Kapitel 37

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„Schon wieder?", kreischte meine Schwester aufgebracht, als ich die Tür öffnete. „Es ist ja nicht aus dieser Stadt...", antwortete meine Mutter, deren Stimme leicht verzweifelt klang. „Um was geht's?", fragte ich, nachdem ich in die Küche getreten war. „Mom will umziehen. Genau genommen will sie mit ihrem neuen Freund zusammen ziehen. Dem Freund, von dem sie uns noch nie was erzählt hat!", bekam ich entgegengeschleudert. „Bitte was?" Ich sah Mom an, in der Hoffnung, dass sie es verneinte. Sie schwieg eisern. „Das ist nicht dein Ernst. Mom, wir leben hier seit zwei Monaten, und du willst uns wieder wegschleppen? Ist das dein scheiß Ernst?!" Meine Stimme war fast so schrill wie Ellies. „Ihr kennt ihn doch gar nicht...", setzte meine Mutter an. „Nein, und ich bezweifle, dass ich das will. Scheiße, Mom, wir kennen ja nicht mal seinen Namen!" „Charles. Er heißt Charles." „Und für einen Charles sollen wir jetzt also unser Haus aufgeben?!", brüllte ich wütend. Ich wollte nicht umziehen, nicht schon wieder. Wollte nicht weg von Mike. Von Alex. Und sogar nicht von David. „Ihr trefft ihn heute Abend", murmelte Mom plötzlich in die entstandene Stille. „Hä?" „Wir gehen mit ihm und seinem Sohn essen." „Ach, einen Sohn hat er auch noch?!", schrie Ellie wütend und fuchtelte mit den Händen. „Ja. Und ich will, dass ihr euch herausputzt und freundlich seid. Ihr müsst ja nicht gleich mit dem Haus in die Tür fallen." Meine Mutter tat zwar so, als dass sie sich gefasst hatte, doch das Vertauschen zweier Wörter verriet ihre Anspannung. „Das heißt Mit der Tür ins Haus fallen", berichtigte ich die, ehe ich missgelaunt in mein Zimmer stapfte. Der ganze schöne Tag war verloren.

Mit den Nerven am Ende trat ich aus dem Badezimmer, und sah zu allem Überfluss ein Kleid über meinem Schreibtischstuhl hängen. Das letzte Mal hatte ich ein Kleid an, als ich von Mom zu einem Geschäftsessen geschleppt wurde. Danach hatte ich weder ein Kleid an, noch war ich bei so einem Essen gewesen. Immerhin war das Kleid schwarz. Seufzend zog ich es mir über, betrachtete mich anschließend im Spiegel. Meine Haut stach weiß unter dem dunklen Stoff hervor. Ich sah aus wie eine wandelnde Leiche. Mit den wirren Haaren, die ich noch vom Föhnen hatte, sogar wie eine Schnapsleiche. Ich hatte meine Haare seit Jahren nicht geföhnt, da ich bezweifelte, dass das sonderlich gut war. Weder für meine Kopfhaut, noch für meine Haare. Aber egal. Die blonden Haare gingen, glatt wie Schnittlauch, bis zu meiner Taille. Das war der Nachteil am Föhnen: Sie blieben glatt. Ich hasste glatte Haare. Der Umstand, dass das Kleid durchaus eng war, verbargen sie jedoch nicht. Generell war es sehr aufreizend gehalten: Relativ weiter Ausschnitt, es endete etwas über dem Knie. Drei Zentimeter mehr und ich würde als professionelle Hure durchgehen. Fehlte nur noch nuttenroter Lippenstift und Make – up, als hätte ich beim Paintball verloren. Lächerlich. Warum zur Hölle hatte meine Mutter mir so ein Kleid gekauft? Hätte ich ihr von meiner Beziehung mit Mike erzählen sollen? Nein, diese ging ja erst seit kurzem. Dennoch, es wirkte auf mich, als wollte Mom, dass ich mit Charles' Sohn zusammen kam. Ich kannte ja nicht einmal seinen Nachnamen, geschweige denn seinen Vornamen. Die wenigen Freunde, die ich in Forks hatte, hätten daraus sicherlich ein Shipping gebastelt. Daran hatten sie Spaß. Aber wehe, man shippte sie mit jemand anderem. Dann gab es Krieg. Schade eigentlich, dass ich nur noch über Whats App mit ihnen kommunizierte.







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