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Unwillkürlich griff ich nach Thomas' Hand und schloss meine Augen. Mental stellte ich mich schon mal auf das kommende Schwindelgefühl ein. Thomas grinste mich an und sein Griff um meine Hand verstärkte sich, er kontentrierte sich wohl gerade.

Warum zeigte er mir überhaupt seine Traumwelt, seinen Alltag? Bei mir war es ja so, ich hatte ja nicht wirklich ein Wahl gehabt. Ich war neu hier in dieser eigenartigen Welt und hatte eigentlich von fast nichts, eigentlich gar nicht eine Ahnung. Er war auf jeden Fall schon viel länger als ich in der Traumwelt, konnte alles kontrollieren und herbeizaubern und verschwinden lassen.

Dass er sich nicht einfach über mich lustig machte, war doch wirklich ein guter Anfang, wenn man bedachte, wie tollpatschig ich mich manchmal anstellte und er ja außer meinem Traum nichts von mir wusste. Es war wirklich sehr nett von ihm, dass er mir die Möglichkeit bot, auch etwas von ihm zu erfahren, da er in nächster Zeit sichrlich noch genug unfreiwillig von mir erfahren würde.

Ich kniff meine Augen stärker zusammen, als das Schwindelgefühl anfing, sich in mir auszubreiten. Anders als vorhin bei meinem Traum, war es nun so schnell verschwunden, wie es auch gekommen war. Also noch ein weiterer Vorteil, den ich unbedingt erlernen musste.

„Du kannst deine Augen wieder aufmachen, Leana! Willkommen in meinem Leben." Ich tat wie mir geheißen und mir blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Es war wirklich wie wenn alles real war, ich fühlte mich, als wenn ich wirklich hier wäre. „Wo sind wir hier?", fragte ich ihn und drehte mich mermals mit geweiteten Augen um die eigenen Achse. „In meinem fabelhaften Zimmer, während ich gerade meine Hausaufgaben mache. Falls du meinem Alltags-Ich ins Gesicht sehen solltest und es nicht so glücklich aussieht, kannst du daran denken, wie glücklich Hausaufgaben dich machen."

Ich drehte meinen Kopf leicht nach links und sah Thomas an seinem Schreibtisch sitzen, dutzende Hefte und Bücher um ihn, über die er mit einem genervten Ausdruck auf dem Gesicht gelehnt war. Okay, er hatte wohl nicht wirlich Lust auf seine Hausaufgaben, das konnte ich aber sehr gut nachvollziehen. Aber warum zeigte er mir so eine Szene seines vergangenen Tages? Was sollte das jetzt bringen? Ich konnte ihn nun bis ich aufwachte beobachten, wie er Hausaufgaben machte, wow, ich konnte es kaum erwarten.

„Und was nun?", fragte ich ihn und sah mich aus Langeweile ein wenig in seinem Zimmer um. Es war ziemlich schlicht eingerichtet, nur sein Bett und ein paar Regale, eigentlich schon fast zu langweilig wenn man mich fragte. Der Alltags-Thomas hob seinen Kopf und sah sich kurz in seinem Zimmer um. Sein Blick fiel in die Ecke, in der ich mich gerade befand, allerdings ging sein Blick durch mich hindurch, als wäre ich gar nicht da. Er starrte irgendetwas an und er bekam einen sehr deprimierten Ausdruck auf seinem Gesicht, so als würde etwas ihn schwer belasten.

Ich warf kurz einen Blick zu dem echten Thomas, der mich gerade kaum zu beachten schien, er war sehr in Gedanken versunken und das nutze ich aus und drehte mich in die Ecke, in die der andere Thomas gerade gesehen hatte. Ich entdeckte einen Bilderrahmen mit einem Foto, auf dem ich Thomas mit einem blondem Mädchen erkennen konnte. Sie sahen beide überglücklich aus und strahlten in die Kamera.

Mein Herz zog sich bei diesem Anblick kurz zusammen, ich wusste nicht wieso und deswegen wandte ich meinen Blick zu dem immer noch konzentrierten Thomas. War es so anstrengend, mir seine Träume zu zeigen?

„Hey, ist alles gut bei dir?", fragte ich ihn und wedelte mit meiner Hand vor seinen Augen, worauf er bis auf ein kurzes Blinzeln mit den Wimpern nicht reagierte. Na super, was sollte das denn jetzt?

Ich spürte in der darauffolgenden Sekunde ein kurz andauerndes Schwindelgefühl, aber noch kürzer als auf dem Weg hierhin. Als ich mich wieder orientiert hatte, warf ich einen Blick auf Thomas, er sah immer noch so konzentriert aus. „Es ist alles gut, du willst es nicht sehen, glaube mir. Aber ich schaffe es, das zu verhindern, ich muss mich nur konzentrieren!"

Wovon redete er denn? War mir irgendetwas Wichtiges entgangen. „Thomas, was soll ich nicht sehen? Außer Hausaufgaben machst du doch sowieso nichts." Ich warf nun einen noch genaueren Blick um mich. Vielleicht war es ja offensichtlich und ich war nur zu verpeilt, um es zu erkennen.

Der Alltags-Thomas schaute durch mich hindurch, auf einen Fleck hinter mir. Moment mal! Diese Szene kam mir bekannt vor, wieso spielte sie sich denn noch einmal ab? Wieso hatte Thomas das getan, was hatte es für einen Zweck? „Hast du gerade die Zeit zurückgestellt?", fragte ich ihn verwirrt.

„Ihre Präsenz war zu stark, es war der einzige Weg", murmelte er wie ein Mantra vor sich her. Langsam wurde es echt gruselig, doch ich konnte hier schlecht weg. Ich musste wenn schon aufwachen! Doch das ging gerade schlecht.

„Thomas, wovon in Gottes Namen sprichst du da?" Ich rüttelte an seinen Schultern, so lange, bis er seine Augen öffnete und mich ansah. Seine haselnussbraunen Augen blickten direkt in meine und ich wandte meinen Blick ab, da es eigenartig für mich war. Dass mein Körper für eine Millisekunde kribbelte, konnte ich allerdings nicht verhindern.

„Thomas Sangster!", hörte ich jemanden rufen und sah mich fragend um. Wer hatte denn da gerufen? Es klang sehr stark nach einem Mädchen. Der Alltags-Thomas wurde kreidebleich im Gesicht und klammerte sich an seinem Bürostuhl fest. „Wer hat da gerufen?", fragte ich Thomas, doch er hatte seine Augen schon wieder geschlossen und konzentrierte sich.

Unwillkürlich drehte ich mich zur Tür um, aus der die Geräusche stampfender Schritte von der Treppe drangen. Wer war denn das? Die Zeit schien wieder zurückgespult zu werden, da mein Schwindelgefühl langsam wieder einsetzte, doch Thomas schaffte es erst in der Sekunde als die Tür geöffnet wurde.

Ein Mädchen streckte den Kopf ins Zimmer und starrte Thomas an seinem Schreibtisch an. Sie war das Mädchen von seinem Foto. „Isabella", kam zittrig aus Thomas' Mund, danach setzte das Schwindelgefühl völlig bei mir ein.

Es war, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Ich wache auf! Würde ich Thomas wiedersehen und erfahren, was mit Isabella los war und welche Geschichte die beiden hatten? Wieso sollte ich von ihr nichts erfahren?

In our dreams (Thomas Sangster FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt