Takt 38 - Der Anfang

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Koda

"Willst du nicht mal rangehen?"

Ich schüttelte genervt den Kopf. Der Vormittag war für mich schon stressig genug gewesen, weil mein Vater ja der Meinung war, ich sollte nicht den ganzen Tag im Haus verbringen. Kurzerhand hatte er mich mit Jona zur Schule geschickt. Eine echte Grenzerfahrung. Klar, an jeder Schule gibt es Idioten, aber die Leute dort waren echt eine Gefahr für Leib und Leben. Von den Schülern mal ganz abgesehen. Aber auch danach war mir keine Ruhe vergönnt. Ständig klingelte mein Handy.

"Ist eh nur Sean, der sein schlechtes Gewissen beruhigen will."

Ich wollte nicht mir ihm reden. Für mich war die Sache erledigt.

"Das zeigt doch immerhin, dass du ihm nicht egal bist."

"Ich weiß, dass ich ihm nicht egal bin, aber das ändert doch nichts."

Jona tat noch einen weiteren Versuch, mich über konventionelle Art und Weise zu einer Aussprache zu bewegen. Als ich nicht darauf einging, nahm er das Gespräch kurz entschlossen selbst in die Hand.

"Hey Sean! Schön dich kennenzulernen. Ich glaube, Koda möchte gerade nicht mit dir reden. Oh warte, hab mich geirrt."

meinte er und gab mir mein Handy zurück. Wütend griff ich danach und verzog mich ins Bad. Natürlich hätte ich einfach auflegen können, aber dann hätte ich zwei am Hals gehabt, die mich nerven.

"Und? Hat er sein Gewissen bereinigt?"

fragte Jona, als ich wiederkam. Ich warf einen Blick aus dem Fenster.

"Jona, ich muss zurück."

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Es war bereits spät am Abend, als ich Zuhause ankam. Aus Angst, mein Vater würde mir die Rückreise nicht so ohne weiteres erlauben, hatte ich mich still und heimlich davon gemacht, ihm unterwegs lediglich eine SMS geschrieben, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte. Der Grund für mein überstürtztes Aufbrechen hatte nichts mit Sean zu tun. Seinetwegen wäre ich wohl nicht zurückgekommen. Meinem Bruder zuliebe jedoch schon. Er flog morgen früh zurück nach Deutschland und wollte sich vorher noch von mir verabschieden. Als er mich nicht erreichen konnte, hatte er es bei Sean versucht.

"Du hättest nicht extra kommen brauchen."

meinte Seth und schloss mich in eine lockere Umarmung. Manchmal war ich fest überzeugt, dass unsere gute Beziehung zueinander nur daher rührte, dass wir uns kaum zu Gesicht bekamen. Wenn man sich nicht jeden Tag über den Weg lief, konnte man sich eben auch schlecht auf die Nerven gehen.

"Spinnst du? Wer weiß, wann ich dich das nächste Mal sehe. Das letzte Mal hat es 6 Jahre gedauert."

Betretenes Schweigen breitete sich aus. Ich wusste, dass es ihm Gewissensbisse bereitete, mich hier bei Mom zu lassen, aber er konnte mich ja schlecht mitnehmen.

"Willst du die nächste Zeit wieder hier wohnen?"

Darüber hatte ich auch schon nachgedacht. Zu Dad wollte ich nicht zurück wegen der Schule. Dort würde ich meine Freunde kaum noch sehen, aber bei Mom zu wohnen kam für mich auch nicht mehr infrage.

"Nein. Ich werde wahrscheinlich erstmal zu Freunden gehen. Mit Mom krieg ich mich nur in die Haare." 

"Okay. Bau keinen Scheiß, und sei nicht so streng mit ihr. Sie will doch auch nur, dass es dir gut geht...und das du nicht in die Hölle kommst."

We friends (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt