nähe. Nur diesmal nicht aus Angst. Oh nein, das durfte es nicht. Sofort wandte ich mich wieder ab und räumte alles weg. In Ryder auch nur minimal mehr sehen, als den Stiefbruder, der mich verprügelt hatte, wäre viel zu gefährlich. Und komplett bescheuert. Das wäre ein kompletter Selbstmordakt.
Abends, als es Zeit wurde, mit Sparkle eine Runde zu gehen, kam Ryder zu uns und sah mich an. "Ich würde gern mitkommen, ist das okay?"
Er.. fragte? Warum fragte er mich, ob er mitkommen könnte? Bis eben hab ich mich, wie immer, im Zimmer verkrochen. Tritos und Sparkle waren Verräter, sie blieben bei Ryder. Und auch jetzt wollte ich ihm eigentlich weiter aus dem Weg gehen. Aber Sparkle mochte Ryder und sah ihn bereits so an, als würde er mit uns mitkommen. Also nickte ich und leinte den Hund an, ehe wir raus gingen. Wir liefen schweigend nebeneinander her, bis wir in einem Park ankamen. Es war komisch, einfach neben ihm herzulaufen, als sei es das Normalste der Welt. Denn das war es nicht. Ich mied seine Nähe die meiste Zeit. Und wenn wir doch mal im selben Raum waren, dann zitterte ich normalerweise vor Angst oder er machte mich verbal nieder. Der braunhaarige Riese steuerte zielstrebig eine Bank an, also folgte ich ihm gezwungenermaßen. Als wir saßen, machte ich Sparkle von der Leine. Ich wusste, dass er gut trainiert war. Er würde in der Nähe bleiben und auf seinen Namen hören.Während der Hund über die Wiese tollte, lehnte ich mich an. Natürlich saß ich mit ausreichend Abstand zu Ryder und hatte Sparkle genaustens im Auge. "Warum bist du in Miami?", hörte ich plötzlich Ryder fragen. Was? Warum ich in Miami war? Wieso stellt er die Frage? Dad musste es ihm doch erklärt haben. Oder.. wusste er es wirklich nicht? Glaubte Ryder am Ende wirklich, ich sei nur wegen des Geldes hier? Oder weil Mum und ich uns nicht mehr leiden konnten? Das würde zumindest einiges erklären. Aber.. hatte er sich denn überhaupt das Recht verdient, die Wahrheit zu kennen? "Das... ist egal.", murmelte ich, so kleinlaut wie immer.
"Ach komm schon Max. Ich bin mittlerweile dahinter gestiegen, dass du nicht nur Geld willst. Sonst würdest du nicht immer so reuevoll schauen, wenn John dir wieder was schenkt oder Geld in die Hand drückt. Was sind die wahren Gründe?", forderte er zu wissen, sein wirklich ausgesprochen gut gebauter Oberkörper nun mir zugewandt.
"Warum...", fing ich an, holte noch einmal tief Luft, um endlich wie ein zivilisierter Mensch mit ihm zu reden, und wandte mich ihm ebenfalls zu. "Warum erzählst du es dann jedem?" Er seufzte und fuhr sich durch sein braunes Haar. Gott, so sehr ich ihn hasste, so viel Angst ich auch vor ihm hatte, er war unglaublich sexy. "Ich weiß, das war nicht korrekt, aber-""Nichts aber!", fuhr ich ihn an, und er sah mich genauso überrascht an, wie ich mich fühlte. "Du erzählst den größten Bullshit über mich rum Ryder, nur weil du nicht weißt, was mir passiert ist! In der Schule traut sich niemand in meine Nähe, weil ihr meinen Ruf von Tag Eins festgelegt habt und ich hab keine Wahl, als mein immer wieder kehrendes Schicksal zu akzeptieren. Denkst du, ich komme freiwillig nach Miami, wenn ich in Seattle wenigstens etwas gehabt habe?!"
"Warum bist du dann nicht in Seattle?", fragte er mit gerunzelter Stirn und.. sah ich da Reue in seinem Blick? Nein, das musste das schimmrige Laternenlicht sein. Menschen wie er empfanden keine Reue. "Weil ich nicht kann... ich bin noch Minderjährig und muss bei einem Sorgeberechtigten leben.", murmelte ich, den Blick nun wieder dem Boden zugewandt. "Und was ist mit deiner Mutter? Wurde ihr das Sorgerecht entzogen, oder wie?"Ich biss mir auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Wobei, in gewisser Weise schon. Gewaltsam, gegen aller Willen. "Was war es dann?", fragte er weiter und rutschte ein Stück zu mir, als würde er ahnen, was gleich passieren würde. Ich wollte nicht vor ihm weinen, nicht nach allem, was mir das bisher eingebracht hatte. Aber jeder Gedanke an den Tod meiner Mutter war ein Trigger, der immer ausgelöst wurde, wenn dieses Thema angesprochen wurde. Ich hatte keine Gewalt mehr darüber, dass die Tränen letztendlich über meine Wangen rollten und mir ein Schluchzer entkam. Und als ich dachte, dass es nicht mehr schlimmer werden konnte, spürte ich plötzlich, wie ich an eine harte Brust gezogen wurde. "Es tut mir leid.", murmelte Ryder, während er mich tröstend in seinen Armen hielt. Und in dem Moment war mir komplett egal, wer er war und was er mir angetan hatte. In dem Moment war ich einfach froh, das zu bekommen, was ich die ganze Zeit gebraucht hatte. Eine Umarmung, die mir versprach, dass alles besser werden würde. Eine Umarmung, die mich zusammenhielt und vor der Welt schützte. Eine Umarmung, die mir erlaubte, meine Gefühle rauszulassen.
DU LIEST GERADE
My Stepbrother I Boy x Boy I - wird überarbeitet -
Teen FictionVor kurzem hatte er seine Mutter verloren. Nun musste er zu seinem Vater ziehen. Und dieser hatte mittlerweile eine neue Familie. Eine Freundin und ihren Sohn. Einen Sohn, der nicht gerade begeistert vom neuen Familienzuwachs war. Und während Ryder...