Kapitel 46

39 2 0
                                    

Bill

„Ist mir egal ob er morgen kommt oder nicht. Ich weiß das er etwas im Schilde führt und du wirst rausfinden was genau das ist!"

Er hatte sich fast vollständig über seinen gläsernen Schreibtisch gebeugt und versuchte mich mit seinem Befehlston, dem gebieterischen Ausdruck und dem dicken Zigarrenqualm einzuschüchtern. Natürlich hatte er vorher auch noch das Licht gedämmt. Man stelle sich das Ambiente einer Mafia Spelunke vor.

Er wütete schon den ganzen Abend von einem Büro ins andere, warf mit missbilligenden Blicken um sich und schrie selbst seiner derzeitigen Geliebten, der immer äußerst freizügig bekleideten Sekretärin mehrfach ins Gesicht sie solle Termine verlegen, streichen und seine Kleidung unverzüglich in die Reinigung bringen lassen.

Auf die Frage hin ob er sie wirklich um diese Uhrzeit noch dorthin schicken möchte antwortete er: „Aber nein Greta, mein Fehler. Passt es Ihnen morgen besser? Apropos, morgen könnten Sie mir auch gleich ihre Papiere auf den Schreibtisch legen. Ginge das? Haben Sie Zeit dazu? Bin ich eigentlich nur von DUMMEN Menschen umgeben?! Nette Titten sind nicht alles Greta. Das sollten sie sich endlich mal einprägen."

Ich hätte es mir weiterhin mitansehen können. Es amüsierte mich fast ein wenig, hätte er es nicht gewagt mich ebenfalls lautstark zurecht zuweisen. Das Anliegen, der Bau eines Investmentcenter, stand vollkommen unter meiner Gewalt. Die einzige Bedingung, ich musste meine Schritte mit seinen Vorschlägen abgleichen. Ich plante eine völlig neue Struktur, andere Materialien, doch er verweigerte mir die Zustimmung.

„Das obliegt nicht deiner Kragenweite Bill. Hör auf deinen Kopf in den Arsch zu schieben und fang endlich an Objektivität anzustreben."
„Ich soll auf altbewährtes setzen und die Zukunft ignorieren?
Sehr gut, Viktor." erwiderte ich, „ein väterlicher Ratschlag der die Firma in den Ruin treiben wird! Eine echte Glanzleistung! Mal was ganz neues. Sag mir, strebst du etwa im Gegenzug den Preis für den Erzeuger des Jahres an?" sein Kopf war rot angelaufen aber er hielt inne, er wusste von vornherein das er mit nassen Pulver schoss. „Wunderbar, dann darf ich dir jetzt schon mitteilen das du ihn wie immer nicht gewinnen wirst."

Wenn Justin und ich etwas gemeinsam hatten dann, dass wir beide nicht so richtig von Väterchen Frost, hier direkt vor mir, begeistert waren.
Wir alle hatten unsere Gründe.

Alles in allem war mir allerdings die Meinung dieses angehenden senilen Senioren völlig gleichgültig. Er war eine Blockade, aber eine äußerst dünne. Er hatte mir bereits mehr als die Hälfte seiner Anteile unseres Familienunternehmens überlassen. Ich wartete nur noch auf den Tag an dem er abtrat und Justin die übriggebliebenen 40% übernahm.

„Ist nicht mein bester Tag heute." seufzte er und lies sich in seinen Ledersessel sinken.
„Auch wenns mich nicht interessiert. Wenn du dann aufhörst so schrecklich pupertär rumzumotzen, leihe ich dir ein Ohr. Komm, erzähl es deinem Sohnemann."
Wie auf Stichwort brach es dann aus ihm heraus.

Und da war ich nun.

Eingekeilt in Aftershave und Qualm.

Zermürbt durch die üblichen Episoden unseres Familiendramas.

Und wer konnte diesmal die Hauptrolle ergattern?

Natürlich!

Justin Zuckerarsch Bieber, den ich nun ins getraute Heim zurückführen sollte.

„Scheisse, Viktor." lachte ich und zündete mir ebenfalls elegant eine der kubanischen Zigarre an, die vor mir in ihrer Schachtel ruhten.
„Das kann unmöglich dein Ernst sein. Du verlangst von mir Sherlock Holmes zu spielen weil du denkst mein Bruder ist der verdammte Moriarty?"

„Bill." er schüttelte energisch den Kopf,
„Seine über alles geliebte Mutter liegt im Krankenhaus und ich muss darüber diskutieren ob er sie besuchen kommt?"
Seine derben Gesichtszüge verzerrten sich gespenstisch unter Rauch und Licht.
Botox wäre sicher mal eine Maßnahme.

