Das Blut rauschte in ihren Adern. Es tobte wild und ohrenbetäubend in ihrem Körper. Brachte sie zum kochen. Alles in ihr war in heller Aufregung. Sie war wütend. Stinkwütend. Und sie hasste sich beinahe selbst dafür. Denn sie wusste nur zu gut, dass ihre eigene Unberechenbarkeit schon oft Probleme verursacht hatte. Manchmal überraschte sie sich sogar selbst.
Aber Freya wollte Eigenständig und Selbstbewusst sein. Sie wollte nicht schwach sein. Denn sie war nicht schwach. Nicht mehr. Und wenn es nach ihr ginge, würde sie nie wieder schwach sein.
Mit festem Schritt und angespannten Muskeln stand sie bis zu den Knöcheln im Schnee. Es war ein kalter Winter. Selbst für die Ehruhnische Ebene. Normalerweise hing der Nebel in den Wipfeln der Bäume, doch er war in den letzten Wochen zu Boden gesunken und hatte die eisige Kälte mitgebracht. Hatte alles in dickem Schnee begraben. Doch jetzt gerade spürte Freya nichts von der Kälte.
Schweratmend starrte sie diesen dämlichen Mann vor sich an. Er war mindesten ein Meter neunzig und so musste sie ihren Kopf etwas nach oben richten um ihn anzusehen. Er war größer und schwerer als sie. Und das musste sie einkalkulieren, wenn sie gegen ihn kämpfen würde. Doch Freya war schnell, gut mit dem Schwert und einige ihrer Gegner hätten behauptet sie sei hinterhältig.
In seinem Blick aber zeigte sich ein Kampfgeist um den Freya ihn beinahe beneidete. Nicht das er sie als Kriegerin sehen würde. Bei ihm war dieser Kampfgeist einfach mit Blutgier zu verwechseln. Er war ein Killer. Sie hatte Geschichten über die großen Krieger der eisernen Ebene gehört. Aus den kalten Landen. Männer die kaum noch Menschen waren. Aber das war ihr egal. Sie war stark genug. Sie konnte alles aushalten. Und sie würde es locker mit einem von ihnen Aufnehmen, wenn es denn sein musste.
Seine Muskeln zuckten vor Anspannung und waren allzeit bereit gegen alles und jeden zu kämpfen. Aber jetzt gerade wollte er einfach nur, dass sie sich ihm ergab. Dafür hatte er keine Zeit.
Mit seinen großen Füßen hinterließ er Spuren im Schnee. Mit langen Schritten ging auf sie zu. Der Schnee knirschte unter seinen Lederstiefeln. Dazu trug eine dunkle Lederhose und hatte einen Wolfspelz um seinen ansonsten Oberkörper. Darunter trug er ein Hemd und eine Weste aus Leder. Doch obwohl es kalt war, waren seine Unterarme frei.
Freya kannte den Schneider, der die Westen machte. Sie hatte schon einige Male überlegt, ob sie es schaffen würde für eine von ihnen zu sparen. Doch es gab wichtigere Dinge als schöne Kleidung. Essen zum Beispiel.
Auf seinen freien Unterarmen konnte sie dunkelblaue Linien erkennen. Daher wusste sie auch, dass er ein Krieger Broms war. Sie hatte in den letzten Jahren viele Geschichten über verschiedene Völker gehört. Doch viele dieser Geschichten drehten sich um die größten Krieger aller Ebenen. Was hinter den vier Ebenen lag wusste Freya nicht. Und sie hatte nie jemanden getroffen, der es ihr hätte erzählen können.
Und es gab viele Krieger die sich mit Markierungen oder Souvenirs als eben diese Auswiesen. Doch wo Freya herkam, den dunklen Wäldern, der immergrünen Ebene, hatte man das nicht gemacht. Freya hielt es für töricht, jedem Fremden zu offenbaren, dass man ein Krieger war. Es hatte ihr schon das ein oder andere Mal geholfen unterschätzt worden zu sein.
War es nicht besser nicht jedem gleich auf die Nase zu binden, wie tödlich man war? Sie war schon so auffällig genug, mit ihrem feuerroten Haar.
Er musste das Problem kennen. Denn seine fast weißen Haare wurden vom Wind in seine Stirn geweht. Sie mussten jedem sofort ins Auge springen. Seine stolzen Gesichtszüge und seine kalten, eisblauen Augen ruhten auf ihr. Abwartend. Bereit.
Immer noch mit seinem Schwert in der Hand stand sie vor ihm. Es war ein Schwert mit breiter Klinge und sie fand es wunderschön. Der Schmied hatte ein Meisterwerk geschaffen. Nicht nur die Klinge, die scharf und tödlich war, sondern auch der Griff. Ein Schädel, sie vermutete es war der Schädel eines Maders, verzierte ihn. Zusammen mit dem dunklen Leder schmeichelte es ihren kalten Händen. Freya fand es stand ihr so viel besser als ihm. Es fühlte sich natürlich und leicht in ihrer Hand an. Dabei war es, im Vergleich, eine ziemlich schwere Waffe. Doch Freya war groß, breit und stark.
Die breite Klinge des Schwertes war verschmiert von Blut. Es tropfte in den Schnee und färbte ihn rot. Der Kontrast gefiel ihr. Langsam kam er auf sie zu und griff nach dem Schwert, riss es ihr förmlich aus der Hand und schritt an ihr vorbei. Sie ließ ihn gewähren.
Er liebte sein Schwert ebenfalls und er würde es weder ihr noch sonst jemandem überlassen. Denn das war das Schwert gewesen, mit dem er seine erste Schlacht geschlagen hatte und die er, ohne prahlen zu wollen, gewonnen hatte.
Sören wollte dass sie ihm folgte aber er schien nicht zu verstehen, dass Freya nicht das Bedürfnis verspürte ihm zu hinterher zu laufen wie ein Hündchen. Sie kannte ihn kaum. Und nur weil er an ihrer Seite gekämpft hatte, machte sie das noch lange nicht zu Verbündeten oder gar zu Freunden.
Schnaubend ging sie in die entgegengesetzte Richtung. Dabei wusste sie nicht mal genau wohin sie wollte. Dabei griff sie hier und da zum Boden. Hinab zu den Leblosen Körpern. Die Leichen brauchten weder ihre Waffen noch ihre Kleider.
Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt das Stolz und Ehrfurcht in dieser Welt den Tod bedeuten konnte. Also nahm sie die Kleider der Toten an sich.
Sie stapfte davon. Blickte suchend über das kleine Schlachtfeld. Er musste hier doch irgendwo sein. Dann sah sie ihn. Versteckt unter einem toten Mann. Sie holte tief Luft, ignorierte den leblosen Körber und bückte sich hinab. Dann griff sie nach ihrem Bogen.
Einer der Männer hatte ihr den Bogen aus der Hand gerissen, doch den Köcher hatte sie noch immer auf ihrem Rücken. Ohne ihn wäre sie wehrlos und egal in welcher Ebene, egal in welcher Welt, würde sie nicht riskieren wehrlos zu sein. Sie befestigte den Bogen an dem Lederriemen und ging weiter.
Das Dorf war still. Ein kleines Dorf, dem ähnlich, in dem sie aufgewachsen war. Freya war die einzige Bewegung. Schmatzend hinterließ sie Spuren im Schnee. Er wollte auch nicht aufhören zu fallen. Seit Tagen schneite es und Freya wusste, dass der Schnee bedeutete ihre Reise würde noch unbehaglicher werden. Sie hatte sich mit genügend Kleidern eingedeckt und fror nicht mehr, trug zwei Schwerter bei sich, einen Dolch und ihren Bogen. Für diesen brauchte sie aber bald neue Pfeile denn die, die sie noch besaß würden nicht lange reichen.
Sie starrte auf die leblosen Körper. Krieger, die kämpften und verloren. Frauen, die versuchten mit ihren Kindern zu fliehen. Selbst die Tiere hatten sie gemeuchelt. Sie lebte in einer Grausamen Welt, das wusste sie trotzdem schockierte sie die rohe Wut. Diese Schlacht hätte man verhindern können. Sie griffen an weil sie Reichtümer suchten? Wie kamen sie nur auf die Idee dass ein solch kleines Dorf etwas hatte. Man sah doch das keiner von ihnen mehr besaß als das was sie am Leib trugen.
Doch warum hätten diese Barbaren sonst angreifen sollen? Es ergab für sie einfach keinen Sinn. Immer wieder hörte sie von gewalttätigen Männern, die ohne Gewissen töteten was lebte. Doch in den letzten Wochen hatte sie oft gehört, dass Menschen ganz und gar verschwanden. Das diese Fremden sie einfach mitnahmen und Freya wusste nicht ob das gut oder schlecht war.
Sie lief weiter und verließ das kleine Dorf, das nur aus etwa einem halben Dutzend Hütten bestanden hatte. Schon bald würde man nichts mehr sehen können. Der Schnee würde die Spuren vernichten. Die Eingefallenen Häuser bedecken und diese würden zusammen mit ihren Besitzern verrotten. Sie würden vergessen werden und niemand würde an diese Menschen denken.
Freya taten diese Menschen leid und sie fand es grausam, wie man sie ermordet hatte, doch sie verstand das Leben. Sie hatte sich nie naive Realitäten ausgemalt. Fressen oder gefressen werden, dass war ihr Motto und damit hatte sie bis jetzt immer gut leben können.
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FREYA - Im Auge des Sturms (Band 1)
Fantasy(Überarbeitete Version von Sturmgestöber.) Freya hatte keinen Plan gehabt. Meistens wollte sie nur genau das Gegenteil von allen sein. Sie wollte keine Frau sein, die kochte und Körbe flechten. Sie war eine Kriegerin. Wie ihr Vater. Doch das Land w...