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„Warum hat sie das alles überhaupt getan? Was bewegt sie dazu?", fragte ich Thomas, nachdem wir beide uns erst einmal eine ganze Weile ausgeruht hatten. Wir waren nun langsam wieder zu Kräften gekommen, das, was gerade passiert war, war wirklich anstrengend gewesen und mir dröhnte der Schädel noch immer.

„Das ist eine wirklich sehr lange Geschichte, Leana. Eins kann ich auf jeden Fall sagen, wir beide müssen in nächster Zeit mehr trainieren, dass du schnell lernst. Ich lasse nicht zu, dass dir so etwas noch einmal passiert. Du wirst nicht noch einmal so schutzlos sein, wenn sie dich aufsucht, das verspreche ich dir, in Ordnung?"

Er sah mich mit einem so eindringlichen Blick an, dass ich wegschauen musste und ich trotzdem errötete. Dass er sich so viel Gedanken und Sorgen um mich machte, sorgte dafür, dass sich in meinem Bauch ein wohliges Kribbeln ausbreitete.

Ich hatte ihn wirklich gern und ich war ihm wohl auch nicht völlig egal. „Wann wirst du mir die Geschichte erzählen?", fragte ich ihn gespannt, um vom Thema etwas abzukommen, damit ich auch eine Chance hatte, meine Gesichtsfarbe wieder etwas zu regulieren.

Thomas setzte sich auf und rieb sich die Schläfen. Wie er so die Augen geschlossen hatte, konnte ich es nicht vermeiden, ihn anzusehen. Er sah wirklich sehr gut, mit seinem blond-brauen Haaren. „Wenn wir eine Weile trainiert haben, womit wir am besten gleich anfangen, damit uns die Zeit nicht davonläuft."

Er streckte mir die Hand hin und schloss seine Augen. Das war doch schon wieder viel zu schnell, er sollte sich doch erst einmal ausruhen. Ich hasste es, wenn jemand wegen mir etwas tun musste, was ihm nicht gut tat.

Als ich aber Thomas fordernden Blick sah, seufzte ich, ergriff seine Hand und wartete auf das Schwindelgefühl.

Dieses Mal war es wieder weniger, anscheinend wurde es mit der Zeit immer weniger, das war ein Vorteil.

Thomas hatte uns an eine Bar mit einem gemütlichen Sofa transportiert und ließ fläzte sich hinein. Mit einem Schmunzeln klopfte er auf den Sitz neben sich.

Ich grübelte kurz, bevor ich mich zu ihm setzte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, für ihn war zwar alles normal, doch für mich hatte sich etwas verändert, seit er mich gerettet, war meine Einstellung ihm gegenüber anders. Ich konnte es schlecht beschreiben, doch ich fühlte mich so sicher in seiner Anwesenheit, als könnte mir nichts Schlimmes passieren, so lange er nur in meiner Nähe war.

So etwas hatte ich noch nie gehabt, doch eigentlich war es doch gut, wenn ich ihm vertraute, das erleichterte die Sache doch. „Woran denkst du gerade?", fragte er mich und ich schluckte. Hatte er etwas bemerkt? „Nichts", flunkerte ich.

„Gut, dann lass uns mal anfangen. Wir fangen an, uns kleine Gegenstände herbeizudenken. Du musst dir den Gegenstand genau vorstellen ..."

„Ich weiß", unterbrach ich ihn, „das hat mir Isabella alles schon genauestens erklärt." Thomas sah mich verdutzt an. „Ohmm ... äh ok, dann kannst du ja gleich loslegen." Das hatte ich damit jetzt auch nicht gemeint, na super!

„Ich versuche es", murmelte ich, mehr zu mir selbst als zu ihm und konzentrierte mich auf einen rote Kreisel, da ich anfangs etwas Kleines auswählen wollte. Ich konzentrierte mich auf die intensive, rote Farbe, versuchte mir vorzustellen, wie sich seine Spitze auf meiner Handfläche anfühlte.

Ich konzentrierte mich und spürte etwas in meiner Handinnenfläche. Als ich meine Augen einen Spalt öffnete, um einen Blick zu erhaschen und herauszufinden, ob es funktioniert hatte, lief ich scharlachrot im Gesicht an. Ich hatte keinen roten Kreisel in meiner Hand sondern ein kleines rotes Herz.

Warum war das passiert? Wie konnten meine Gedanken denn so abschweifen? Ich hatte doch gar nicht an meinen Freund gedacht, mit dem es gestern sowieso nicht so gut lief. Wie konnte das also passieren?

„Das ist doch gut. Das ist doch das, was du dir vorgestellt hast oder?" „Ähh... nein, nicht wirklich", murmelte ich.

„Oh okay. Zumindest hast du es geschafft, das hast du doch schon sehr gut gemacht, komm probier es doch noch einmal. Dann können wir noch kurz entspannen, bis du gleich wieder aufwachst."

Ich sah, wie er leicht rot wurde, er brachte es gleich wieder unter Kontrolle, doch ich hatte es gesehen. Nun würde ich es schaffen und dann hätte ich es für heute geschafft.

Ich würde sagen, ich hatte für heute genug getan, ich brauchte wirklich dringend Entspannung. Dieses Mal konzentrierte ich mich wieder auf einen roten Kreisel und dieses Mal funktionierte es problemlos.

So schwierig war das also gar nicht, dann würde ich die anderen Sachen mit der Zeit sicherlich auch leicht hinbekommen. „Sehr gut, Leana, siehst du, das ist doch gar nicht so schwierig." Er legte mir kurz seine Hand auf die Schulter und ich zuckte zusammen, als hätten seine Hände Feuer in sich. Ich brauchte dringend eine Auszeit, ohne Widerrede. „Ich hätte gerade echt richtig Lust auf einen Eistee", schwärmte ich und lehnte mich in der Couch weiter zurück. „Kein Problem", gab Thomas zurück und ehe ich mich versah, stand auf dem Tisch vor uns ein eiskalter Eistee.

Das gab mir richtig Ansporn, in Zukunft noch besser mitzuarbeiten. „Wann wirst du mir jetzt von Isabella erzählen. Bist du mit ihr zusammen?", fragte ich ihn und nahm einen Schluck von meinem Eistee, damit er nicht sah, dass ich schon wieder rot wurde.

„Glaue mir, du wirst es schon noch früh genug erfahren. Und ja, ich WAR mit ihr zusammen, das liegt schon weit hinter uns." Daran wollte ich jetzt nicht weiter denken, laut ihm würde ich mich damit ja in Zukunft genug beschäftigen.

Ich lehnte mich wieder zurück und lauschte der Musik, die Thomas angestellt hatte. Durch sie bekam ich automatisch bessere Laune und Thomas auch, denn wir unterhielten uns eine ganze Weile über alles Mögliche, nur das Thema »Isabella» vermieden wir beide mit voller Absicht. Davon hatten wir erst einmal genug.

Ich wollte nie wieder an sie denken, doch ich hatte das Gefühl, dass es noch nicht zu Ende war.

In our dreams (Thomas Sangster FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt