Kapitel 26

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Ich hörte wie sie sich unter ihrer Decke bewegte als ich vorsichtig den Raum durchquerte und auf ihr Bett zu ging.
Allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich konnte durch das Mondlicht ausmachen wie sie sich nach ihrem Nachttisch ausstreckte um ihre Lampe anzumachen.

"Justin?"
"Nicht." Ich stoppte sie in ihrer Bewegung indem ich ihre Hand sanft bei Seite schob. "Lass sie aus."

Die Dunkelheit verwehrte mir die Reaktion in ihrem Gesicht zu erkennen als ich mir mein Shirt über den Kopf zog, doch ich konnte hören wie sie leise nach Luft schnappte.

"Was machst du da?"
"Ich schlafe nicht gern vollständig angezogen." Antwortete ich leise kichernd, streifte mir die Jeans von den Beinen und stieg aus dem Stoff heraus, immer darauf bedacht meine Gedanken zu kontrollieren.

In diesem Moment begann etwas auf der Ablage zu vibrieren und leitete mehrmals auf.
Ich sah auf den Display.
Jamie: 23 Anrufe.

"Machst du es bitte aus?"
"Willst du nicht rangehen? Er macht sich bestimmt Sorgen."
"Ich hab ihm schon geschrieben das ich zu Hause bin."
"Vielleicht muss er hören das es dir gut geht?"
An seiner Stelle wäre ich nicht mehr zurechnungsfähig bis ich bei ihr wäre.

"Heute nicht mehr." Gab sie zurück.
Soll mir nur recht sein.

Ich drückte so lange auf die Hometaste bis "Ausschalten" aufleuchtete und schob den Button zu, bevor ich ihr Handy zurücklegte.
Dann hob ich ihre Bettdecke an und wartete darauf das sie mir die Erlaubnis erteilte.

"Darf ich?" Sie nickte etwas zögerlich, zu zögerlich, sodass ich an meinem Platz blieb.
Ich muss es hören.
Ich will das sie es sagt.
Ich will das sie es will.

Sie rückte ein wenig um mir Platz zu machen und legte ihren Kopf schief als sie bemerkte das ich mich nicht in Bewegung setzte.
"Was ist los?"
Ich schwieg.
"Du musst nicht hier schlafen wenn du ..."
"Nein." Unterbrach ich sie. "Das ist es ja April..."

Es wird der Zeitpunkt kommen an dem es vorbei ist.
Der Zeitpunkt an dem sie mich hassen wird.
Der Zeitpunkt an dem sie die Wahrheit herausfindet.
Ich will mir dann nicht selbst vorwerfen müssen das ich sie, neben dem ganzen anderen Scheiss den ich ihr antue, auch nur in irgendeiner Sekunde benutzt hätte.
Denn wenn es nach mir ginge, würde ich schon längst neben ihr liegen und das nicht nur für heute.
Wenn es nach mir ginge, würde kein anderer mehr an sie ran kommen.
Weder Abel noch Zayn, selbst Jamie.
Niemand.
Aber ich habe nicht das Recht. Nicht mal, darüber nachzudenken.

"Das ist der Punkt. Ich will bei dir sein. Nicht nur wegen heute ... Sondern allgemein... Nur..."
Ich seufzte und betrachtete die Umrisse ihrer Regale die über ihrem Nachttisch hingen.
Was versuche ich hier zu beweisen?

"Dann bleib bei mir." Flüsterte sie und legte ihren Kopf auf eines der Kissen.

Nur eine weitere Sekunde zögerte ich um unter die Decke zu schlüpfen und sie in meine Arme zu ziehen, ihr Rücken an meine Brust gedrückt.
Sie lies es geschehen als ich meine Finger auf der Suche nach den ihrigen über Ihre Haut streichen lies und atmete einmal tief ein bevor sie sich ineinander verschränkten.
Ich konnte spüren wie sie sich unter meiner Berührung entspannte und genoss den Duft den ihre Haare verströmten, das Geräusch ihrer regelmäßigen Atmung, ihre Nähe nach der ich mich so unendlich verzehre.
Auch wenn es falsch ist.
Auch wenn ich weiß das ich es bereuen werde, dass ich sie und mich selbst nicht besser voreinander schützen konnte.

In der Zeit, in der ich mit Ray's Hilfe versuchte sie ausfindig zu machen, alle Daten, Urkunden und Zeitungsartikel sammelte die aufzutreiben waren, hatte ich mir immer einen Plan zurecht gelegt wie ich vorgehen würde.

Punkt 1: mich in ihr Umfeld einschleusen.

Wobei ich sagen muss das das kleine Stelldichein mit Lily nicht unbedingt so vorgesehen war.
Ursprünglich wollte ich mich irgendwie in die Uni einklinken doch nachdem ich mal wieder in ner Bar gelandet war, weil mir die scheisse über den Kopf zu wachsen drohte und insgeheim überlegte alles hinzuwerfen, kam sie einfach völlig überdreht mit ein paar Freundinnen in den Laden gestürmt und sprach mich an.
Sie sah verdammt heiß aus und wir waren betrunken und ...
Was soll's ich bin ein Arschloch.

Punkt 2: Freundschaftliche Beziehung - Ihr Vertrauen gewinnen.

Punkt 3: Dezenter Anstoß - Sie wieder zum Spielen bringen.

Punkt 4: Sichergehen das sie ihr Studium wieder aufnimmt.

Punkt 5: Verschwinden.

(Punkt x: die Wahrheit) ...

Doch als ich sie dann das erste Mal durch die Fenster des Plattenladens gesehen hatte, wusste etwas in mir das es keinen Plan mehr gibt.
Nicht was mich betrifft.
Ray wusste es von Anfang an. Er wusste, dass mich die Geschichte nicht kalt lassen würde, das sie mich nicht kalt lassen würde, das ich nicht einfach so wieder verschwinden könnte.
Aber hier geht es nicht um mich, hier geht es nicht darum was ich will.
Hier geht es um Sie und die Schuld meines Querulanten-Vaters.
Die Schuld die ich begleichen muss um mir nicht ein Leben lang Vorwürfe zu machen.
Das sage ich mir jedenfalls Tag ein Tag aus damit ich nicht durchdrehe.
Damit ich mich an das Ziel erinnere und ignoriere das ich sie zu sehr will.
Denn manchmal schaff ich's nicht den Abstand einzuhalten der verdammt noch mal nötig wäre.
Manchmal vergesse ich das es irgendwann vorbei sein muss.
Jede Fassade bricht.

Aprils Atemzüge hatten sich vertieft.

Erstaunlich wie sich das Blatt heute gewendet hat.
Ich wünschte nur ihr wäre dieser Vorfall erspart geblieben.
Aber dafür wird dieses Dreckstück noch bezahlen.
Ehrlich gesagt hatte ich Angst das sie nun vor Berührungen zurückschreckt doch...

Plötzlich wendete sie sich in meiner Umarmung und drehte mir ihr Gesicht zu.
Gespannt beobachtete ich sie dabei wie sie sich an meine Brust kuschelte und schließlich in dieser Position verharrte.
Ich küsste ihre Stirn bevor ich mein Gesicht in ihre Haare vergrub und ebenfalls, nach diesem beschissenen und gottverdammt langen Tag einschlief.

Ich bete nur ... das sie morgen früh nicht anfängt zu bereuen, das ich neben ihr liege.

Eyes wide open. (Justin Bieber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt