Felix P.o.V
Ich ging wieder nach Köln. Ich kann es nicht verantworten, dass Palle ihn alleine versorgt. Er ist mein Lebenspartner. Ich kann ihn nicht hängen lassen. Laut Patrick war er anders geworden. Ich nahm meinen Schlüssel raus und schloss auf. Patrick kam mir entgegen.
"Hey." Er umarmte mich.
"Danke, dass du da bist." meinte er und ich sagte, dass das für mich kein Problem wäre.
"Er ist nachtaktiv geworden, also nicht wundern, wenn er sich Nachts durch die Wohnung schleicht. Gestern Nacht war es echt krass. Er saß vor mir und hat mich gestreichelt. Dann meinte er, dass du dagewesen wärst. Aber ich hab ihn ins Bett gebracht und ihm gesagt, dass du garnicht hier wärst." erzählte er, als wir uns in der Küche niederliessen. Wir redeten noch ein bisschen.
"Er braucht Hilfe." Kam ich zu einem Entschluss. Paluten nickte.
"Darf ich ihn sehen?" fragte ich und er brachte mich zum Zimmer. Man konnte vor Dunkelheit nichts mehr erkennen. Als ich das Nachttischlämpchen anschaltete, sah ich die Kreuze, von denen Patrick gesprochen hatte. Es machte mir schon Angst. Er saß da mit offenen Augen auf dem Bett.
"Hey." sagte ich und kniete mich vor ihn. Seine mageren Hände waren einkalt.
"Du bist ja ganz kalt." meinte ich und ich spürte ein kleines bisschen Druck von seiner Seite aus.
"...ich weiß, dass du mich hören kannst. Zumindest glaube ich das, auch wenn du nicht redest oder reagierst. Sebastian. Ich liebe dich. Bitte werd' wieder so wie früher." Mir floss eine Träne die Wange runter.
"Bitte. Egal wie viel es kostet. Ich will dich wieder. Ich möchte mit dir Kuscheln. Dein Lächeln sehen. Bitte." schlurzte ich.
"Rede mit mir." fordere ich ihn verzweifelt auf. Nichts. Bis ich im flimmernden Licht der Lampe eine Träne vernehmen konnte. Langsam hob ich ihn hoch und brachte ihn ins Bad. Gewaschen hatte er sich anscheinend auch lange nicht mehr. Ich setzte ihn wieder ab. Er ist ein Pflegefall geworden. Langsam floss das Wasser in die Badewanne ein. Ich setzte mich auf den Boden gegenüber von ihm. Er soll wieder er sein. Sein dreckiges Lachen. Gib ihn mir wieder. Bitte. Ich brauche ihn. Fassungslos schaute ich ihn mir an. Seine Arme, die nur noch aus Knochen bestanden. Irgendwann zog ich ihn dann aus und setzte ihn in das warme Wasser. Soll das jetzt ewig so weiter gehen? Er ist nur nachts richtig wach. Er muss zum Essen/Trinken gezwungen werden. Er macht nichts mehr selber. Ich kann mich nicht 24/7 um ihn kümmern, aber wenn es nicht anders gehen wird, werde ich auch dies machen. Ich will ihn wieder, koste es was es wolle. Langsam fing ich an seinen Rücken mit einem Tuch abzuwaschen. Soll das ewig so weiter gehen?
***
Ich schlief bei Palle im Zimmer mit ihm. Ab und zu auch bei Rewi. Aber das ging nie gut. Er weinte entweder oder er bewegte sich von Raum zu Raum. Immerwieder machte er komische Sachen. Zum Beispiel stand er einmal im Bad und ließ heißes Wasser so lange laufen, bis die Spiegel beschlagen und er darauf: 'Es war meine Schuld.' Schreiben konnte. Dahinter machte er ein X. Wir fanden ihn mit Tränen auf den Wangen davor stehend und brachten ihn wieder ins Bett.
Die nächste Nacht, war er ganz verschwunden. Wir machten uns unheimliche Sorgen. Ich rief ihn an und er hob ab.
"Wo bist du?" fragte ich erleichtert.
"Ja auf meinem Baum." Was zur Hölle macht er auf einem Baum. Und auf welchem Baum bitte?
"Auf deinem Baum?" fragte ich ratlos.
"Ich hab dir doch gesagt, dass ich auf meinen Baum gehe." sagte er.
"Geh von dem Baum runter und sag mir wo du bist."
"Auf meinem Baum." Meinte er erneut und ich verlor den Glauben, daran, dass er nicht krank sei.
"So. Sebastian. Erklär mir jetzt ganz genau wo dieser Baum steht." er erklärte es mir. Und ich und Paluten rannten sofort dorthin. Er saß wirklich auf dem Baum. In Boxer und T-Shirt. Ohne Schuhe.
"Komm runter." forderte ich ihn auf.
"Ich hab aber Angst." jammerte er.
"Und jetzt? Wie bist du da überhaupt rauf gekommen?" fragte ich. Nach einer halben Stunde war er nun da auch runter. Ich zog ihm sofort meine Schuhe an und meine Jacke. Sonst wird er noch krank. Ich nahm ihn in den Arm.
"Du dummkopf."
Er ist wie ein kleines Kind. Nichts kann man ihn alleine machen lassen. Immer und überall muss man auf der Hut sein, und aufpassen, dass er nichts falsches macht. Wir passten immer darauf auf, dass er nicht alleine war. Dass Immer eine Kontaktperson in der Nähe war. Die anderen fragten auch schon, was los sei. Auf unseren Kanälen kamen keine Videos. Ich sah den Sebastian, den ich geliebt habe nicht mehr. Doch ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er noch irgendwo dadrin steckt. In dieser leblosen und kalten Hülle steckte irgendwo ein schlagendes Herz. Dieses Herz versorgt alles mit Blut und ohne es kann er nicht leben. Und irgendwo ist auch seine Liebe versteckt. Seine Liebe zu mir. Wie oft hat er es mir gesagt? Es ist unmöglich, dass dies gespielt worden ist. Niemals. Und wenn dann, dann ist er ein guter Schauspieler. Nun saß ich hier vor ihm. Ich berührte seine Brust. Da war das Herz. Ich fühlte es, wie es schlug."Gib ihn mir wieder."
![](https://img.wattpad.com/cover/51922160-288-k322545.jpg)
DU LIEST GERADE
Rewilz - Ich bleibe, bis zum Ende.
FanfictionDie Musik wurde leiser. Ich blendete meine Umwelt aus. Nur ich und er. Zärtlich strich ich mit meinem Finger über seinen weichen Wangenknochen. Ich konnte mich nicht zwischen seinen Augen und seinem Mund entscheiden. Mein Blick wechselte hin und her...