Takt 7 - Willst du mir etwas sagen?

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Kurze Zeit später saßen wir alle drei in der Umkleide. Ich hatte meinen Kopf nach hinten gelehnt und starrte unaufhörlich zur Decke, während Sean sich mit einem nassen Papiertuch an meiner blutigen Schläfe zu schaffen machte. Tom saß uns gegenüber auf der Bank. Er war die meiste Zeit über still geblieben, doch ich spürte seinen Blick auf mir haften. Was ihm wohl gerade durch den Kopf ging? Ich war schon kurz davor, ihn zu fragen, als jemand die Tür aufriss und in die Umkleide gestapft kam. Ich hätte nicht mal hinsehen müssen, um zu wissen wer es war.

"Kommst du, um dich zu entschuldigen?"

fragte Sean mit solch einer Härte, dass ich ihn verwundert ansah. Seine Mimik ließ keinerlei Gefühlsregung erkennen, doch wer weiß wie es unter der Oberfläche aussah. Keenan ließ sich davon kaum beeindrucken. Er hob abwehrend die Hände, als wäre er sich keiner Schuld bewusst.

"Dafür, dass er meinen Ball nicht gefangen hat? Danke, ich lach morgen drüber."

Er deutete auf mich und kam so nah auf mich zu, dass sein Finger gegen meine Brust stieß.

"Du. Wenn du nur halb so viel Energie in das Spiel, wie in deine schmutzigen Fantasien mit deinem Sitznachbarn investieren würdest, wäre uns allen sehr geholfen, du Lappen."

Ich zuckte zusammen, als er dicht neben mir mit der Faust gegen den Spint schlug. Und schon wieder hätte ich am liebsten nach ihm getreten. Doch ich kam nicht dazu, denn er drückte ganz unvermittelt seine Lippen auf meine. Es war ein provokanter, drängender Kuss, den man kaum als solchen bezeichnen konnte, und doch reichte er aus, um zumindest einen schwachen Abklatsch dessen zu erzeugen, was ich bei Seans Berührungen verspürte. Jegliche Bewegung schien schien für diesen Augenblick gefroren, bis Keenan mit einem breiten Grinsen im Gesicht in den Duschräumen verschwand. Ich konnte nicht anders, als ihm nachzusehen. Zugegeben, er hatte schon einen tollen Körper, doch das allein reichte kaum aus, um über seinen Charakter hinweg zu täuschen. Als ich meinen Blick wieder von ihm abwandte, bemerkte ich, dass Tom und Sean mich anstarrten. Ich muss wohl nicht erklären, dass keiner von beiden Kenntnis von dem Plus hatte, welches zwischen mir und Keenan stand. Vor mir selbst konnte ich diese Art der Gefälligkeit gut rechtfertigen. Ich war auch nur ein Mensch mit Bedürfnissen, die gestillt werden wollten. Doch diese Rechtfertigung vor meinen Freunden in gleicher Weise auszulegen, würde mir nie in den Sinn kommen. Tom war der Erste, der sein Schweigen brach und genau die Frage stellte, welche ich die letzten Monate zu umgehen versucht hatte.

"Was läuft da eigentlich zwischen euch beiden?"

Er hatte die Augen zusammen gekniffen und musterte mich so eindringlich, dass ich befürchtete, jede Reaktion könnte die Falsche sein. Der Druck, etwas sagen zu müssen, wurde mit jeder Sekunde größer. Die Angst ließ mich schließlich fahrig werden.

"Frag ihn doch!"

gab ich gereizt zurück und stand auf. Der plötzliche Perspektivenwechsel ließ den Schwindel wieder aufleben, und mit ihm die Übelkeit. Tom schien über meine plötzlich so aufbrausende Art verwirrt, sagte aber nichts. Sean war ebenfalls aufgestanden. Seine Hand hatte leicht meinen Arm berührt, als wollte er mich durch diese Geste erden.

"Wo willst du hin?"

er klang besorgt. Das ließ meinen Ton wieder abflachen.

"An die frische Luft."

antwortete ich wahrheitsgemäß, schnappte mir meinen Rucksack und verließ das Gebäude mit dem dringenden Gefühl, mich übergeben zu müssen. Nun hockte ich würgend hinter der Turnhalle, während ich mich mit einer Hand von der Wand abstützte. Das Sean mir nach draußen gefolgt war merkte ich erst, als er seine Hand auf meine Schulter legte.

"Geht's wieder?"

fragte er und reichte mir ein Taschentuch. Ich nahm es dankend an und fuhr mir damit über die Mundwinkel.

"Also, was ist los? Ich verstehe, wenn du vor Tom nicht darüber reden willst, aber mir kannst du es ja wohl erzählen."

Ich spuckte auf den Boden, um den widerlichen Geschmack in meinem Mund los zu werden, doch er ging nicht weg.

"Das mit Keenan, das ist nur..."

"Sex."

beendete Sean meinen Satz. Er hatte die Lippen zusammen gepresst, lächelte aber.

"Keen hat mir schon vor Wochen von eurem Plus erzählt."

erwiderte er auf meinen fragenden Blick.

"Aber das meinte ich nicht, Koda. Das hat mich auch überhaupt nichts anzugehen. Was ich eigentlich wissen wollte; gibt es irgendetwas, dass du mir vielleicht sagen willst?"




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