Ich ruhte mich die nächsten Stunden einfach nur aus, vegetierte sozusagen vor mich hin und fraß mich voll, denn ich nutze es aus, dass ich etwas zu essen hatte. Es kam mir leicht so vor, als würde ich auf meine eigene Hinrichtung warten, dass ich mein letztes Henkersmahl zu mir nahm, bevor ich mit der Guilloutine enthauptet werden würde.
Gedankenverloren ließ ich meinen Zeigefinger durch das Essen kreisen und dachte über Thomas nach, vermisste ihn so schmerzlich, als auf einmal ein Laptop vor mir auftauchte, mitten aus dem Nichts. Er klatschte mitten vor mir auf den Boden, war schon aufgeklappt und es war ein Fenster geöffnet, auf dem stand, dass gerade die Verbindung aufgebaut werden würde. Was sollte das denn jetzt? Ich wusste nicht, ob ich es jetzt positiv oder negativ sehen sollte, da bei Isabella schließlich alles der Horror werden konnte.
Wollte sie mit mir eine Verbindung aufbauen, um mich wieder über das Bevorstehende zu informieren, dass ich auch auf keinen Fall etwas verpassen könnte und sie einfach nicht mit mir persönlich sprechen wollte? Neugierig beugte ich mich weiter zum Bildschirm nach vorne, als auf einmal das Signal des Verbindungsaufbaus verklang und ein Bild geladen wurde, das sich bewegte, allerdings noch so unscharf war, dass man es nicht erkennen konnte.
„Leana?", drang eine Stimme aus dem Laptop, die Stimme, die ich unter Millionen immer erkennen würde. Thomas' Stimme. Meine ganzen Gefühle überkamen mich wie eine Welle, sie drohte mich unter sich zu begraben. Ich fing an zu weinen, zu zittern und zu lächeln. Wie war das denn nur möglich? Ich hatte meinen Tommy so sehr vermisst, so sehr, dass ich es fast nicht überstanden hätte. Ein Teil meiner Seele war geraubt, es fehlte einfach ein Stück meines Herzens, wie wenn ein Räuber es geklaut hätte.
Jetzt, da ich seine Stimme hörte, war es, als würde jemand mein gebrochenes Herz wieder zusammenflicken, mit Superkleber alles reparieren und mir die Liebe in seiner Stimme schenken, die ich so dringen brauchte. All meine Angst vor dem Sterben wurde in den Hintergrund gedrängt, ich wurde all meine Panik los und konzentrierte mich nur noch auf ihn, seine klare Stimme und sein Gesicht, dass langsam auf dem Bildschirm klar wurde.
„Leana, oh Gott, ich bin so froh, dich hier zu sehen. Ich hatte solche Angst um dich, als Isabella dich auf einmal entführt hat, dachte ich, dass alles zu Ende ist. Ich habe alles, wirklich alles versucht, um Kontakt mit dir aufzunehmen, irgendwie Isabella ausschalten zu können, auf jeden Fall zu dir zu kommen. Doch das hat nicht geklappt, es war unmöglich. Ich weiß noch nicht einmal, wie das möglich ist, dass ich jetzt mit dir sprechen kann. Aber dass du so gesund aussiehst ist kein gutes Zeichen, das zeigt, dass Isabella ihren Plan wirklich durchführen will. Leana, sie wird dich dabei umbringen oder du wirst es nur ganz knapp und mit vielen Schäden überleben. Ich sage dir, verschwinde von hier! Ich habe dir viele Techniken gezeigt, die du alle anwenden kannst. Leana, du kannst sie schlagen!"
Mein Herz schlug wie verrückt in meiner Brust, als ich Thomas in die Augen sah. Wie gerne würde ich jetzt die Hände nach ihm ausstrecken und ihm über die Haare streichen, mich ihm einfach hingeben. Doch ich musste mich von ihm verabschieden.
„Tommy, ich kann nicht, glaube mir, ich habe es versucht und sie würde eher riskieren, dass ich sterben würde, bevor sie mich gehen lassen würde. Sie ist einfach der Horror, ich kann nichts machen. Es ist zu spät und ich kann nichts mehr tun, ich muss meine Kräfte sammeln, dass ich aus der Sache noch lebend rauskomme. Ich werde für dich leben, Tommy, ich kämpfe. Ich skype dich an, wenn ich aufgewacht bin!"
Mein Herz war wie ein großer, trauriger Klumpen. Ich durfte mich nicht herunterziehen lassen! Ich musste alle meine Kraft sparen, damit ich das überleben würde, denn ich war nicht gewillt, zu sterben.
„Leana, nein! Bitte nicht, das ist zu riskant! Sag ihr, sie soll mich nehmen! Ich liebe dich so sehr, ich kann nicht ohne dich sein! Bitte, ich flehe dich an! Ich habe es bisher noch nicht gesagt, aber es ist so: Ich liebe dich von ganzem Herzen!"
Thomas' Stimme war brüchig und trotz dessen, dass der Bildschirm verpixelt war, konnte ich sehen, wie ihm Tränen die Wange hinunterliefen. Es schmerzte mich so sehr, ihn leiden zu sehen, fast als würde er an meiner Stelle sein und es würde hier um sein Leben gehen. Meine Hände zitterten wie Espenlaub und ich musste meine Finger um das Bettgestell schließen und meine Zähne fest zusammenbeißen, um nicht laut zu schluchzen. Ich liebte Thomas so sehr, bedingungslos. Warum war unser gemeinsamer Weg denn schon vorbei?
„Ich werde immer an dich denken, immer. Ich kann auch nicht länger hier weilen, wenn du nicht mehr hier bist. Leana, du wirst das überleben, wir werden jeden Tag skypen und ich breche die Schule nach diesem Jahr ab, ziehe zu dir und fange eine Ausbildung an. Ich muss einfach bei dir sein! Nicht in deiner Nähe zu sein, ist, als würde mir die Luft zum Atmen fehlen!"
Ich schnappte nach Luft und hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht vor ihm anzufangen, in Tränen auszubrechen. Es schmerzte so sehr, ich wollte mich so gerne an Thomas' Brust schmiegen und ihn beruhigend durch mein Haar streichen lassen. Ich brauchte ihn, ich brauchte meinen Thomas.
„Thomas, ich kann nichts ändern, ich will bei dir sein und werde immer an dich denken, bis wir uns wiedersehen. Denke daran, dass ich dich liebe, ich liebe dich über alles und diese Liebe muss ausreichen, bis wir uns wiedersehen können. Ich werde an dich denken und dir gleich schreiben. Bitte vergiss mich nicht, ich werde auch immer an dich denken!", schluchzte ich nun auch, denn ich konnte es einfach nicht mehr zurückhalten, so sehr überkamen mich meine Gefühle.
„Leana, Achtung!", brüllte Thomas auf einmal, als sich eine kalte Hand um meinen Mund schloss, sodass mein Schrei verdrängt wurde. Eine Metallstange krachte auf meinen Hinterkopf, ich spürte das warme Blut meinen Kopf hinunterfließen und alles wurde schwarz.
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In our dreams (Thomas Sangster FF)
FanfictionSeit einigen Wochen hatte ich schon diese seltsamen Träume. Wenn es überhaupt Träume waren. Normalerweise verarbeitet man in seinen Träumen den Alltag oder sucht Orte seiner Fantasie auf, so wie auch bei mir, doch eines Tages tauchte auf einmal ein...