14.

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In einem dunklen Gang aufzuwachen, im dem man nicht wusste, wo man war, sollte mittlerweile wohl nichts Neues mehr für mich sein. Doch trotzdem hatte ich jedes mal wieder Angst. Ich konnte es schlecht beschreiben, doch dieses mal fühlte ich mich nicht in großer Gefahr, natürlich konnte mich mein Unterbewusstsein allerdings täuschen. Es könnten ja nur Isabella oder Thomas sein, die mich hier hertransportiert haben konnten, sonst gab es niemanden, den ich kannte.

Hinter mir knackte etwas laut und es wurde auf einmal hell, ein grelles Licht, das in den Augen brannte, weshalb ich sie mir zusammenkneifen musste. Schnell drehte ich meinen Kopf um 180 Grad und sah vor mir etwas, was ich wirklich nicht sehen wollte. Wie war das denn möglich?

Thomas saß einige Meter vor mir. Er war an einem Stuhl befestigt, zumindest konnte er sich nicht von ihm fortbewegen. Seine Muskeln waren angespannt, sodass schon seine Adern hervortraten und er hatte einen gequälten Ausdruck auf dem Gesicht, als würde ihm irgendetwas Schmerzen bereiten. Weit und breit konnte ich aber nichts sehen, was dafür sorgen konnte, dass er Probleme hatte beim Aufstehen.

Auf einmal trat Isabella in mein Blickfeld, sie sah in meine Richtung, doch ihr Blick ging durch mich hindurch. Wie war das möglich? Sie war zwar eine gute Schauspielerin, doch so gut konnte niemand sich verstellen. Das hier war momentan nicht real, es hatte stattgefunden, doch momentan war es eine Erinnerung, wenn man eins und eins zusammenzählte, konnte man sich denken, dass sie von Thomas stammen musste.

Ich könnte hier abhauen, doch dann hätte ich meine Chance vertan, den Überraschungsmoment zu nutzen. Ich schwebte momentan in keinerlei Gefahr, somit sollte ich mich wohl lieber etwas gedulden.

„Isabella, was ist nur mit dir los? Du bist in letzter Zeit so verändert! Ist es die Angst? Hör zu", Thomas machte eine Pause und sah panisch um sich, sein Blick ging ebenfalls durch mich hindurch, „ich habe dir doch versprochen, dass wir das gemeinsam durchziehen. Wir werden beide hier bleiben können, wir werden schon einen Weg finden. Hörst du, ich liebe dich!"

Isabella sah ihn mit einem falschen Lächeln auf den Lippen an. Oh nein, das hatte sie nicht vor! Das konnte sie doch nicht machen! Bevor ich es bemerkte, war ich schon aufgesprungen und hatte mich schützend vor Thomas gestellte. Was er mir angetan hatte, spielte in dieser Sekunde keine Rolle. Ich liebte ihn und durfte nicht zulassen, dass Isabella ihn verletzte.

Ich konnte nichts dagegen tun, schließlich war alles schon in der Vergangenheit, wie mir wieder schmerzlich bewusst wurde, als Isabella einfach durch mich durchging, ihre blonden Haare hinter die Schulter warf und nach Thomas' Handgelenk griff. Ihr Hand schloss sich sehr stark um sein Handgelenk und ich konnte sehen, dass es Thomas Schmerzen bereitete, Schmerzen, die übernatürlich waren.

„Das Problem ist ganz einfach zu lösen, Tommy. Ich will hier bleiben, was mit dir ist, ist mir ziemlich egal. Also nehme ich mir einfach deine Kraft, du wirst hier verschwinden und ich bin hier glücklich. Komm schon, du liebst mich doch und hast selbst gesagt, dass du mir jeden Wunsch erfüllen würdest."

„Fahr zur Hölle!", zischte Thomas schmerzlich zwischen zusammengespressten Zähnen hervor. Wieso konnte ich nichts tun? Es war einfach nur grausam, daneben zu sitzen und zuzusehen, wie der Junge, den du liebst, von seiner Exfreundin gefoltert wurde. Langsam fing ich an, es zu verstehen.

Ich hatte Thomas wirklich nicht vertraut. Isabella war böse und er wollte mich wirklich nur vor ihr beschützen, er wollte nicht, dass ich das gleiche durchmachen musste wie er. Ich war einfach so leichtsinnig gewesen. Wie konnte ich mir selbst und vor allem, wie konnte er mir denn je wieder verzeihen?

Es war einfach alles zu viel. Tränen kullerten mir die Wange hinunter und ich krümmte mich auf dem Boden. Es tat weh, so weh, dass ich ihn so sehr verletzt hatte. Nun fühlte ich den Schmerz auch, es war zwar ein anderer, doch er tat auch weh, sehr weh.

„Es tut mir so leid, Thomas, es tut mir so leid", schluchzte ich, mehr zu mir selbst als zu ihm, da ich wusste, dass er mich sowieso nicht hören konnte. Niemand konnte mich hören, deshalb musste ich mich auch nicht schämen, wenn ich so richtig weinte. Und damit meinte ich auch so richtig.

Ich ließ alles raus, was sich in den letzten Wochen aufgestaut hatte. Die Überforderung durch meine Anwesenheit in der Traumwelt, Isabella, die mich tot sehen wollte, Wells, der sich von mir getrennt hatte und Thomas, den ich nun auch noch verloren hatte. Ich liebte ihn so sehr und schämte mich einfach nur für mein Verhalten. Ich hatte es mir nun so mit ihm verdorben, dass er mich sicherlich nie wiedersehen wollte.

*****

Nach einigen Stunden hatte ich mich beruhigt und lag nun einfach nur da und atmete ruhig vor mich hin, als sich auf einmal Arme von hinten um mich legten. Ein warmer Atem wehte mir in den Nacken und ich bekam eine Gänsehaut. „Alles ist gut, Leana. Ich weiß, wie du dich fühlst und ich verzeihe dir, wenn auch du mir verzeihst, dass ich dich nicht vor Isabella beschützt habe. Ich bin miserabel in der Rolle des Mentors, das weiß ich."

Ich fing an zu zittern, er war wirklich hier. Einerseits machte mein Herz vor Freude gerade Luftsprünge, ich war einfach nur glücklich, doch das schlechte Gewissen breitete sich auch aus.

„Thomas, es tut mir so schrecklich leid, dass ich dir so etwas unterstellt habe. Ich weiß nicht, was in mich gekommen ist, ich habe einfach solch eine Angst vor Isabella. Sie ist immer präsent und der Gedanke, dass du mit ihr unter einer Decke stecken könntest, war einfach so grausam. Ich verzeihe dir natürlich, Thomas, das weißt du."

Er nahm mich in den Arm und ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. Ich fühlte mich einfach so geborgen in seinen Armen und wollte ihn nie wieder loslassen. Alles in mir kribbelte, bei dem Gedanken, dass wir uns so nah waren. Gott, ich war so verknallt.

Thomas hatte mir vergegen und alles hatte sich noch zum Guten gewendet, das war kaum zu glauben. Ich war so unendlich erleichtert, dass ich es kaum beschreiben konnte.

„Ich glaube, ich träume", flüsterte ich lächelnd. Daraufhin nahm Thomas mein Gesicht in seine Hände und starrte mir mit seinen schokoladenbrauenen Augen in die Augen, was mich innerlich zum Schmelzen brachte. Wenn er das tun würde, was ich mir dachte, würde es doch noch zu der besten Nacht meines Lebens werden.

In our dreams (Thomas Sangster FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt