Ich fühlte mich heute gar nicht gut. An was es lag, das wusste ich selbst nicht so recht. Den ganzen letzten Tag über ging es mir schlecht, mir war übel, ich zitterte und mein Schädel brummte. Was sollte das denn? Jetzt waren doch bald Ferien, da hatte ich besseres zu tun, als krank in meinem Bett zu liegen. Das war ja noch nicht einmal das schlimmste. Immer, wenn ich krank war, bekam ich fürchterliche Albträume, jetzt seit ich in der Traumwelt war, war es bestimmt noch schlimmer und darauf hatte ich gar keine Lust.
Schon als ich in der Traumwelt meine Augen aufschlug, sah ich sicherheitshalber erst ein paar mal um mich, um mich zu vergewissern, dass ich in nichts Schlimmes geraten war. Erleichtert atmete ich auf, denn ich konnte Thomas in der Ecke meines Zimmers stehen sehen und wusste, dass alles in Ordung war.
„Leana, du bist heute aber wirklich spät dran! Ist etwas passiert?" Sein besorgter Blick schien mich förmlich zu durchbohren und er kam ein paar Meter auf mich zugeschlichen und breitete seine Arme aus. Am liebsten würde ich mich einfach nur an seiner Schulter ausruhen, doch ich konnte nicht riskieren, dass er sich bei mir ansteckte, das war viel zu riskant.
Verzeifelt verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah ihm trist in die Augen. „Sorry, Tommy, aber ich habe einen Virus und ich will dich nicht anstecken. Außerdem könntest du mich, wenn du willst, natürlich auch alleine lassen, denn ich bekomme sicherlich bald einen Albtraum, da willst du sicherlich nicht dabei sein. Ich komme dich dann morgen besuchen, wenn es mir besser geht."
„Das kommt gar nicht in Frage. Was denkst du denn, dass ich dich einfach alleine lasse, wenn es mal brenzlig wird? Ich bin für dich da, das weißt du und das stehen wir gemeinsam durch. Denke daran! Es ist nur ein Traum." Thomas streckte seine Hand aus und strich mir durchs Haar und ich war einfach mal wieder überglücklich, dass er für mich da war. So schlimm konnte es ja gar nicht mehr werden, denn er unterstütze mich.
Ich starrte in die Dunkelheit meines Flurs. Hatte sich da gerade etwas bewegt? Ich sollte wohl besser mal nachsehen. Mit meinem brummenden Schädel stand ich vom Stuhl auf und tapste raus in den Flur. Ganz geheuer war mir dabei nicht und es hatte sich eine Gänsehaut auf meinem Arm gebildet.
Ich lugte in den verlassenen Flur, doch auf einmal, es schien mir, als würde mein Umfeld schwinden, war ich wieder an dem Ort, der mich so traumatisiert hatte. Ich befand mich in dem Schwimmbad meiner alten Schule und mein Bruder stand nur einige Meter von mir entfernt. Eigentlich würde ich mich über seine Anwesenheit freuen, doch in dieser Situation ängstigte es mich fast zu Tode.
Ich hasste den Gedanken an diesen Tag einfach. Ich wollte ihn verdrängen, das klappte meistens auch, aber immer, wenn ich krank wurde, holte es mich ein, da konnte ich absolut nichts machen. Die Jungen, die ein paar Meter von meinem Bruder und mir entfernt standen, kamen bedrohlich auf uns zugelaufen. Eigentlich waren sie alle Volldeppen, doch wenn sie zusammen waren, haben sie nicht selten jemanden verprügelt.
„Na, du Pfeife? Muss deine Schwester dich beschützen? Kannst du nicht mal ohne deinen Babysitter leben?" Der Junge kaute wie ein Affe auf seinem Kaugummi, packte meinen Bruder am Kragen und seine Kumpel sahen einfach nur lachend zu. „Lasst ihn in Ruhe!", brüllte ich, aus Intuition, ich hatte gar keine Macht über mein Handeln, es lief einfach so, jedes Mal wieder so wie an dem Tag.
Wo war denn nur Thomas?! Die Jungs stießen mich zu Boden und positionierten sich in einem Kreis um mich, aus dem ich nicht entkommen konnte. Meinen Bruder schleiften sie zum Becken, das wusste ich, obwohl ich es nicht sah, da es sich schon so in mein Gehirn eingebrannt hatte.
Sein verzweifelter Schrei und das Blubbern, als er unter Wasser gedrückt wurde holte mich wieder ein. Aufhören! Sie sollten einfach aufhören! Ich kann nicht mehr. Mein Körper verkrampfte sich, wie damals, wieder genau so schmerzhaft und alles tat mir weh. Ich hielt es kaum aus, hier untätig zu liegen, doch ich konnte gegen die Typen nichts ausrichten. Ich musste meinen Bruder beschützen!
In meinem Magen bildete sich ein Knoten, ein so großer Knoten, dass ich das Gefühl hatte, dass er meinen ganzen Körper einnehmen würde. Er schnürte sich immer mehr zusammen, immer enger und enger, machte mich aschfahl und beinahe bewegungsunfähig. Ich fühlte mich so grausam.
Würde dieser Albtraum genau so verlaufen wie die Realität? Es war in der Realität so schlimm gewesen, minutenlang hatten sie meinen Bruder terrorisiert, ihn immer wieder unter Wasser gedrückt, sodass er fast ertrunken war. Ihn husten und röcheln zu hören, wenn sie zwischendrin doch mal so gnädig waren, ihn an die Luft zu lassen, ließ mich jedes Mal zusammenzucken, so schlimm war es.
Ich wollte nicht krank sein und das alles noch einmal durchleben müssen! Das halte ich nicht aus! Thomas, wo war er denn nur?
Die Tatsache, dass mein Bruder lebend davonkam, wir direkt zur Polizei gegangen waren und die Übeltäter ihre gerechte Strafe bekommen hatten, beruhigte mich momentan nur etwas.
Konzentriere dich, Leana! Es ist nur ein Traum, gleich ist es vorbei, du bist wieder in der schönen Traumwelt und kannst ihre Vorteile genießen!
Doch ich konnte nicht mehr! Es war einfach alles zu viel. „Thomas! Hilfe!", flehte ich mit krächziger Stimme um Hilfe.
Das Husten meines Bruders verstummte, die anderen waren auf einmal alle verschwunden. Wie war das denn möglich? Ich lag ganz alleine auf den kalten Kacheln und atmete tief ein und aus, versuchte mich damit zu beruhigen. Als ich Thomas in mein Sichtfeld treten sah, war ich so glücklich wie lange nicht mehr.
Er half mir auf und stütze mich, da ich unsicher auf den Beinen war. „Siehst du, es ist nur ein Traum. Du und dein Bruder, ihr seid beide in Sicherheit."
Ich klammerte mich an ihn, wollte ihm so gerne umarmen. Thomas verstand, denn er strich mir behutsam über mein Haar.
„Niemand kann dir etwas anhaben ...", wisperte er.
Ich hoffte so sehr, dass er Recht hatte.
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In our dreams (Thomas Sangster FF)
Fiksi PenggemarSeit einigen Wochen hatte ich schon diese seltsamen Träume. Wenn es überhaupt Träume waren. Normalerweise verarbeitet man in seinen Träumen den Alltag oder sucht Orte seiner Fantasie auf, so wie auch bei mir, doch eines Tages tauchte auf einmal ein...