Kapitel 41

180 21 4
                                    

Als ich wieder zuhause war, war meine Mutter alleine im Wohnzimmer. Von Ellie fehlte jede Spur, vielleicht war sie am Meer. „Wir ziehen um. Es steht fest", murmelte meine Mutter vom Sofa aus. „Du kennst ihn seit zwei Monaten", warf ich zum gefühlt hundertsten Mal ein. „Denkst du, mich interessiert das? Ich liebe ihn!" „Das ist doch kein Grund, gleich zu ihm zu ziehen!" Ich merkte selbst, dass ich lauter wurde. „Elena Delilah Shepard, wir ziehen zu Charles und Henry! Und morgen gehen wir sie besuchen, damit ihr euer zukünftiges Haus sehen könnt. In einer Woche ist der Umzug, ihr seid das ja alles schon gewohnt. Und es ist auch gar nicht so weit weg von hier." Meine Wut verpuffte urplötzlich. „Wer ist mein Vater, Mom?", fragte ich leise in die entstandene Stille hinein. Doch sie starrte nur auf ihre Fingernägel, als wären sie übermäßig interessant. Dabei waren sie nicht mal lackiert. „Du hast alle Fotos verbrannt oder weggeworfen. Wir wissen nicht seinen Namen, wir wissen nicht, was er dir getan hat und wir wissen nicht, wie er aussieht. Und es ist scheiße, ohne einen Vater aufzuwachsen, glaub mir", sagte ich letztendlich, die Stimme voller Enttäuschung. Ich war fünfzehn Jahre alt und durchaus erwachsen genug, um den Namen meines Vaters zu erfahren! Seufzend drehte ich mich um und lief in mein Zimmer hinauf. Dort hielt ich inne. Ich wollte die letzten paar Tage in meinem neuen und doch bald alten Zimmer genießen, und nicht ständig mit Mom streiten. Das konnte ich dann bei Charles und Henry. Immerhin war Henry kein verzogenes, reiches Arschloch, sondern nur ein reicher, schüchterner Junge. Das war doch mal ein Vorteil, oder? Auch wenn mein Traumbruder definitiv nicht schüchtern war, eher so wie Grayson Spencer. Der leider nicht existierte. Vielleicht sollte ich aufhören, meine Lieblingseigenschaften von fiktiven Personen in eine Vorstellung zu packen. Auch wenn Grayson so oder so der perfekte Bruder war. Nur Florence könnte ich mir sparen. Sie ähnelte zu sehr meiner Schwester, wenn sie wütend war. Ellie hatte mal mein Handy mit einer Gabel zertrümmert, weil sie nicht den Film ansehen durfte, den sie sehen wollte. Stattdessen durfte ich Mamma Mia gucken und bekam als Rache ein Smartphone im Spiderlook zurück, mit hier und da ein paar Löchern.

Seufzend kuschelte ich mich in mein Kissen, bevor ich meine Decke noch höher zog. Es war kalt, wenn nicht sogar eisig. Draußen bahnte sich ein Sturm an, ich konnte es spüren. Kalte Winde brachten die Baumwipfel zum Schaukeln und dichte Gewitterwolken verdeckten den Mond. Und das um ein Uhr nachts. Von Fern hörte ich den Donner grollen, und die ersten Regentropfen prasselten gegen mein Fenster. Letztendlich gab ich es auf, einschlafen zu wollen, und schnappte mir einen Oversizepulli und meine Decke. Anschließend setzte ich mich mit meinem Handy in der Hand auf die Fensterbank und sah aus dem Fenster. Ich konnte erkennen, dass auch Alex am Fenster saß, doch sie bemerkte mich nicht, da sie konzentriert auf ihr Smartphone blickte, die einzige Lichtquelle im Haus. Auch bei uns waren jegliche Lichter erloschen. Lächelnd tippte ich eine Nachricht in mein Handy ein, damit meine Freundin wenig später ein ‚Schau mal rüber' bekam. Und tatsächlich befolgte sie meine Anweisung. Und erschrak sich zu Tode, wie ich in dem schlechten Licht erkennen konnte. Schadenfroh winkte ich ihr zu, bevor ich mich wieder meinem Handy widmete und durch die Snapchat - Geschichten meiner Freunde scrollte.


BlondinenwitzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt