Kapitel 42

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„Wir sind da", verkündete Mom freudestrahlen, als sie den Blinker nach rechts setzte. Ellie und ich sahen uns lediglich an. Wenig später hielt meine Mutter vor einem großen Tor aus Eisen, das durchaus das Potential dazu hatte, Madonnas Einfahrt zu zieren. Es war wirklich riesig und ließ keine Frage offen. Ich meine, ich wusste, dass Charles viel zu reich war, doch das wurde mir erst so richtig bewusst, als wir durch einen riesigen Vorgarten fuhren. Die Straße wurde dabei von verschiedenen Pflanzen gesäumt, die ich nie im Leben hätte alle benennen können. Immerhin erkannte ich die Magnolienbäume, die eine steinerne Bank etwas weiter hinten im ‚Garten' säumte. Es hätte mich nicht mehr gewundert, wenn plötzlich ein See aufgetaucht wäre, so groß wie der Grand Canyon. Doch dies passierte nicht, ich sah lediglich ein paar ordentlich gesetzte Apfelbäume und fragte mich, welche arme Sau die heruntergefallenen Äpfel wegmachen musste, denn ich konnte keine erkennen. Fasziniert sah ich aus dem Fenster. Als wir endlich am Haus ankamen, fiel mir die Kinnlade herunter. Das war weder ein Haus, noch eine Villa - das war ein Palast! Eine steinerne Treppe führte auf eine Veranda, deren Steingeländer von Efeu und anderen Kletterpflanzen umringt wurde. Generell sah das Haus - Entschuldigung, der Palast - von außen relativ altmodisch und voller Pflanzen und leben aus, was mich ungemein erfreute. Ich konnte nicht anders, als mich in das Flair des alten Gebäudes zu verlieben, Charles hin oder her. Von außen konnte ich mehrere Stockwerke ausmachen, definitiv mehr als drei. Vier, aber vielleicht waren die Decken auch nur sehr hoch. Strahlend steckte Mom den Schlüssel in das Schloss der riesigen Flügeltür, während Ellie und ich noch immer mit offenem Mund das Haus anstarrten. „Kommt ihr?", fragte sie, bevor sie ohne eine Antwort abzuwarten eintrat. Ich schüttelte den Kopf und folgte ihr in ein großes Foyer. Generell schien hier alles, wirklich alles riesig zu sein. Der Raum ging über zwei Stockwerke, wenn auch nicht ganz, da noch Platz für einen Gang und die Treppe im zweiten Stock war. Erstaunt registrierte ich, dass noch eine Treppe nach oben führte, diesmal in den dritten Stock. Und eine nach unten, doch eine Tür versperrte mir die Sicht. „Charles! Wir sind da!", rief Mom durch das Haus. Sofort eilte eine zierliche Frau herbei, die uns in einen Raum führte. Ellie und ich wechselten einen Blick. Es gab Personal?! Auf einmal fand ich das Haus nicht mehr so toll. Auch weil es von innen ungemein modern aussah: Weißer Boden, graue Wände, neumodische, aber auch altmodische Bilder nebeneinander, Blumen, dunkle Möbel. „Miriam! Wie schön, dich zu sehen!", sagte die Frau, während sie lief. „Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Brigit", gab Mom zurück. Ich wusste gar nicht, dass sie so... gestelzt reden konnte. Brigit öffnete letztendlich eine Tür, hinter der ein riesiges Wohnzimmer lag. Charles und Henry spielten gerade Mario Kart gegeneinander. Sofort war ich wieder Feuer und Flamme, und meiner Schwester schien es ähnlich zu gehen. Wir beide liebten Mario Kart. Außerdem verschaffte es uns Genugtuung, dass Charles dauernd runterfiel. Regenbogenstrecke eben. Lächelnd erinnerte ich mich an das letzte Mal, als ich dieses Spiel gespielt hatte. Sofort stieg eine leichte Röte in mein Gesicht, doch das war mir egal.


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