„Mal drüber nachgedacht das er sich blöd stellt sobald er deine Stimme in der Leitung hört? Er hasst dich, schon vergessen?"
„Er ist Theatralisch und Nachtragend aber kein Kühlschrank."
Ganz wie sein Vater.

„So, so. Und wie denkst du sollte ich das anstellen?"
„Du wirst Raymond aufsuchen, wenn er mit der Sprache nicht rausrücken sollte dann klapper die umliegenden Firmen ab, vergiss nicht die Clubs. Du wirst schon rausfinden wo er sich rumtreibt."
„Warte... du hast keine Adresse? Keine Daten über diese Weiterbildung?"
„Laut meinen Informationen gibt es diese Weiterbildung Schrägstrich Lehrgang oder was auch immer er uns da auftischen wollte überhaupt nicht."
Mein Mund klappte auf.
Oh Justin.
Du gerissenes Scheisserchen.

„Wie lange weißt du schon davon?"
Und warum hat er ihn nicht längst zur Rede gestellt und zurückgeholt?
Justin war seit mehr als einem Monat abwesend. Wenn Viktor doch wusste das...
wahrscheinlich wollte er nur nicht so schnell seinen Posten abgeben so kurz vor der Vollendung seines größten Auftrags, der zu 60% unter meiner Führung verlief.
Die Gefühlsduselei war schon mal nur Fassade.
Eigentlich passte es ihm.
Wozu jetzt das ganze?
Was macht ihm Angst?

„Ich bin erst kürzlich stutzig geworden. Du weißt ja, wenn er sich was in den Kopf setzt ist er nicht aufzuhalten. Das habt ihr wohl beide von mir geerbt."

Ich kotz gleich.

„....Jedenfalls muss es irgendwas Großes sein, sonst würde er nicht so mit sich hadern zurück zu kommen."
Etwas Großes?

„Denkst du es hat überhaupt etwas mit seinem Job zutun?"
„Erst dachte ich er will sich vor seiner Verantwortung drücken, als er mir sagte er wolle die Stadt verlassen, aber auch das passt nicht zu ihm. Etwas stimmt nicht, Bill. Selbst wenn er sich den letzten Monat durch ganz Amerika gevögelt hat, um sich seine Hörner abzustoßen bevor er fest in die Firma eintritt, er würde nicht zögern wenn es seiner Mutter schlecht geht nach Hause zu kommen."
„Hmm..." das stimmte.

Was aber noch viel verdächtiger schien, war die Tatsache das er mir seinen wahren Grund der Abreise auch nicht mitgeteilt hatte. Mal ganz abgesehen das Viktor hier ebenfalls etwas vor mir verbarg.
Justin hätte mir erzählt wenn er nur auf nächtliche Ekstasen und Rauschmittel aus war.
Ich hätte ihm lachend auf die Schulter geklopft und gemeint er solle mit Freude im Herzen und einem Lied auf den Lippen dahinziehen und sich so viel Zeit nehmen wie es nur ging.
Auch Viktor wäre es vollkommen gleich gewesen.
Aber er hatte mich auch belogen.
Was war das für ein Spiel?

„Du überlegst, und weißt das ich recht habe."
Ich weiß das da viel mehr kacke am dampfen ist als in der gesamten Kanalisation mein Freund.

„Viktor...."
„Bitte Bill. Diesen einen Gefallen. Ich überschreibe dir alle Rechte an das Investmentcenter und du musst mich nie wieder um Erlaubnis bitten etwas an den Plänen zu ändern."
Was?

„So ernst ist es dir ?"
„Er ist mein Sohn."
Du alter Heuchler.
Aber ok.

„Ich will diese Vereinbarung heute noch schriftlich notiert haben."
„Heißt das du machst es?" Seine Augen weiteten sich begierig.
„Am besten, jetzt gleich."
„Alles was du willst." hechelte er hocherfreut und startete galant seinen Apple.
„Ich setzte sie sofort auf."

„Wer wird meinen Posten übernehmen?"
„Mach dir darum keine Sorgen und nimm dir soviel Zeit wie du brauchst um dieses beschissene Puppentheater meines Zweitgeborenen zu knacken."
Ich werde dein Theater in Brand setzen.

„Damn." pustete ich und lauschte andächtig dem Druckvorgang des Formulars welches mir Freiheit über den letzten Widerstand hinweg geboten sollte.
Und das alles für den läppischen Preis eines Besuches beim kleinen Bruder.
Bisschen CSI Miami für zwischendurch und sicher darf ich auch den Therapeuten mimen wenn alles ans Licht kommt.
Alles.

Ich zog erneut an der Zigarre, lies dramatisch meine Rauchschwaden gegen Viktors Gesicht fliegen als ich mich zu ihm lehnte, unterschrieb nach ihm den Vertrag und reichte ihm meine freie Hand.
„Ich machs."

Eyes wide open. (Justin Bieber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt